Kapitel 6

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"Hey.", rief er voller Freude durch den Flur und fiel mir um den Hals. "Ehm, hi.", stotterte ich hervor und klopfte ihm kurz auf den Rücken. Ich wusste dass Eugen gleich hier aufkreuzen würde und dass beide nicht viel voneinander halten würden war mir auch bewusst, aber dass Eugen sehr temperamentvoll war und auch sehr schnell aggressiv werden konnte, wusste ich ebenfalls. "Christian, wär's okay wenn du morgen wieder kommst? Bin momentan nicht gut zu sprechen." Christian schaute mich an und schüttelte den Kopf. Erst schaute er sich um, dann küsste er mich. "Ich habe mir seitdem du hier bist den Kopf darüber zerbrochen, wie furchtbar ich mit dir umgegangen bin.." Ich schob ihn von mir weg und lief auf mein Zimmer zu. "Jetzt kannst du erst recht nach Hause gehen. Komm wieder wenn du dich geändert hast okay, momentan tue ich das nämlich auch." Christian schaute mich verwirrt an und kam näher. "Ich werde nicht gehen, solang ich weiß woran ich noch bei dir bin." Und als wäre das nicht genug Drama, kam nun auch noch Eugen. "Christian bitte, meinetwegen telefonieren wir heute Abend aber bitte, geh jetzt." Christian drehte sich um und sah Eugen in die Augen, so wie Eugen es bei Christian tat. "Wer bist du?", fragte Eugen genervt. "Das könnte ich dich ebenfalls fragen." "Ich bin Ella's Psychologe." Christian drehte sich zu mir und zitterte vor Wut. "Ella? Wirklich jetzt?" Ich verschränkte die Arme und schaute auf den Boden. Ich wollte nichts sagen, alles hätte es ihn verletzt. "Schau mich an.", schrie Christian. Widerwillig hob ich langsam den Kopf an. "Ich habe den Zettel geschrieben gehabt, weil ich dachte du wolltest das nicht." Vermutlich sah er die Kälte in meinen Augen, denn er begann zu weinen. "Ja und ich habe den Zettel gelesen und von ein auf den anderen Tag, da war mir alles egal." Es herrschte eine Weile stille , als Eugen nach Christian's Schulter griff und ruhig meinte: "Vielleicht solltest du wirklich morgen wieder kommen und dich mal unserer Therapiestunde anschließen, es würde sicher helfen dass ihr beide eine Weile miteinander redet." Eugen's Augen glänzten, als würde sie sagen dass er das nur tut, weil er muss. Christian seufzte, wischte die Tränen weg und nickte. "Ich brauche dich.", sagte er und legte die Hand an meine Wange. "Und ich brauche Ruhe. Bis morgen.", sagte ich und schloss meine Zimmertür. Kurz hörte ich beide reden, dann ging einer und meine Tür öffnete sich. Es war Eugen, der sich zu mir an's Bett setzte und mich nur ansah. "Wieso sagst du mir nichts?" Ich zuckte mit den Schultern. "Warum sollte ich? Es war unwichtig, bis er selber damit ankam." "Nein war es nicht, weil das der Grund ist, wieso du so bist wie du bist. Du bist kalt und abweisend einem Menschen gegenüber, der dies als Abfuhr genommen hat, schon bevor du so warst." Ich verdrehte die Augen und schaute ihm in die Augen. Grün, was ich zuvor noch nie gesehen hatte. Er lächelte, was seine Grübchen so zum Vorschein brachte, dass ich auch lachen musste. "Kommst du heute Abend mit?" Er schaute auf seine Füße, was ihn hilflos und süß wirken ließ. "Bekomm ich denn auch was dafür?" Er schaute mich an und überlegte. "Was zu essen?" Ich lachte auf einmal lauthals los. "Witzig bist du, das muss man dir lassen." Doch er blieb ernst. "Ich nehme dich nur mit, wenn du was isst. Mir egal was, du wirst was essen." Ich schluckte, normalerweise hätte ich gesagt dass ich dementsprechend liegen bleibe, aber ich wollte mit Eugen mit. Ich nickte. "Einverstanden". Er lächelte und stand auf. "Dann bis später, ich erwarte dich um acht am Eingang. Zieh dir was bequemes an." Er verließ mein Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Zu gerne hätte ich lieber ihn geküsst, als Chris, aber auch Chris' seinen Kuss hatte ich genossen. Dieses Gedankenchaos bereitete mir Kopfschmerzen, sodass ich das Fenster öffnete und eine rauchte. Verboten war es, mir aber auch gleichzeitig egal. Gegen viertel vor acht, zog ich mir meine Jogginghose und einen Pullover über, zog meine Schuhe an und verließ das Krankenhaus, wie ich es ausdrückte, weil es netter klang, als Psychiatrie zu sagen. Er wartete bereits an seinem Auto und rauchte eine, die er wegwarf als er mich entdeckte, vermutlich weil er dachte ich weiß es nicht. Den ganzen Tag hatte ich überlegt ob ich ihn küssen soll, wenn wir uns begrüßen, hatte mich dann jedoch dagegen entschieden weil er immerhin noch mein Psychologe war. "Hallo.", sagte er und umarmte mich. "Als aller erstes: jetzt bin ich Eugen, nicht dein Psychologe okay? Ich möchte nicht dass mein Berufsleben auch nun im privaten landet." Ich nickte. "Steig ein, wir haben einen langen Abend vor uns.", lachte er und öffnete mir die Tür. Wir fuhren eine Weile, ohne ein Wort zu sagen. Aber es war angenehm, einfach nur die Nähe von Eugen zu spüren. "Erzähl mir was." Ich zuckte kurz, er sprach plötzlich und riss mich aus meinem Gedanken. "Was denn?" "Von dir, ich will mehr wissen als mir die Krankenakte zu bieten hat.
