Kapitel 1 - Zehra

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Zehra

Durch die Regale von Real – mit einem vollen Einkaufswagen – zu laufen, ist für mich nichts neues. Für viele Türken die bald in die Heimat reisen, auch nicht. Es ist ganz normal das Auto mit so vielen Geschenken voll zu packen, wie nur möglich. Angefangen von Mikrowellen, bis zu Zahnpasten und endet bei Aldis Nussknacker.

Mit meinem Einkaufswagen lief ich Richtung Kasse, nur noch wenige Tage und meine Reise in die Heimat würde endlich anfangen. Ich würde wieder meine Eltern sehen, meine Großeltern, meine Familie, aber am wichtigsten ich würde wieder in meinem Land sein. Meine Heimat.

Und wie jedes Jahr würde ich mein ganzes Geld ausgeben und wie immer würde es sich lohnen. Denn am Ende das Tages, arbeiten wir nur dafür, für die paar Wochen in der Heimat. In den paar Wochen in denen wir leben, lieben, feiern und einfach nur wir sind. Das Leben genießen. Einfach nur sind. Türkisch sind. Für diese paar Wochen, bleibt nur für uns die

Zeit stehen.

Wir leben in einer Art Parallelwelt, in der alles gut ist, die Sonne ständig scheint, es keine Probleme gibt und wir glauben im Paradies zu sein, bis der Tag der Abreise kommt und die Realität vor der Tür steht und anklopft.

Aber daran wollte ich gar nicht denken. Ich bezahlte meinen Einkauf, bedankte mich und verließ den Laden und schob den Einkaufswagen zu meinem Auto. Es war ein normaler Audi A3 und hatte mich schon die letzten zwei Jahre in die Türkei gebracht, auch dieses Jahr würde es mich in die Türkei bringen und wenn alles gut geht, noch einige Male mehr.

Ich stieg ein und fuhr nach Hause, das war dort wo mein Onkel wohnte. Seit meine Eltern entschieden in die Türkei zu ziehen, hatte ich keine andere Wahl als von Berlin nach Frankfurt zu ziehen. Was ich persönlich nicht schlimm fand, ich war ein Familienmensch und solange ich Familie um mich herum hatte, ist mir egal in welchem Land, in welcher Stadt ich lebte.

Ich parkte das Auto und hupte einmal kurz, so wussten meine kleine Cousins das ich zu Hause war. Und wie ich mein Kofferraum öffnete so waren die drei Jungs schon neben mir und halfen mir die ganzen Einkäufe ins Wohnzimmer zu tragen, wo meine Koffer und leere Tüten warteten gefüllt zu werden.

„Wie ich sehe, hast du deinen letzten Einkauf gemacht," kommentierte meine Tante und setzte sich auf die Couch und schaute einmal über die ganzen Sachen.

„Für wen ist der Stabmixer?" Fragte Tarek, der älteste der Jungs.

„Für deine Cousine Meryem. Das hat sie sich von mir gewünscht," antwortete ich und kniete mich auf den Boden und fing an mit Tante Sümeyra zu sortieren.

„Gibt es denn keine Stabmixer in der Türkei?" Fragte Mustafa, der jüngste.

„Doch, aber hier sind die besser," beantwortete ich auch diese Frage.

„Das ist gelogen," kommentierte Ali. „Die wollen nur kein Geld ausgeben und lassen uns alles kaufen."

„Ali," schimpfte Tante Sümeyra. „Rede nicht so."

„Ist doch wahr," verteidigte sich Ali und bekam ein schlag gegen den Kopf von Tarek als Antwort.

Trotz den verschiedenen Meinung in Hinsicht der Geschenken, half jeder beim Packen. Für jede eine große Tüte und jeweils die Extrawünsche und der ganze Rest für meine Eltern.

„Vay, vay, es wird langsam Ernst," mit diesen Worten lief Onkel Mehmed ins Wohnzimmer. „Hast du heute schon mit deinen Eltern geredet?" Fragte er mich, nachdem er mir einen Kuss auf den Kopf gab.

Ich nickte. „Sie können es kaum erwarten mich da zu haben."

„Wohl eher die ganzen Geschenke," nuschelte Ali und bekam wieder einen Schlag auf den Kopf von Tarek.

Kapikule - Ab in die HeimatWhere stories live. Discover now