16 | A l i c a n t e

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Magnus reichte es. Er hatte ohne Genehmigung des Rates ein Portal nach Alicante geöffnet, er hatte keine Zeit gehabt sich nach dem letzten Debakel mit den Selkies umzuziehen und wenn ihm jetzt niemand die Tür aufmachen würde, hätte er kein Problem damit sie abzufackeln. Kurzum: Er war nicht zu Scherzen aufgelegt. Und er hatte nicht übel Lust, jemanden anzuschreien.

Alecs knallrotes Gesicht tauchte im Türrahmen auf, die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Hey, Clary, Jace i-Magnus?!"

„Wie kannst du mir das nur antun!?" Magnus machte schwungvoll einen Schritt nach vorne und drängte den völlig überrumpelten Alec ins Haus zurück. Ohne sich weiter umzublicken stürmte er die Treppe hoch, zwei alte mit dunklem Eichenholz getäfelte Korridore entlang, bis er bei Alecs Zimmer ankam.

Dort schlug er die Zimmertür hinter Alec zu, der ihm voller Verwirrung gefolgt war, und sorgte mit einem energischen Fingerschnipsen dafür, dass sich die Tür von selbst verriegelte –natürlich hätte er auch einfach den Schlüssel herumdrehen können, aber er war nun mal gerade so schön in Fahrt.

„Magnus! Was ist denn los mit dir, du bist ja ganz –", Alec blickte ihn besorgt an. Magnus ignorierte seinen herzerweichenden Gesichtsausdruck geflissentlich.

„DU." Er stieß ihm einen (aufgrund der neuesten Ereignisse) nicht ganz so wohlmanikürten Zeigefinger in die Brust. „Wie kannst du es wagen, verdammt nochmal?"

„Magnus, ich hab keine Ahnung wovon –"

„Da sitze ich in New York -New York, Alec!- und versuche das alles auf die Reihe zu kriegen, während ihr euch hier in Alicante eine schöne Zeit macht, und ich gebe alles damit der verdammte Simon seine Erinnerungen zurück kriegt und die Sache mit der blöden Feuerwand war ganz und gar nicht so geplant, und –", er holte kurz Luft und würgte Alecs Versuch etwas zu sagen mit einer schnellen Handbewegung ab, „und versuche den Großen Vorsitzenden dazu zu überreden mich wieder zu mögen, und ich führe Verhandlungen mit den durchgeknallten Werwölfen, während der Lichte Hof quasi den Central Park in die Luft sprengt."

Magnus atmete schwer und brauchte einen Moment um sich gebührend für das Finale seines Ausbruchs zu wappnen. Alec starrte ihn mittlerweile nur noch fassungslos an.

„Und dann, Alec, Alexander Gideon Lightwood, bekomme ich eine Nachricht von dir. Eine Nachricht in der steht, dass du mir –und ich zitiere, Alec- Zeit zum Durchatmen geben willst!"

Blaue Funken tanzten um Magnus' Fingerspitzen und seine goldenen Augen funkelten im Schein des Elbenlichts an den Wänden. „Bist du wahnsinnig geworden, Alexander? Sehe ich aus, als wollte ich erstmal durchatmen?! Durchatmen, nachdem ich dich endlich wieder habe? Nachdem ich dich fast verloren hätte, in Edom? Nachdem deine Flammenbotschaften alles waren, was mich noch zusammen gehalten hat?Und dann –und das ist doch wirklich die gottverdammte Krönung!- schreibe ich dir zurück und du antwortest mir nicht mehr! Du meldest dich einfach nicht. Und ich sitze da in Brooklyn und ich drehe fast durch, weil du glaubst, ich bräuchte Zeit zum Durchatmen."

Er fuhr sich mit zitternden Fingern durch die Haare und stieß die Luft aus. „Glaub mir, Alec, ich habe mehr als genug durchgeatmet in den letzten vierundzwanzig Stunden."

Alec öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch er kam nicht weit. Magnus' Finger krallten sich in den Kragen von Alecs Hemd, zogen ihn an sich. Magnus küsste Alec, mit allem was er hatte, schnell und wütend und chaotisch. Er konnte spüren wie Alecs Herz klopfte, und dann vergrub er seine Hände in Alecs dunklen Locken, sog tief Alecs Duft nach Sandelholz und Nacht und Staub und Schattenjäger ein. Alec. Alec. Alec. Es fühlte sich an, als würde er endlich nach Hause kommen.

Dann spürte er, wie Alec ihn sanft, aber bestimmt, ein Stück von sich wegschob. Sie standen immer noch so dicht voreinander, dass ihre Nasen sich fast berührten, aber wenigstens konnte er Alec jetzt in die Augen blicken.

„Magnus. Ich hatte ja keine Ahnung..."

Magnus wurde plötzlich bewusst, wie er wohl grade aussah. Seine Haare hingen ihm strähnig aus einem halb aufgelösten Knoten ins Gesicht, er war ungeschminkt und trug ein schwarzes T-Shirt, von dem die Hälfte der Glitzerschrift abgegangen war und nur noch einige jämmerliche Kleberflecken auf dessen ursprünglichen Glanz verwiesen. Nicht gerade sehr vorteilhaft.

„Entschuldige." Er blinzelte. „Eigentlich wollte ich mit einem Strauß roter Rosen und einem Ghettoblaster aus dem Gimme! Gimme! Gimme! A Man After Midnight! von ABBA dröhnt unter deinem Fenster stehen. Das wäre witzig gewesen. Irgendwie ist der Plan dann aus dem Ruder gelaufen. Das war nicht so vorgesehen. Und ich muss morgen früh wieder zurück, nach Brooklyn."

Alec schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Du Idiot."

Magnus konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Das ist so unfair. Ich rede hier eine halbe Stunde und rege mich auf wie sonst was und bei dir reichen zwei Worte, um Ich liebe Dich zu sagen."

In Liebe, Magnus. Von Brooklyn nach Idris und zurück.Where stories live. Discover now