Steve & Wanda & Pietro

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Der Rückstoß traf mich hart im Bauch und ließ mich nach hinten taumeln.
Ich wandte den Kopf nach unten. Hin und wieder verschwamm das Bild vor meinen Augen.
Wie benommen tastete ich mit den Händen meinen Bauch ab.
Als ich meine Hände ansah, waren sie voller Blut.
Mein Blick wanderte von den blutverschmierten Händen zum Gesicht meines baldigen Mörders.
Er stand nur etwa einen Meter von mir entfernt. Die Waffe immer noch auf mich gerichtet.
Alles schien wie in Zeitlupe zu verlaufen.
Langsam fiel ich nach hinten, seinen Blick mit meinem gefangen haltend.
Bevor ich auf dem harten Betonboden auftreffen konnte, fing er mich auf und zog mich an die Wand, an der er meinen schwachen Oberkörper lehnen konnte.
Seine Hand strich vorsichtig über meine Wangen und seine Daumen zogen kleine Kreise auf meinen Schläfen aber es half nichts. Das stetige Fiepen wollte nicht weggehen.
„Warum?", quetschte ich hervor und musste sofort anfangen zu Husten und Blut zu spucken.
Mein Gegenüber schüttelte nur traurig den Kopf. „Es tut mir leid, Wanda, aber du bist eine Bedrohung für uns alles. Für die ganze Welt."
Ich spürte, wie das Leben langsam aus meinem Körper wich und trotz allem musste ich leicht lachen. „Du klingst genauso wie Tony.", spottete ich.
„Es ist besser so. Für dich und für uns.", murmelte er.
Ich lächelte. „Du bist eine Schande für dein Land, wenn du es nicht schaffst, Probleme auf friedfertige Arten zu beseitigen, König." Das letzte Wort spuckte ich ihm fast vor die Füße.
Dann verschwamm alles vor meinen Augen und wurde duster.
Das letzte was ich sah, war ein silberner Schlüsselanhänger, der einen Panterkopf zeigte.

Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich zuerst nichts. Es war zu hell und ich schlug die Hände vor die Augen.
Doch dann spürte ich das weiche Gras unter den Füßen und rollte vorsichtig meine Zehen zusammen um es noch mehr zu fühlen und in mich aufzunehmen.
Langsam spähte ich zwischen zwei Fingern zu Boden. Das Gras war in eine dunkles, saftiges Grün getaucht.
Dann nahm ich die feuchte, kühle Luft um mich herum wahr.
Eine leichte Brise zog an meinem Nachthemd und spielte mit meinen langen braunen Haaren.
„Wanda?", hauchte eine schwache Stimme, die kaum zu hören war.
Verwundert blickte ich auf und da stand er. Mein Bruder. Gestorben vor vier Jahren im Krieg gegen die KI Ultron und seine Armee.
Gefallen in den Straßen Sokovias. Nie eingegangen in die Geschichte, denn ich hatte dafür gesorgt, dass er nicht zu dem wurde, was Peggy Carter war. Nämlich eine vergangene Legende.
Er lebte in meinem Herzen und meinem Kopf weiter so wie er war. Er war ein Held. Aber nicht der Held des Volkes sondern meiner. Er war und ist mein Held. Er hätte es nicht gewollt in der Öffentlichkeit zu stehen, nur weil er gestorben war, für Menschen, die er nicht kannte. Und genau das war der springende Punkt. Er wollte nicht das Gesicht einer Revolution der Menschen sein, die ihn nicht einmal wirklich kannten, die nur wussten, dass er für sie gestorben war. Sie kannten seine Prinzipien und Gründe nicht. Nur ich tat das. Denn mein Kopf funktionierte fast identisch mit seinem.
Und jetzt stand er hier. Vor mir in einer leichten weißen Hose und einem weißen Leinenhemd.
Er streckte eine Hand nach mir aus und ich wollte schon einen Schritt auf ihn zugehen, als er die Hand plötzlich warnend hob und ich blieb stehen und sah nach unten.
Dort klaffte ein tiefer Riss im Boden, der unmöglich zu überwinden war.
Pietro streckte den Finger aus und zeigte hinter mich.
Ich wandte den Kopf langsam an genau diese Stelle. Dort stand ein weiterer Mann. Seine blonden Haare glänzten in der Sonne, die plötzlich zwischen den grauen Wolken hindurchspäte.
Auch er streckte die Hand aus, doch auch ihn trennte eine Schlucht von mir.
Ich sah zu einem breiten, langen Brett, welches plötzlich ohne Vorwarnung neben mir aufgetaucht war. Und hatte herausgefunden was das hier sollte.
Ich konnte mich entscheiden. Ich hatte die Wahl zwischen Leben und Tot. Zwischen Steve und Pietro.
Wie in Trance starrte ich zu Steve hinüber, der mich flehend ansah und mir seine Hand immer noch ruhig entgegenstreckte.
Dagegen stand Pietro einfach nur da und lächelte mich an.
Ich schloss die Augen. Das war es also. Das Jüngste Gericht. Es war schlimmer als ich es mir vorgestellt hatte. Denn mich zwischen zwei Personen zu entscheiden, die ich liebte und die sich beide um mich Sorgten, war schlimmer als jede Folter.
Und doch nahm ich das Brett in die Hände und fuhr mit den Finger die Struktur des Holzes nach.
Ich schloss die Augen und ließ es fallen. Es würde in die eine oder die andere Richtung kippen.
Als ich die Augen wieder öffnete wandte ich mich zu Steve und lächelte ihn traurig an. „Auf Wiedersehen.", sagte ich leise. „Ich liebe dich."
Dann wandte ich mich von ihm ab und lief über das Brett in die Richtung in die es gefallen war.
Ich lief zu Pietro, der eine Hand nach mir ausstreckte und ich ergriff seine Hand und ließ mich sanft von ihm auf die andere Seite ziehen.
Er sagte nichts und das war genug um zu wissen, dass sie das Richtige getan hatte.
Er zog sie an sich und schloss sie in seine Arme. „Ab jetzt kann uns niemand mehr trennen."
„Niemand.", wiederholte ich und ließ mir das Wort auf der Zunge zergehen.
Dann wurde die Umgebung in helles Licht getaucht und hüllte uns ein.
Es waren Glühwürmchen.
Und dann verschwanden sie und wir.
Für immer.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 29, 2016 ⏰

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In die Ewigkeit || Wanda Maximoff || OneShotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt