1. Kapitel - das Feuer

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Das Rauschen des Meeres und das Kreischen der Möwen weckte mich. Ich fühlte mich seltsam, sehr seltsam. Mein ganzer Körper prickelte und ich fühlte mich, als hätte ich mehrere hundert Kilometer zu Fuß hinter mir. Ich spürte, wie etwas warmes meine Beine leckte und ich versuchte meine Augen zu öffnen. Erst klappte es nicht so ganz, meine Augenlieder fühlten sich schwer an, aber nach dem zweiten Versuch klappte es. Ich wurde von strahlenden Sonnenstrahlen und hellblauem Himmel begrüßt. Nach dem ich mich an das Licht gewöhnt hatte, versuchte ich mich aufzusetzen. Das klappte auch ganz gut, doch als ich saß, sah ich meine Beine. Meine Hose war so zerrissen, dass sie als Short durch gehen würde. Und nicht nur das. Meine Beine waren zerkratzt, blutig und voller Schrammen, außerdem waren sie so dreckig, dass sie grau waren. Ich erschrak. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich nicht wusste, wo ich war, was ich hier tat und das schlimmste: wie ich hierher gekommen bin. Mir stiegen heiße Tränen in die Augen und ich sah nach vorne. Vor mir war das Meer. Das war es also, was meine Beine berührt hatte. Meine Füße lagen im Wasser, ich saß auf dem nassen Sand. Was sollte ich jetzt tun? Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Ich dachte an meine Eltern. Die heißen Tränen kämpften sich einen Weg frei und liefen mir die Wangen runter. So saß ich da, weinend am Strand, den Kopf auf meine dreckigen Knie gelegt.
Irgendwann hörte ich auf zu weinen und schaute wieder zum Meer. Die Sonne ging langsam unter und es bildete sich ein wunderschöner Sonnenuntergang. Trotz meiner Angst
schaute ich fasziniert zum Himmel. Als die Sonne schon fast hinter dem rauschenden Meer verschwunden war, merkte ich, dass mir kalt wurde. Da wurde mir klar, dass es ein großer Fehler gewesen war, die ganze Zeit nur rumzusitzen und nichts zu tun, denn ich musste mich wohl oder übel in diesem Ort umschauen. Also stand ich auf. Meine Beine fingen an, wie verrückt zu zittern, so dass ich hinfiel. Ich stand nochmal auf und es klappte besser. Mit zittrigen Beinen drehte ich mich um und sah einen Wald. Ich starrte auf die riesigen Bäume und Palmen. Nein, das hier war kein Wald. Das war eindeutig ein Dschungel. Rechts von mir sah ich Klippen und links von mir ging der Strand einfach weiter. Ich beschloss, nichts zu riskieren und ging vorsichtig den Strand entlang. Die Schrammen an meinen Beinen fingen an zu bluten, so dass ich mich wieder in den Sand setzten musste, da mein Bein voller Blut war. Ich riss ohne zu zögern ein Stück meines ohnehin schon zerrissenen T-Shirts ab und band es um mein schmerzendes Bein. Dann stand ich wieder auf und ging weiter.
Die Sonne war schon untergegangen und langsam fingen die Sterne an zu leuchten. Der Mond strahlte hell und spiegelte sich im ruhigen Meer. Wo sollte ich nun hin? Ich beschloss, einfach grade aus weiter zu gehen. Vielleicht würde ich ja einen geeigneten Schlafplatz finden.
Ich wusste nicht, wie lange ich schon unterwegs war, aber ich war erschöpft, müde und hungrig und hatte keine Kraft mehr. Die Schmerzen in meinem Bein wurden immer schlimmer und das Stoffstück war schon fast durchgeblutet. Außerdem zitterte ich vor Kälte. Ich schaute grade aus und sah plötzlich ein warmes, flackerndes Licht. Hoffnung blühte in mir auf. Das sah aus wie ein Feuer. Langsam ging ich auf das Licht zu und bald sah ich, dass ich recht hatte. Auf dem Strand war ein kleines Lagerfeuer hergerichtet worden. Aber von wem? Ich sah mich um. Es war niemand zu sehen. Also setzte ich mich auf einen kleinen Stein, der neben dem Feuer war. Sofort füllte mich eine angenehme Wärme. Ich sah in die kleinen Flammen und schaute zu, wie sie miteinander tanzten.
"Hallo?", sagte eine unsichere Stimme. Ich zuckte zusammen. Langsam drehte ich mich um und sah in das dreckige Gesicht eines braunhaarigen Jungen. Ich starrte ihn an, ohne ein Wort rausbringen zu können. Der Junge starrte zurück. Nach gefühlten Stunden räusperte ich mich. "Hallo", sagte meine Stimme, die sich seltsam rau anhörte. "Was.. Was tust du hier?", der Junge schaute mich angstvoll an. "Ich... Weiß es nicht", sagte ich und schaute ins Feuer. Der Junge schaute mich interessiert an. "Wurdest du auch hierher geschwemmt?", fragte er mich freundlich. Anscheinend merkte er, dass ich verwirrt war. In meinem Kopf machte es Klick. Das musste es sein. Ich wurde hierher geschwemmt. Aber warum? "Ich glaube schon.", antwortete ich traurig, denn ich musste schon wieder an meine Eltern  denken. Der Junge kam auf mich zu und setzte sich auf einen Stein neben mir. In seiner Hand hielt er zwei kleine, tote Fische. Er spießte sie auf einen Stock und hielt sie über das das Feuer. Es fing an, lecker nach gebratenem Fisch zu riechen. Mein Magen knurrte. "Wie heißt du eigentlich?", fragte mich der Junge und sah in die Flammen. "Clara. Du?" Er sah zu mir und lächelte mich an. "Moritz" Wir sahen in die heißen Flammen und ich genoss die Wärme. Wortlos gab Moritz mir einen Fisch und nahm sich selbst den anderen. Ich schaute ihn dankbar an. Er erwiderte meinen Blick. Seine braunen Augen zogen mich in ihren Bann. Verlegen schaute ich weg. Der Fisch schmeckte köstlich. Auch wenn ich nicht ganz satt wurde, fühlte ich mich wohl. Auch Moritz sah ganz zufrieden aus.
Ich legte mich auf den warmen Sand in der Nähe des Feuers und schloss meine Augen. Das Knirschen des Sandes verriet mir, dass Moritz das selbe tat. Langsam ließ ich mich in das Land der Träume leiten.

Gefangen in der Wildnis Where stories live. Discover now