"Ich habe noch niemals jemanden gesehen, dessen Gesamtbild in einer derartigen Weise „posttraumatische Belastungsstörung" schreit, wie bei dir, Jaime Lannister." Brienne schien es nicht einmal mehr voranging im Sinn zu haben, mich zu beleidigen, oder in einer unfairen Art zu nahe zu treten. Nein, sie schien es Ernst zu meinen.

Sie dachte wirklich, etwas sei mit meiner Psyche nicht ganz korrekt. Sie glaubte, meine Bindungsunfähigkeit rührte von einer traumatisierenden Kindheit her und nicht der einfachen Notion, dass es unglaublich cool und aufregend war, drei Freundinnen zu haben.

Armes Ding.

"Wahrscheinlich ist meine Schwester Schuld", entgegnete ich mit Leidensmiene. Brienne lehnte sich sofort in ihrem Armstuhl vor, als vermutete sie die Offenbarung der Verworrenheit meines Charakters. Ein wenig konnte ich wahrscheinlich auf den fahrenden Zug aufspringen, und Miss Möchtegern-Hirnklempnerin einen Bären aufbinden.

"Weißt du", seufzte ich traurig auf, bevor ich noch einen Schluck von meinem stark alkoholisierten Getränk nahm, „es fing eigentlich alles damit an, dass sie mich bei meiner Geburt abdrängte. Eigentlich hätte ich zuerst den Geburtskanal verlassen sollen, aber meine Schwester, Cersei dieser Engel - du kennst sie ja - wollte es sich nicht bieten lassen, dass ich unwürdige Kreatur ihr den Vortritt nahm. Immerhin stand das Erbe von Casterlystein auf dem Spiel."

Ich konnte beinahe sehen, wie Brienne sich geistig Notizen machte.

Ach, unschuldige, naive Brienne.

"Und so ging das meine gesamte Kindheit", seufzte ich theatralisch. "Immer musste sie besser sein als ich, schneller, schlauer. Sie konnte zuerst auf einem Besen fliegen, übte zuerst zauberstablose Magie aus, bekam zuerst ihren Brief für Hogwarts. Es war wirklich unschön."

Brienne betrachtete mich mit der Miene eines Forschers, der gerade die Entdeckung seiner Karriere gemacht hatte. Kein bisschen Empathie war in ihrem Blick zu erkennen, nur Neugierde und wissenschaftliches Interesse.

"Ich glaubte immer, in Slytherin zu landen", fuhr ich fort. "Meine Eltern waren beide dort und schwärmten in höchsten Tönen von der Kameradschaft, die dort geherrscht hatte. Von den lebenslangen Freundschaften, die sie dort ausgebildet hatten. Mein Vater, Tywin, hatte sich dort dem Targaryen-Oberhaupt Aerys Targaryen angenähert, und obwohl man keinesfalls von Freundschaft sprechen kann, schätzen sich die beiden ihr gesamtes berufliches Leben lang und unterstützten sich in allen Projekten. Reinblüter halt."

Mit Überraschung musste ich feststellen, dass ich Brienne bisher kein unwahres Wort verfüttert hatte. So hatte es sich tatsächlich zugetragen, alles, was ich ihr erzählt hatte. Nur war mir niemals bewusst gewesen, dass ich meine Schwester so für mein persönliches Versagen in meinem Leben verantwortlich machte. Oder sagte ich das nur, damit Brienne zufrieden war und kein wahres psychologisches Gutachten über mich ausstellte?

"Rhaegar Targaryen — ich kannte ihn tatsächlich nur flüchtig von offiziellen Banketts, die unsere Väter ausgerichtet hatten, stand vor mir in der Reihe zum sprechenden Hut." Meine Kehle schnürte sich zu, bei der Erinnerung an meine erste richtige Begegnung mit dem Targaryen-Erben. War da etwas in meinem Kaffee gewesen oder ging mir diese Episode aus meinem miserablen Leben tatsächlich noch so nahe? "Er war schon damals unglaublich, eine Erscheinung — wunderschön, selbst für einen elfjährigen Jungen, ernst, und eine seltsame Aura umgab ihn. Er wirkte so viel weiser und gebildeter als die meisten der Siebtklässler auf den Bänken um uns herum, so, als würde er Hogwarts' Ausbildung überhaupt nicht benötigen."

Brienne blickte mich wachsam an, während ich ihren Blick mied. Irgendetwas lief hier nicht nach Plan. Warum erzählte ich ihr das? Hatte ich sie nicht eigentlich mit ein paar pathetischen Lügengeschichten abfertigen wollen?

Game of HogwartsWhere stories live. Discover now