"Charme?", erwiderte ich amüsiert. "Brienne Tarth, war das gerade ein Kompliment?"
Sie wirkte frustriert, dass ich ihre Beleidigung so falsch interpretiert hatte. "Natürlich nicht."
Bevor sie weiter ausführen konnte, was genau sie an mir schrecklich und liederlich fand, schraubte ich mit einigem Geschick den Plastikdeckel vom Pappbecher. Darunter kam cremiger Milchschaum und dunkles Kakaopulver zum Vorschein, aber ich war noch nicht zufrieden. Schnell blickte ich mich um, ob ich außer Brienne keine weiteren Beobachter hatte, und holte dann einen Flachmann mit Feuerwhiskey aus meiner Umhängetasche. Mit schief gelegten Kopf, um keineswegs zu über- oder untertreiben, kippte ich einen Großteil der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in den Becher.
"Der Kaffee ist gut", versetzte ich mit Kennermiene, ohne auf Briennes entsetzten Ausruf zu achten. "Aber er brauchte noch etwas Verbesserung, wenn du verstehst, was ich meine."
"Es ist mitten am Tag, Jaime", zischte sie, kaum, dass die Flasche wieder in den Tiefen meines Umhangs verschwunden war.
"Was?", fragte ich unschuldig, während ich den Kaffee an meine Lippen setzte. "Das nennt man Irish Coffee und ich bin zu einem Sechzehntel Ire, also wird das wohl erlaubt sein."
"Da ist Alkohol drin", fauchte sie, während sie sich auf dem Armstuhl niederließ, der zu meinem waagerecht angeordnet war.
"Korrekt erkannt", zirpte ich mit einer unschuldigen Arroganz, die meiner Schwester Konkurrenz gemacht hätte. "Willst du was?"
Ihre Wangen schienen eine Spur rot anzulaufen. "Nur, weil ich mit dir verkehre, Lannister, heißt das nicht, das meine Prinzipen so tief gefallen sind wie deine."
Während ich seelenruhig Schluck für Schluck von meinem aufgemotzten Gebräu nahm, erkannte ich, wie Brienne neben mir zu einer Gardinenpredigt ansetzte.
Ich hob die Hand, um eine mögliche Belehrung sofort vom Tisch zu wischen. "Nein, Enni, ich will kein Wort hören. Ich langweile mich schrecklich hier und dieser Feuerwhiskey ist das einzige, was mir jetzt noch Abhilfe verschafft."
"Nenn mich nicht Enni", knurrte sie. "Wie oft haben wir das schon durchgekaut?"
"Mein Alkoholikerhirn kann sich das alles nicht merken", erwiderte ich schulterzuckend, einzig und allein um sie zu provozieren. "Du musst die Dinge schon öfter wiederholen, damit meine schwammigen Gehirnzellen sich an irgendetwas erinnern."
"Du bist makaber." Es war eine Feststellung, keine Beleidigung und ich senkte huldig das Haupt.
"Richtig, Brienne. Ich bin moralisch verdorben, was macht da ein wenig Alkohol noch für einen Unterschied?"
"Du trinkst wegen der Sandschlangen-Sache?" Eifer war in ihre Augen getreten. Hatte ich gerade eine Schwachstelle verlauten lassen? Einen Anhaltspunkt, von dem aus sie sofort versuchen könnte, mich einer hochgradigen psychologischen Behandlung zu unterziehen?
Brienne schien immer alles kategorisieren und einteilen zu wollen. Diese Charaktereigenschaft war mir nun schon einige Male ins Auge gefallen. Sobald sie einem Menschen begegnete, machte sie sich innerhalb weniger Sekunden ein Bild, und behandelte das Individuum dann demnach, was ihre Evaluierung ergeben hatte. Ich hingegen war mir von manchen meiner Freunde immer noch nicht gewiss, ob sie mich überhaupt mochten; naja; bis auf Robb vielleicht – denn wer mich so offen kritisierte und niedermachte, der musste ein Faible für mich haben.
"Nein, Enni", seufzte ich auf. "Hör auf, hinter allem und jedem ständig einen verborgenen Sinn zu sehen. Manche Dinge geschehen einfach aus dem offensichtlichen Grund. Ich trinke gerne Feuerwhiskey, weil er in der richtigen Vermengung mit Kaffee großartig schmeckt. Nicht, weil ich irgendwelche Komplexe verstecken muss."
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Game of Hogwarts
FanfictionWas, wenn Westeros' zahlreiche aristokratischen Einwohner in einer Parallelwelt (mehr oder weniger) friedlich zusammenleben? Und was, wenn dieser wundersame Ort auch noch die britische Zauberschule Hogwarts ist? Werden die gewohnten Intrigen und Dr...
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