Traum-Albtraum

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Ein Traum von dir. So echt, so real.
Immer wieder wiederholt er sich.

Nacht für Nacht, Tag für Tag.

Deine letzte und meine letzte Stunde schlägt im Traum. Meine Liebe, mein Leben, mich selbst -

alles für immer und ewig verloren.

Ich gehe seelenruhig den gepflasterten Gehweg entlang. Der Blick gedankenverloren, starr nach unten gerichtet. Ich schaue auf und sehe dich meine Liebe zufällig vor mir auf eine Straße zulaufen.
Noch ziert ein heimliches Lächeln meine zarten Wangen, da du meine Schönheit alles bist, was ich im Leben schön nennen kann.

Ich wache aus der Starre auf, sehe, wie ein Auto ungewöhnlich schnell die Straße entlang angedüst kommt.
Ich schaue zu dir, doch dein Smartphone in der Hand nimmt deine Konzentration.

Meine Liebe setzt einen Fuß auf die Straße. Alles geht so verdammt schnell.

Ich schreie aus Leibesseele: "Nein, niiichhht!!!!" Ich renne so schnell, wie ich noch niemals in meinem Leben gerannt war auf die Straße zu.

Doch es war zu spät.

Du bliebst stehen und drehtest dich zu mir um. Ein letztes Mal sahst du mir in die Augen und das Auto schleuderte dich schlagartig durch die Luft.

"Neeeeein, neeeeein. Neeeeeeeiin."

Der Fahrer hielt nicht an. Fahrerflucht. Das Einzige was ich vor mir sehe, ist der kalte, leblose Körper meiner großen Liebe.

Ich spüre einen Stich in meinem Herzen und falle zu Boden. Das Gefühl, alles restliche Leben in mir würde aufgesaugt, durchfuhr jede meiner Faser.

Ich renne mit Tränen in den Augen zu dir. Knie mich verzweifelt nieder.
Wo ist dein Lächeln? Wo deine strahlenden Augen? Alles was vor mir lag, war ein lebloser Körper. Ich zerre an dir, schüttel dich wie wild.

Wach doch auf! Verdammt wach doch bitte auf! Warum tust du mir das an?!
Du bist mein Leben! Ohne dich kann ich nicht!

Doch du hörst mich nicht. Du bewegst dich einfach nicht.

Passanten rennen auf mich zu, fragen, was passiert sei. Doch mein leerer Blick ist so starr, so kalt ... so emotionslos. Sie wollen mich von dir wegreißen, doch ich schlage um mich und schreie. Sie halten mich fest. Einer zückt sein Telefon und ruft den Krankenwagen. Ich entferne mich von dir. Noch nie habe ich so viel Blut gesehen und doch siehst du leblos so wunderschön aus.

Es vergehen Tage, ja sogar Wochen. Monate vergehen. Kein einziges Wort hab ich je seitdem gesprochen.
Nicht ein einziges, verdammtes Wort.

Ich blickte nur noch starr nach vorne. Ohne dich kann ich nicht.
Niemand kam zu mir durchgedrungen. Weder Freunde  noch Familie. Niemand.

Verloren in meinem inneren Selbst. Warum war ich nicht schneller bei dir? Hätte ich es verhindern können? Ich gab mir die Schuld.

Selbst nach Monaten redete ich nicht ein Wort. Kein Hallo, kein Danke, kein ja. Jeden Tag gehe ich zu deinem Grab und verweile dort. Starre den Grabstein an, auf dem dein Name in verzierter, schnörkeliger Schrift gemeißelt steht. Ich weine. Jeden Tag. Ununterbrochen.

Ich glich dem Bild einer lebenden Leiche. Ich esse nichts mehr. Ich trinke kaum was. Ich rede nicht. Ich bestehe nur noch aus Haut und Knochen. Mein Blick starr, leer.
Jeden Moment könnte ich erneut zusammenbrechen. Ich bin doch schon längst tot. Zerfressen von der inneren Leere und der fehlenden Liebe.

Eine Hand berührt meine Schulter und dreht mich sanft um.
Es ist eine gute Freundin.

"Sie hätte niemals gewollt, dass du dich aufgibst. Lebe. Für sie. Für uns."

Sie drückte mich fest an sich.
Ich weinte. Sie wischte mit der Hand sanft einige Tränen weg.

Das erste Mal nach Monaten sagte ich ein Wort.

"Versprochen."

Ich wache weinend auf. Nacht für Nacht, Tag für Tag. Die Frage die bleibt: "Lebe ich noch für mich oder für euch?"

Only Human [German]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt