Ich konnte sehen, wie es in Marcus' Gehirn zu Rattern begann. Er analysierte die Situation und versuchte eilig, Worte zu finden, die mich besänftigen oder beruhigen konnten. Wurde aber ganz offensichtlich nicht fündig. Also drückte er lediglich meine Hand und küsste mich ungestüm auf den Mund. Eine Zeitlang vergaß ich all unsere Schwierigkeiten und ließ mich in seinen Kuss sinken. Dann aber riss ich mich mit einem Ruck von ihm los, umklammerte schwer atmend meine Tasche und stieg aus dem Audi. 

"Wir hören uns."


Marcus' POV

Ich hatte Jessica noch ziemlich lange hinterher geblickt, als sie eiligen Schrittes auf ihr Haus zumarschierte. Sie war sich ihrer unverkennbaren Wirkung auf mich noch immer nicht wirklich bewusst, und glaubte tief in ihrem Inneren, das ich sie früher oder später - wie ihr widerwärtiger Ex Kyle - in den Wind schießen würde. Aber das konnte sie definitiv vergessen, denn ich hatte mir hoch und heilig vorgenommen, sie niemals aufzugeben. 

Und das würde ich ihr ein für allemal beweisen. 

Deshalb saß ich nun zähneknirschend, komplett verschwitzt, auf der Couch in meinem und Leahs Wohnzimmer, auf der ich nebenbei bemerkt ebenfalls schon mit Jessica geschlafen hatte, und wartete auf die Rückkehr meiner Frau. 

Ich hatte vorhin versucht, sie zu erreichen, aber ihre Agentin sagte mir, sie würde einem wichtigen Meeting beiwohnen, sodass ich sie erreichen konnte. Später aber hatte Leah mir auf die Mailbox gesprochen, um mir mitzuteilen, dass sie spätestens um 21 Uhr wieder Zuhause sein würde. Sie hatte ziemlich lange Arbeitstage, fiel mir auf. Die hatte ich nur, wenn ein wirklich, wirklich wichtiger Kunde meine Hilfe benötigte. Und das passierte nur alle paar Wochen. 

Als ich hörte, wie der Schlüssel im Schloss auf vertraute Art und Weise umgedreht wurde, beschleunigte mein Herzschlag sich ins Maximum. Leah war da. Nun musste ihr sagen, dass ich unserer Ehe ein Ende setzen wollte. Und ich hoffte inständig, dass sie mir ihr Einverständnis geben würde. Das könnte die Sache um einiges leichter machen. 

"Hey, Marcus!" Sie stürmte freudestrahlend ins Wohnzimmer und schmiss ihre blaue Handtasche achtlos in irgendeine Ecke. "Meine Kollektion wurde gerade eben bestätigt. Ich habe einen neuen Sponsor." Sie klatschte begeistert in ihre manikürten Hände und sah mich abwartend an. Sie wollte wohl, dass ich ihr gratulierte. Mein Herz zog sich vor Schmerz zusammen. Ich würde ihrer guten Laune einen ordentlichen Dämpfer erteilen. 

"Das ist großartig, Leah. Ich freue mich außerordentlich für dich." Gott, das klang nicht mal in meinen Ohren überzeugend. Sie schien zu begreifen, dass etwas nicht stimmte. 

"Wie war es denn eigentlich in deinem Landhäuschen?" 

Ich schwieg. 

"Marcus?"

"Leah, ich möchte mit dir etwas sehr Ernstes besprechen. Hast du einen Moment Zeit?"

Sie wirkte verunsichert. "Hm. Ja. Natürlich habe ich Zeit. Was ist passiert?" Sie setzte sich neben mich und sah mich aus ihren hellen Augen ängstlich an. Hatte sie etwa schon eine Vorahnung? 

"Ich weiß nicht, wie ich es am besten sagen soll...", begann ich zittrig und vergrub das Gesicht in meinen Händen. "Du musst mir glauben, dass ich dich nie verletzen wollte, denn du bist mir sehr wichtig, aber..." Ich stockte. Oh, Mann. Das ist noch schwerer, als ich dachte. "Ich betrüge dich seit einiger Zeit." Jetzt war es raus. Verdammt. 

Ich traute mich nicht, ihr ins Gesicht zu sehen. Zu sehr fürchtete ich mich vor der Enttäuschung und dem Schmerz, der sich darin spiegeln würde. Mein Puls raste wie verrückt, während bedrücktes Schweigen uns umhüllte. Ich würde nicht der Erste sein, der etwas sagte, soviel war klar. Ich wollte lieber, dass sie mich verbal dem Erdboden gleichmachte. Ich gönnte es ihr. 

"Das ändert alles", erkannte sie plötzlich. 

Überrascht stellte ich fest, dass sie weder verletzt noch wütend klang, vielmehr erleichtert. 

Sie griff nach meinen Händen, Tränen glitzerten in ihren Augen. Ich verstand partout nicht, was genau los war. "Danke für dieses Geständnis, Marcus." Sie fuhr sich über das geschminkte Gesicht und wirkte unfassbar glücklich. "Ich...Ich habe schon seit Langem mit dir über etwas sprechen wollen..." Sie biss sich fest auf die Unterlippe, worauf sie weitersprach. "Ich stehe auf Frauen. Es war eine ziemliche Überraschung für mich, aber seit meine Agentin und ich uns auf beruflicher Ebene näher gekommen sind, läuft etwas zwischen uns. Und..." Sie schluckte. "Ich liebe sie. Sehr." 





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