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Jessica's POV

"Nun, es ist ja jetzt nicht so, als hätten wir noch nie guten Sex gehabt, aber die Episode in der Therme hat mir den Rest gegeben", sagte Marcus genießerisch, während er wachsam die Straße im Auge behielt. "Danke nochmal dafür." Er schlägt mit der geballten Faust aufs Lenkrad. "Ich würde dich am liebsten kidnappen und nie wieder laufenlassen." 

Spöttisch zog ich beide Augenbrauen hoch. "Gibt es da etwas, worüber ich mir Sorgen machen sollte, Mr. Lee? Sie wissen doch, dass Entführung eine Straftat ist, nicht wahr?" 

Er lachte leise in sich hinein, während die luxuriösen Einfamilienhäuser meiner Straße in Sicht kamen. Ich seufzte auf und fuhr mir durch mein Haar. Bald würde ich mich von Marcus trennen müssen, um meinem wütenden Vater entgegenzutreten, wozu ich gerade alles andere als bereit war. Aber daran führte wohl kein Weg vorbei, nein. 

"Lass mich hier raus", bat ich meinen Freund also, seinen Arm umklammernd, der sich unter meiner Berührung  versteifte. "Ich will nicht, dass Nate oder Dad dich vor unserem Haus stehen sehen." 

"Klar", sagte er tonlos und räusperte sich, brachte den Wagen zum Stehen. "Rufst du mich an?" 

"Natürlich rufe ich dich an", erwiderte ich resolut, ließ seinen muskulösen Arm los und holte tief Luft. "Ich sollte das wahrscheinlich nicht sagen, aber ich habe Angst." Mein Blick schnellte unwillkürlich zur Straße, die gerade von zwei Nachbarskindern als provisorische Skaterbahn genutzt wurde. Sie bemerkten uns glücklicherweise nicht, so vertieft waren sie in ihre Beschäftigung. Aber würde es anderen Nachbarn ebenso gehen? Hier sprach sich alles ziemlich schnell herum. 

Aus dem Augenwinkel sah ich Marcus' verspannte Miene, seine verkrampften Schultern. Der Anblick brachte mich zum Nachdenken. Wie konnte es sein, dass wir vor wenigen Stunden ausgelassen in einer Therme getobt hatten, wenn wir jetzt, in unangenehmes Schweigen gehüllt, in seinem Auto saßen und nicht wussten, was wir tun sollten? 

Schließlich zerriss Lee die Stille. "Ich liebe dich, Jess. Das weißt du doch, oder?" 

Ich wandte mich ihm zu und biss mir fest auf die Unterlippe. "Natürlich weiß ich das. Aber ich bin noch immer minderjährig..."

"Ja, ja, das weiß ich doch, verdammt. Aber in ein paar Tagen, am Donnerstag, habe ich recht?, wirst du endlich Achtzehn. Dann wird alles leichter, wirst du schon sehen." Die Überzeugung in seiner Stimme klang echt und erfüllte mich mit Zuversicht. Wenn Marcus Lee, Staranwalt, sich einer Sache so sicher war, konnte er doch nur richtig liegen, oder? 

"Okay, wenn du das sagst." Schulterzuckend griff ich nach dem Türöffner. 

"Warte, Jessica", stieß Marcus eilig hervor. 

Ich hielt inne und drehte mich um. "Ja?" 

"Willst du es denn? Mir ist es sehr ernst mit dir...und nun ja, wenn es dir mit der Situation nicht so geht, würde ich das lieber jetzt wissen. Besser früher als später, verstehst du?" Er brachte ein halbherziges Lächeln zustande, das seine hübschen Augen nicht erreichte. Mir schnürte sich die Kehle zusammen. Was dachte er denn, was ich für ihn empfand? 

"Marcus, ich will es. Mehr als du dir vorstellen kannst", versicherte ich ihm wahrheitsgemäß und zwang mich, das Zittern meiner Hände zu unterdrücken. "Das Problem sind nicht wir, sondern die Umstände. Ich meine, was wird sich ändern, sobald ich volljährig werden? Klar, unsere Beziehung ist nicht mehr illegal und wir können uns getrost verabreden. Aber was ist mit deiner Frau? Meinem Vater? All den Menschen, die keinen blassen Schimmer von unseren Gefühlen haben und entweder stocksauer oder enttäuscht von uns sein werden? Mit Achtzehn wird sich ja nicht gleich die ganze Weltanschauung verändern." Nun war es wohl raus. 

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