Das Foyer füllte sich immer weiter mit schaulustigen Muggles, die das seltsame Schild in der Auslage des Hotels gesehen haben mussten. Kräuterkunde? Was war das? Etwas für Esoteriker? Und wer war dieser Pionier "Jaime Lannister", der auf jedem der Retro-Aushängeschilder angepriesen wurde?
Ach, wie schön musste es doch sein, ein Muggle-Dasein zu führen. Fernab von Magie, magischen Geschöpfen, Zaubertränken, die jemanden wie mich ohnehin nur überforderten.
Ich wäre ein guter Muggle.
Brienne räusperte sich vernehmlich und mein Augenmerk wurde sofort auf sie zurückgelenkt. "Entschuldige", erwiderte ich langsam, "ich war in Gedanken."
"Rhaegar", erinnerte sie mich.
"Ach ja, genau. Rhaegar Targaryen war das erste Indiz dafür, dass diese Welt vielleicht eine Nummer zu groß für mich ist. Er stand da, inmitten von schnatternden Erstklässlern; ruhig, erhaben und vollkommen statisch und mir wurde bewusst, dass egal, was ich tun würde, so eine Ausstrahlung niemals erlernen könnte. Niemals würde ich den Targaryen gleichkommen — und das war für mich, den Erben des ehrenvollen Lannisterhauses, der zwar andauernd von seiner bissigen Schwester abgedrängt wurde, ein Schlag ins Gesicht. Du musst dir vorstellen, von einer Sekunde auf die andere wurde ich von dem Jungen, der alles hatte, zu jemanden, der neben seinem zukünftigen Klassenkameraden andauernd verblassen würde."
Die Hand mit dem Kaffee zitterte ein wenig, und ich stellte den Pappbecher von mir weg, auf den niedrigen Tisch, der zwischen Brienne und mir aufgezogen war.
"Und Rhaegar würde ein Slytherin werden. Jeder aus dieser Familie wurde unweigerlich in dieses Haus eingeteilt und da entschied ich für mich selbst, dass ich meinen Kontakt zu ihm möglichst gering halten wollte. Ich würde mich nicht selbst quälen, nein, ich war kein Masochist, das passte einfach nicht in die Frohnatur, die ich eigentlich schon immer gewesen war. Sobald der Hut also mein Haar berührte, schrie ich ihm in Gedanken entgegen, dass ich nicht ins selbe Haus kommen würde wie dieser widerliche Schönling und der Hut steckte mich ohne viel Federlesens nach Gryffindor."
Ich verzog gequält das Gesicht. "Cersei war fuchsteufelswild — sie wurde nur eine halbe Minute vor mir nach Slytherin geschickt, aber zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich, als hätte ich ein kleines Stückchen Identität zurückgewonnen. Gryffindor stellte sich erstaunlich offenherzig heraus, ich musste mir keine Sorgen um Zugehörigkeit machen — und schon bald fand ich in Robb Stark (mein Vater drohte, mich zu enterben), einen sehr guten Freund."
Brienne lehnte sich vor, und ich blickte kurz über ihre Schulter, wo drei Muggles gerade von einem in Schottenrock und Badeanzug gekleideten Türsteher abgewimmelt wurden. Ich verstand auch nicht viel von Mugglemode, aber ich war mir ziemlich sicher, dass diese beiden Kleidungstücke nicht so kombiniert wurden.
"Was ist mit den Sandschlangen?", fragte sie und ich sah sie beinahe vor mir, wie sie sich auf einem abgegriffenen Klemmbrett Notizen machte.
"Hogwarts, Hogwarts, warzenschweiniges Hogwarts bring uns etwas Schönes bei", begann ich sofort zu grölen und zog damit die irritierten Blicke von den Muggles auf mich, die gerade von dem Schottenrock-Türsteher an unserer Sitzgruppe vorbeigelotst wurden.
Brienne packte mich am Handgelenk. "Sei still, James." Ihr Blick war so furchterregend, dass ich sogar tatsächlich die Klappe hielt. "Wir sind keine zwölf mehr. Ich will, dass du mir ganz gesittet von der Begebenheit erzählst, wie du drei Mädchen gleichzeitig zu deiner Freundin gemacht hast."
Ich schüttelte den Kopf. Nein, das ging zu weit. Ein paar verschüttete Kindheitstraumata auszupacken — von mir aus, aber die Sandschlangen waren als Gesprächsthema ein wenig zu akut, als dass ich darüber freiwillig sprechen würde.
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Game of Hogwarts
FanfictionWas, wenn Westeros' zahlreiche aristokratischen Einwohner in einer Parallelwelt (mehr oder weniger) friedlich zusammenleben? Und was, wenn dieser wundersame Ort auch noch die britische Zauberschule Hogwarts ist? Werden die gewohnten Intrigen und Dr...
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