18, psychisch labil, weist Anzeichen von Insomnia, Anorexia und Bulimia auf. Tendiert zu Selbstmord und leidet an einer Sozialphobie.
Ich glaube nicht, dass das die wirkliche Elena ist. Also, erzähl."
Kurz überlegte ich. Was könnte ich ihm erzählen? Immerhin gab es wirklich nicht viel, außer dem was er wusste. "Nun ja, ich bin jetzt nicht so der interessante Mensch. Bin eher die leise, liebe es zu lesen, höre viel Musik aber nichts klassisches, stehe eher so auf Metal. Ich bin von Natur aus schwarzhaarig, Freunde mich aber eher mit Hellbraun an. Mein Vater ist gestorben als ich relativ jung war, meine Mutter hatte sich vorher scheiden lassen. Ich hab für mein Leben gerne gegessen, insbesondere Kuchen. Ich liebe die Natur und könnte mein restliches Leben in ihr verbringen. Zumal ich ein großes Herz für Tiere habe. Und jetzt habe ich keine Ahnung mehr was ich sagen soll, deswegen übergebe ich an dich." Er kicherte kurz, dann holte er tief Luft. "Nun ja, ich bin Eugen, 25 und bin Psychologe." Das sagte er mit einem Unterton, dass ich mir das Lachen nicht verkneifen konnte. "Ich liebe ebenfalls Essen, die Musik und ganz besonders die Antarktis. War bereits dreimal dort, weil mein Großvater dort lebt. Ich habe eine kleine Schwester, etwa in deinem Alter und ich liebe sie mehr als alles andere. Unser Vater hat im Testament vermerkt dass sie nur bei mir wohnen darf, wenn er stirbt, da unsere Mutter bereits drei Jahre vor ihm gestorben ist, als sie sich im Schlafzimmer erhängt hatte." Kurz machte er eine Pause, ich legte meine Hand auf seine, weil ich wusste dass er viel Mut aufbrachte mir das zu sagen. "Dann hab ich gesagt ich mache das weiter was er liebte und ja, nun sitze ich neben einem unglaublich hübschen Mädchen und weine." Ich errötete und lächelte leicht. Dann wischte ich ihm eine Träne aus dem Auge und kniff ihm in die Wange. "Dein Lächeln ist viel schöner.", entgegnete ich ihm und legte meinen Kopf gegen die Nackenlehne. Ich war müde, da ich nicht viel schlief. "Du schläfst jetzt nicht, ich hab eine Menge mir dir vor die nächsten Tage. Unter anderem darfst du dir morgen ein paar Klamotten einpacken, wir fahren an die Küste als "Kururlaub"." Ich schaute ihn verwirrt an. "Irgendwie muss man die Leute da überreden können, eine Magersüchtigen und Selbstmordgefährdete, 18-jährige junge Dame mitzunehmen. Zu sagen dass ich sie hübsch finde und sie besser kennenlernen will, wäre ein Verstoß gegen meinen Kodex und ich würde direkt rausfliegen." "Du kannst ganz schön aufmüpfig sein oder?" Er hielt an einer roten Ampel und schaute mich an. "Nur wenn ich etwas möchte."

Unbroken / Slow UpdatesWhere stories live. Discover now