» Pilot

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Eigentlich sollte dieser Pilot erst Donnerstag kommen. Aber ich dachte mir: „Wieso sollte euch nicht heute schon den Pilot zeigen und das 1. Kapitel dann am Donnerstag wie geplant?
Viel Spass mit dem Pilot! ♡ 
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  „Sitzt alles perfekt?“
Lennox vor mir startete den Motor seiner DKW 175 S. Das alte Ding, Baujahr Anfangs sechziger Jahre, gab einen lauten Lärm von sich. Ich klammerte mich mit meinen Armen fest um die Brust meines besten Freundes vor mir und kaute auf meiner Unterlippe herum.
Wir waren eigentlich noch nie zusammen auf der DKW gesessen. Lennox hatte dieses Ding nämlich noch nicht so lange wieder in Stand gebracht. Und die Jungfernfahrt im Jahre 2013 sollte gleich die Fahrt am ersten Tag zur Schule sein.
Um uns unserem fahrbaren Untersatz anzupassen, hatte der gute Lennox Alaskey uns extra Oldschool-Motorradhelme und Brillen besorgt. Wo auch immer der Spinner diese Gegenstände herbekam – wir sahen mit unseren Schuluniformen und den alten Utensilien wie die letzten Freaks aus.

Und da fuhren wir also nun zu zweit auf einem längst schrottreifen Motorrad auf dem Weg Richtung Powell College, welches sich in Newtown befand. Als Lennox mich heute Morgen abholen kam, hatten wir uns zwanzig Minuten vorgenommen um von Montgomery nach Newtown zu kommen. Mit dem Bus hatten wir zwar achtzehn Minuten – plus etwa eine gute viertel Stunde Fussmarsch – aber wir waren von unseren zwanzig Minuten überzeugt. Schliesslich wurden wir schon öfters von unseren Eltern in die Schule chauffiert worden, da Lennox und ich zu den Weltmeistern in Sachen Verschlafen gehörten.

Als ich an meine Eltern dachte und so auf der DKW sass und mich an meinen besten Freund klammerte, schluckte ich leer. Die dachten nämlich, dass mich meine Schwester Penelope mit ihrem piekfeinen Karren zur Schule chauffieren würde. Wenn das mein Vater erfahren würde…

„Alles gut dahinten, Flavien?“, fragte Lennox unter dem Lärm seiner Maschine.
Während ich mich so an ihn klammerte nickte ich. Bis ich realisierte, dass der Depp vor mir das ja nicht bemerkte. „Hast du etwa schiss?“, brüllte Lennox und drehte sich zu mir um.
Etwas hatte man dem dummen Idioten nicht erzählt: Wenn man ein etwa fünfzigjähriges Schrotteil fährt, sollte man seinen Kopf in Fahrrichtung kehren – und nicht seinen Passagier auslachen.
„Lennox Alaskey, du…“ – doch ich konnte meine Flüche erst gar nicht aussprechen.
Denn Lennox hatte schon die Kontrolle über das Ding verloren. Wir waren gerade knapp bei der Station Road durch und hatten die letzten Häuser Montgomeries hinter uns gelassen. Der Weg war nun nur noch von grün, ein paar Schafen und Bäumen umzingelt. Und genau hier musste Lennox mit wackeligen Schlangenbewegungen über die Strasse fahren. Kurz darauf knallten wir auf saftiges grün.

Und da lagen wir nun. Aufeinander. Samt der alten Schrottkiste und fluchten.
„Lennox, du Arsch“, fluchte ich und befreite mich erstmals von der Maschine. Ich löste den Helm und starrte meinen besten Freund wütend an, schob dann die Brille auf den Helm und verschränkte die Arme vor der Brust. Lennox liess sich mit dem Aufstehen Zeit und seufzte. „Und was machen wir jetzt?“, seufzte er und streckte die Arme aus. „Das Ding wieder zum Laufen bringen“, fauchte ich und rieb mir die Augen.
Doch Lennox schüttelte nur den Kopf. „Ich denke das Ding ist Schrott.“
„Du denkst zu viel“, knirschte ich ohne eine einzige Emotion.
„Hey, du fandst die Idee gut mit dem Motorrad!“, rief er und war sofort wieder oben. Ich seufzte nur und stand dann auf. „Uns anzuschnauzen bringt auch nichts“, seufzte ich und stemmte die Hände in die Hüften. „Und wir sehen jetzt auch ziemlich amüsant aus“, grinste Lennox.
Ich verdrehte nur die Augen. Für seinen Humor hatte ich nun echt kein Verständnis. Doch Lennox hatte Recht. Unsere Schuluniformen sahen bereits am ersten Tag schon ziemlich scheisse aus. Der Dreck klebte an unseren Jacken und wenn ich mich nicht täuschte hatte meine Hose bereits ein Loch.
Wir blickten uns an und mussten einfach nur lachen. „Scheisse, was machen wir“, wiederholte ich nochmal.

