Feinde können auch Freunde sein

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Feinde können auch Freunde sein

Sie wartete jeden Sonntag auf seinen Anruf. Seit fast zehn Monaten hatte sie schon Kontakt zu ihm. Erst hatten sie nur Briefe geschrieben, und inzwischen telefonierten sie jeden Sonntag.

Als das Telefon endlich klingelte, wartete sie bis es nach dreimal klingeln wieder aufhörte, dann drückte Maeve auf die Wahlwiederholung. So lief das immer ab. Das war ihr vereinbartes Zeichen, damit sie wusste, dass es Spencer war und nicht ihr Stalker.

Maeve hörte ihm zu. Er brauchte genauso jemanden zum Reden wie sie. Also ließ sie ihn reden und hörte ihm zu. Im Anschluss erzählte sie ihm von ihrer Woche.

"Ich fühle mich wieder sicher. Seit einer Ewigkeit fühle ich mich wieder sicher" sagte Maeve zu Spencer und klang unglaublich froh "ich ... ich glaube ich habe eine Freundin gefunden." Sie konnte sein lächeln hören als er sagte: "Das freut mich für dich, Maeve" und das schönste war: sie wusste dass Spencer es wirklich so meinte.

Während sie ihm zuhörte, dass sie weiter vorsichtig sein sollte, öffnete sich hinter ihr die Tür. Reflexartig drehte sie sich um. Dann lächelte Maeve Moon zu, die gerade durch die Tür kam. Moon war die einzige Person abgesehen von Maeve selbst, die einen Schlüssel für ihr Loft hatte.

„Hey May", begrüßte Moon sie leise, um das Telefonat nicht zu stören. Dann ging sie ins Wohnzimmer und setzte sich mit den Geschenken auf die grün braune Couch. Eigentlich war diese Couch total hässlich und Maeve konnte sie nicht leiden, aber bei der Wahl ihrer Möbel hatte sie nicht allzu wählerisch sein können.

Spencer hatte von alledem nichts mitbekommen und redete einfach immer weiter. „Und auch wenn das bedeuten kann, dass dich dein Stalker aus den Augen verloren hat, sei bitte vorsichtig", sagte er.

„Das bin ich doch", sagte sie „und ich verspreche dir, es auch weiterhin zu sein."

„Danke", antwortete er „Dann bis nächste Woche."

„Bis nächste Woche" verabschiedete Maeve sich und legte auf. Dann wandte sie sich Moon zu.

„Tut mir leid", entschuldigte Maeve sich.

„Schon in Ordnung." Moon überreichte ihr die Blumen und die Schokolade. "Hier...sorry, dass ich gestern nicht da war...ich hatte auf der Arbeit zu tuen. Der Idiot, der sich mein Chef nennt meinte, dass ich jemandem eine Morddrohung geschickt hätte", murrte Moon und lief auf und ab.

„Schon gut" beruhigte Maeve sie. Sie selbst würde gerne wieder arbeiten gehen. Dann griff Maeve nach der Karte, die wie immer bei den Präsenten dabei war.

„Und was steht dieses Mal in der Karte?", fragte Moon mit gespielter Neugierde. Sie wusste eigentlich sehr genau, was in der Karte stand. Sie hatte sie selbst geschrieben. Aber Maeve glaubte, sowohl die Karten als auch die Geschenke seien von Reid.

Maeve lächelte verträumt ohne es wirklich zu merken. „Dass er sich auf jeden unsere Anrufe freut. Und dass er sich manchmal echt zusammen reißen muss um nicht früher anzurufen. Und dass er mich nur nicht anruft um mich nicht zu gefährden."

„Das ist echt verdammt süß", meinte Moon lächelnd. Dann bemerkte sie, dass ihr Handy vibrierte. Sie warf einen Blick auf das Display. F*ck. Es war Spencer. Dennoch ging sie ran. „Hey Kleiner", begrüßte sie ihn.

„Wir haben einen neuen Fall", sagte dieser ohne Umschweife, „treffen ist im Flieger in dreißig Minuten.

Moon schüttelte den Kopf auch wenn Reid das nicht sehen konnte. „Ich kann nicht in 30 Minuten am Flieger sein. Der Weg ist eine Stunde und selbst wenn ich jede Abkürzung nutze und jogge reduziert sich der weg nur um "sie rechnete kurz nach "25,36784 Minuten."

„Hm, okay. Soll ich dich dann abholen?" bot Reid ihr an.

Moon seufzte. Eigentlich sollte keiner davon erfahren, dass sie sich mit Maeve traf. Vor allem Reid nicht. Aber sie musste auch ihren Job machen.

"Wenn du willst...Spooner Street 65", sagte sie...das war etwa einen Block von Maeves Loft entfernt "In 20 Minuten, Kleiner?"

„Ich komme dahin und gebe Hotch Bescheid, dass wir etwas länger brauchen", versprach er.

„Okay, danke, Kleiner ... bis später", verabschiedete Moon sich und legte schnell auf, bevor er ihr irgendwelche Fragen stellen würde, die sie doch nicht beantworten konnte und auch nicht beantworten wollte.

Maeve sah Moon ruhig an. „Ihr habt einen neuen Fall", stellte sie fest. Moon arbeitete für die Verhaltensanlyseeinheit des FBI und musste immer auf Abruf sein. Deswegen verstand Maeve sie und versuchte gar nicht erst, Moon aufzuhalten. Moon musste gehen und ihren Job machen. Es war schon klasse, dass sie überhaupt mal vorbei kam.

„Ja ... tut mir leid", antwortete Moon. Dann ließ sie sich von Maeve umarmen. Das wollte Maeve immer machen und Moon hatte sich inzwischen daran gewöhnt.

„Pass auf dich auf", bat sie Moon.

„Du weißt doch eher bring ich die um als das sie mich umbringen. Und deine Stalkerin...du sagst mir als erstes Bescheid wenn sie dich finden sollte okay? Ich bring die Bitch schneller um als sie deinen Namen sagen kann", sagte Moon.

„Du hast mich doch eben gehört. Ich fühle mich sicher. Ich hatte keine anrufe oder Emails mehr. Vielleicht ... vielleicht findet sie mich ja nicht mehr." Maeve lächelte leicht zuversichtlich. Sie hoffte wirklich, dass es jetzt vorbei war.

Aber Moon glaubte das nicht. Als sie noch Serienmörderin gewesen war, hatten ihre Opfer sich auch immer in Sicherheit gewiegt, bevor sie zugeschlagen hatte. Und dann hatten ihre Opfer geschrien.

„Sei auf der Hut", murmelte Moon, als sie sich voneinander lösten.

„Das bin inzwischen seit zehn Monaten", erwiderte Maeve. Und sie war es vor allem leid. Sie wollte einmal wieder ohne Verkleidung vor die Tür gehen können. Einmal das Fenster öffnen können ohne Angst zu haben.

Aber Moon ließ nicht locker. „Trotzdem", beharrte sie, „Stalker und Serienmörder sind unberechenbar."

„Ich werde auch weiterhin vorsichtig sein", versprach Maeve.

„Gut", sagte Moon erleichtert. Dann stand sie auf. „Ich muss dann...bis morgen...falls ich nicht kann melde ich mich." Bevor Moon das Loft verließ hing sie noch ein „Bye May", an.

„Bis bald", verabschiedete Maeve sich und blieb allein in ihrem Loft, das sie weniger als zu Hause und mehr als ein Gefängnis empfand zurück.



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