Prolog

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Der letzte Punkt, der letzte Strich, fertig.
Endlich. Schon mit der 14. Spraydose in meiner Hand, ging ich langsam einige Schritte rückwärts.
Trotz des spärlichen Lichts meiner Taschenlampe erkannte ich die Konturen meines Werkes. Stolz blickte ich der Schulwand empor und genoss den Augenblick für einige Sekunden.
Ganz simpel erklärt, stellt es ein männliches Gesicht dar, mit dem Zeigefinger vor dem Mund. Die typische Geste dafür, dass man die Schnauze halten sollte.
Jeder Aussenstehende wird genau dies denken, was mir auch recht ist. Doch für jeden der die letzten 3 Monate diese eben erwähnte Schule besuchte, kennt die wirkliche Aussage meiner Kunst.
"Besser die Klappe halten, als Lügen erzählen."
Aber was weiss ich schon.. Gelogen habe ich auch, wenn auch aus anderen Beweggründen.
"Scheisse, egal wegen wem ich es zu verdanken habe, mitten in der Nacht in dieses Drecksloch zitiert zu werden, verschwinde! Hast du nichts besseres zu tun als um drei Uhr morgens in der - Salou?! Was zur Hölle treibst du - wow!", beschimpfte mich plötzlich jemand. Nein, nicht einfach nur jemand, sondern mein Direktor. "Tut mir Leid Ron, ich weiss Sie haben mir gesagt ich soll spätestens um elf nach Hause. Aber ich konnte nicht anders.", erklärte ich in gefasstem Ton.Er winkte ab, eine typische Geste für ihn, wenn er mit mir disskutiert. "Du musst dich nicht entschuldigen, das war es mir tatsächlich wert, mitten in der Nacht aufzubrechen. Du bist ein wahrer Künstler und für dein Projekt stellt es eine beeindruckende Aussage dar. Ich weiss wir hatten nie den besten Start, aber ich bin froh, dass wir es trotz allem durchgezogen haben. Das heisst aber noch lange nicht, dass sie mich bei meinem Vornamen nennen dürfen, junger Mann." sagte er schmunzelnd. "Sie mag ich", fügte ich lächelnd hinzu und begann meine Utensilien einzupacken. Doch eins fehlte noch, meine Unterschrift. Sie zeichnet mich aus, in guten wie in schlechten Zeiten.
"Denkst du nicht, du solltest dir nach all dem eine neue Unterschrift zulegen?" fragte er skeptisch. "Nein, sie öffnete mir die Augen. Ich möchte mich ausserdem noch bei Ihnen bedanken. Dieses Projekt wurde mir von Tag zu Tag wichtiger. Es war mir eine Freude, wie auch eine Lehre, wie ich mit meinen Mitmenschen umzugehen habe. Danke." flüsterte ich leise und verschwand in der Dunkelheit mit dem Wissen, dass morgen ein langer Schultag wird.

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