Lennox zuckte nur mit den Schultern und seufzte. „Autostoppen?“
„Ich ruf Pen an“, meinte ich dann und suchte in meinen Hosentaschen nach meinem Handy. Nur um herauszufinden, dass ich es nicht dabei hatte. „Autostoppen“, seufzte ich dann und stellte mich näher an den Strassenrand. „Und was machen wir mit meinem Baby?“, fragte Lennox. Wie ein echter Gentleman half er der DKW wieder auf die Beine. „Deinem Baby?“, fragte ich verwirrt und blickte Lennox an. Dieser deutete mit einem nicken auf sein Motorrad. „Ich hab meine Maschine halt so genannt.“
Lennox grinste nur und kam dann samt Maschine näher zum Strassenrand. „Dann lass uns jetzt mal auf ein Wunder hoffen“, grinste er und hielt seinen Daumen auch schon in die Fahrrichtung.
„Dude, das Ding von Strasse hier ist komplett ausgestorben“, seufzte ich und schob die Hände in die Taschen meines Schulblazers. „Nicht aufgeben, Flavien“, grinste Lennox selbstsicher worauf ich nur die Augen verdrehte.

„Wir könnten auch laufen“, fing ich nach einer Weile an, als immer noch kein Auto gekommen war. „Da bräuchten wir aber drei Stunden“, murrte Lennox und hielt weiter seinen Daumen raus.
„Deinen Optimismus möchte ich haben“, seufzte ich und stellte mich näher zu Lennox. Ein Windhauch kam und zerwühlte mir meine Haare, welche nun kreuz und quer im Gesicht hingen. Genervt richtete ich das dunkelbraune Ding wieder in seine ursprüngliche Form zurück.
„Ich aber deinen Pessimismus aber nicht, Flavien“, grinste Lennox.
„Ich bin nicht pessimistisch! Nur hab ich sonderlich keine grosse Hoffnungen!“

Doch ich sollte eines Besseren belehrt werden.
Nach einer weiteren Ewigkeit kam tatsächlich ein Auto vorbeigefahren. Es handelte sich dabei um ein älteres Modell eines Jeep Pickups. Scheint als wäre Montgomery nur von Oldtimern besiedelt…
Und zu unserem Glück blieb das gute Ding tatsächlich auch stehen. Das Lenkrad des Pickups befand sich auf der linken Seite, wie es überall üblich war – halt nur nicht hier in Grossbritannien. 
Dies hatte zur Folge, dass wir mit dem Fahrer sprachen.

„Ist alles okay bei euch?“, fragte die Frau am Steuer. Sie hatte kurze feuerrot gelockte Haare und sprach mit starkem amerikanischem Akzent. Ich hatte den Mund halbgeöffnet und wollte eine Antwort zusammen stammeln, doch Lennox war um einiges schneller. „Unser Motorrad will nicht mehr so richtig“, grinste er und die Frau nickte. Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf ihre Ladefläche.
„Wohin müsst ihr? Ich kann euch sonst mitnehmen.“
„Nach Newtown. Powell College.“
Lennox hatte die Antwort mal wieder schneller heraus geschissen als ich. Die rothaarige Frau am Steuer blickte zum Beifahrersitz und ich erkannte jetzt erst, dass da ein Junge in derselben Schuluniform sass. „Wir nehmen euch mit“, meinte sie dann und stieg aus. Gemeinsam luden wir die DKW auf die Ladefläche. Lennox und ich blieben auf der Fläche sitzen, da der Pickup nur zwei Plätze hatte.

Als der Wagen losfuhr, breitete sich ein riesen Grinsen auf Lennox‘ Gesicht aus. „Das ist eine totale Milf, Flavien!“, rief er und konnte sich kaum noch beherrschen. „Der Ami da, der wird mein neuer bester Freund.“
„Danke, Fick dich“, meinte ich beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust. Lennox hingegen grinste nur und schickte mir einen Luftkuss. „Ich liebe dich auch, Flavien. Ich liebe dich auch.“
Mit dem Fahrwind in den Haaren hatten wir nun also unser Freiluftvergnügen – nur nicht so, wie wir es eigentlich geplant hatten. 

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So, dass war nun also das Pilot-Kapitel aka der Prolog zu "take my hand and run away". Ich hoffe euch hat's gefallen. Lasst mir dazu am besten ein Vote, respektive einen Kommentar da. Das hilft nämlich mir und der Story hier Anstösse zufinden, die ich verbessern und ausbauen könnte :)
Ach ja: Hättet ihr Interesse an einem Cast? :D

take my hand and run away [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt