Wellness oder Inquisition?

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Ich sehe zu, wie die braune Flüssigkeit in meine Tasse fließt. Seufzend nehme ich sie in die Hand und sauge den Kaffeeduft ein. Das ist das Einzige, was mich nach dieser mehr als schlaflosen Nacht noch wach hält. Ich habe kein Auge zu getan, denn die blauen Augen haben mich bis in den Schlaf verfolgt. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich setze mich auf mein Bett und genieße meine Tasse Kaffee. Eine SMS von Christina reißt mich aus meiner Starre.

„Lust auf Frühstück?"

„Gerne. In einer halben Stunde im Café?"

„Super. Bis dann"

Ich stehe auf und schnappe mir meinen Kulturbeutel, den Bademantel und verschwinde in der Geimeinschaftsdusche. Ich muss mir wirklich eine Wohnung suchen, aber bei den Preisen und dem Bisschen, was ich in meinem Job als Praktikantin in einem Architekturbüro verdiene, ist es schwierig, mich über Wasser zu halten, geschweige denn eine eigene Wohnung in New York finanzieren zu können.

Also muss es für das letzte Semester noch das Wohnheim sein. Was dann kommt, werde ich sehen. Nachdem ich mich angezogen und frisch gemacht habe, was bei mir recht schnell geht, bin ich startklar. Das Café, in dem wir uns immer treffen, ist keine fünf Minuten vom Campus entfernt. Die frische Morgenluft tut gut und klart meine verrückten Gedanken. Ich stelle mich innerlich schon auf Christinas Fragenparade ein.

Sie ist meine beste Freundin und ich hab sie echt ins Herz geschlossen, aber ihre Fragerei geht mir immer wieder auf die Nerven. Ich quetsche sie über ihr Leben auch nicht ständig aus. Was ich gar nicht muss, denn sie erzählt es mir sowieso, ob ich will oder nicht. Nach einem fünfminütigen Fußmarsch erreiche ich das kleine, italienische Café und kann sie am Fenster sitzen sehen. Sie winkt mir zu, ich winke zurück.

Als ich das Innere des Cafés betrete, steigt mir der köstliche Duft von gerösteten Kaffeebohnen in die Nase. Ich bin süchtig nach dem Zeug, ich trinke Alles, was aus den kleinen dunklen Bohnen hergestellt wird. „Hi, Mia.", begrüßt sie mich. Ich umarme sie und setze mich ihr gegenüber. Vor mir steht bereits eine große Tasse Cappuccino. „Du bist die Beste." Ich nehme die Tasse in die Hand und nehme genüsslich einen Schluck.

„Du scheinst ihn dringend nötig zu haben, den Kaffee meine ich." Ich schaue Christina frustriert an. Seit Wochen liegt sie mir in den Ohren, ich solle mir doch einen Freund suchen. Jemand, der mich von der Lernerei ablenkt, aber eigentlich meint sie etwas ganz anderes. Meine Antwort ist stets dieselbe: „Ich habe immer viel zu tun. Wo soll da noch ein Freund hineinpassen?"

„Und wie geht es dir? Du sahst gestern echt gruselig aus, wie ein Gespenst." Sie sieht mich besorgt an. Ich bin froh, eine so gute Freundin, wie Christina, zu haben. Auch wenn sie mir ab und an auf den Zeiger geht. „Danke. Es geht mir wieder gut, keine Ahnung was gestern war." Ich sage dies, obwohl ich es sehr gut weiß, aber ich kann ihr nicht von diesem unbekannten Mann mit den eisblauen Augen erzählen.

Sie würde mich, wie eine Zitrone, ausquetschen und wenn ich ihr alles gesagt hätte, würde sie alles Mögliche tun, um herauszufinden, wer dieser Mann ist. Will ich das denn nicht auch? Irgendwie schon, aber ich habe auch die Befürchtung, dass ich mir einfach nur etwas eingebildet habe. Die Zurückweisung wäre viel schlimmer, als jede Inquisition. „Nate meinte, dass du, nachdem dich dieser Mann so ausgefragt hat, so komisch drauf warst. Stimmt das?" Mist. An Nate habe ich gar nicht gedacht. Wieso muss er auch immer alles ausplaudern? „Ach das, das war nichts.", wiegle ich ab.

Doch Christina kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich ihr etwas verheimliche. Jetzt kommt sie erst recht in Fahrt. Ich hätte ihr einfach die Wahrheit sagen sollen, aber wie hätte die bitte ausgesehen? Tut mir leid, dass ich gestern ein nervliches Wrack war, weil mich die Blicke eines Mannes fast um den Verstand gebracht haben? Das würde sie mir nie glauben, obwohl es die Wahrheit ist. „Irgendetwas stimmt doch nicht. Mia, ich kenne dich jetzt seit wie vielen Jahren? Ich weiß, wenn du mir etwas verschweigst, also raus mit der Sprache." Na gut. Ich erzähle ihr, wie mich der Mann ausgefragt hat und das ich völlig am Ende war, als ich aus dem Zimmer konnte.

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