1| Canterbury

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Rose

Ich hab es getan.

Ich sitze wirklich im Flieger und bin auf dem Weg in ein neues Leben. Ich weiß, dass das klingt wie in einem dieser schnulzig Liebesromane und ich will auf gar keinen Fall so ein Leben haben. Ich erlebe aber wirklich eine krasse Umstellung.

Seit acht Jahren wurde ich isoliert und versteckt. Und das in Hamburg, der Stadt an der Elbe. Jetzt sitze ich im Flieger nach England. Komisch, dass ich erst vor knapp vier Stunden in meinem Palast von einem Zimmer aus dem Bett gefallen bin. Wortwörtlich!

Mein Vater verdiente schon immer viel zu viel Geld für ihn, meine Mutter und mich. Zu meinem Bedauern hatte ich nicht mal Geschwister, die ich ärgern kann. Die einzige aus meiner Familie in meinem Alter ist eine Cousine. Das Problem mit ihr ist nur, dass sie in Australien irgendwo im letzten Kaff lebt und ich sie nie sehe.

Als ich klein war hab ich Mom mal gefragt warum ich keine Geschwister hatte. Die hatten nämlich alle meine arroganten Freundinnen aus der privaten Spielgruppe, in die meine Eltern mich zuverlässig jede Woche steckten. Sie hatte sich auf den Boden gesetzt und gesagt, dass der Storch der mich gebracht hatte nicht noch mal gekommen sei und ich nicht traurig seien sollte.

Ich hätte ja sie.

Ich weiß selber nicht warum ich mich an diese Szene noch erinnern kann. Damals hab ich immer wenn ich mal wieder einsam war, den Storch beschimpft. Heute weiß ich, dass meine Eltern nicht den Stress haben wollten noch ein Baby zu betreuen. Ich halte ihnen das auch garnicht vor oder so. Mich haben sie so weit ich das weiß immer geliebt.

Bis vor drei Wochen haben sie mich auch ziemlich verwöhnt. Da hatte ich einen meiner berühmt berüchtigten rebellischen Anfälle.

Ich hatte mir im Internet eine Anleitung raus gesucht und Daddys teuren Porsche in die Luft gesprengt. Es gibt wirklich alles im Internet.

Es war nich sein teuerstes Auto und ganz sicher nicht sein liebstes, aber es war eins seiner geliebten Autos. Folglich musste ich bestraft werden und das viel in Form von Hausarest über die kompletten Sommerferien aus.

Welche 18-jährige hätte bei sowas nicht die Flucht ergriffen?

Mein Glück war nur, dass ich schon wusste wo ich hin konnte. Nach Canterbury.

Mom und ich waren vor Jahren mal dort hin geflogen. Um alte Freunde von Dad zu besuchen. Er selbst ist natürlich nicht mit gekommen, aber Mom wollte unbedingt. Damit sie nicht allein fliegen musste, wurde ich als praktisches Handgepäck ebenfalls mitgenommen. Alle Freunde von Dad sind extrem wohlhabend. Mindestens Millionäre oder Milliadäre aus England.

Weil Dads gesamte Familie und all seine Freunde sich weigerten auch nur ein bisschen zu kooperieren, musste ein siebenjähriges Mädchen perfektes Englisch sprechen. Die Familie die wir in Canterbury besucht haben bestand aus einem Elternpaar und ihrem Sohn Julian.

Jules und ich waren damals beide sieben, und in dem Alter schließt man schnell die "beste Freunde fürs Leben"-Freundschaft. Vorallem wenn man zusammen den Eltern Streiche spielen kann.

Als ich Jules das erste Mal gesehen habe, dachte ich er währe einer dieser Superschnössel. Da stand er in einem komisch gemusterten Pullunder über weißem Hemd und hatte sich die Haare so ordentlich gegellt, dass ich dachte jede Strähne wäre einzeln angeklebt.

Es stellte sich raus, dass er wie ich eine gut aufgebaute Fassade hat. Anders überlebt man den Zirkus der Millionäre nicht. Nach zwei Wochen in denen Jules und ich meine Mutter und seinen Eltern buchstäblich in den Wahnsinn getrieben hatten, wollte meine Mutter wieder nach hause. Jules und ich haben versucht uns zu verstecken, aber irgendwann hat Mom mich dann doch unter seinem Bett gefunden -Ich verstehe bis heute nichtwie sie das gemacht hat *grins*-

Damit wir weiter reden konnten, sollten wir Briefe schreiben. Bei Kindern deren Eltern reich sind, bilden sich nicht oft Fruendschaften die nicht auf Geld beruhen. Und das haben wir getan, bis wir mit elf ein Handy bekommen haben. Dann ging es mit SMS weiter.

Ich will garnicht wissen wie hoch meine Telefonrechnung im Jahr war, aber das ist die Schuld meiner Mom und nicht meine.

Gestern Abend ist mir jedenfalls die Decke auf den Kopf gefallen und ich musste da raus.

Was bietet sich da mehr an, als ein Besuch bei meinem alten Freund Jules. Als ich ihn gestern anrief war er sofort begeistert und hat zugestimmt, dass ich bei ihm wohne. Seinem Bruder wäre das egal.

Jules hatte als er acht war einen Bruder bekommen. Sein Bruder wurde adoptiert und war bei seiner Adoption schon zehn. Jules hat ihn schon immer regelrecht verehrt, obwohl er nach den Briefen zu schließen ein echtes Arschloch war und nur macht was er will. Reiche Jungs waren immer sollche Playboys. Außer natürlich Julian.

Ein Ruck ging durch die Maschine und riss mich aus meinen Gedanken.

Julian ich komme !

Ich musste ein Grinsen unterdrücken. Ich klang eindeutig zu kitschig.

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Hey ihr Süßen,
Nach einer halben Ewigkeit hab ich es dann auch mal geschafft. Hoff euch gefällt das neue Kapitel. Würde mich sehr über Komis freuen.
Alles Liebe Sarah

Warum Rose? (pausiert)Where stories live. Discover now