Zwangsurlaub, oder doch nicht?

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Schon immer hasste ich den Winter. Die ewige Kälte, den Schnee und besonders die Schneeballschlachten, in welche ich immer unfreiwillig geriet. Ich hingegen war ein Freund der übrigen drei Jahreszeiten.

Der Frühling ließ nach der Eiszeit alles wieder blühen, im Sommer entfaltete die Natur vollständig ihre ganze Schönheit und im Herbst verließ sie uns langsam wieder. Nach und nach werden die Blätter bunter, immer schöner, bis sie irgendwann einfach nur noch zu Boden fallen und der Winter wieder Einzug hält.

Seit ich ein kleines Kind war, kommt es mir vor, als würde der Winter nie enden und alle anderen Jahreszeiten nur so an mir vorbeifliegen. Umso mehr genoss ich die wenigen Tage meiner liebsten Jahreszeiten in vollen Zügen. Zusammen mit Freunden verbrachte ich die Zeit im Park, am Meer oder in Freizeitparks, immer auf der Suche nach einem neuen Adrenalinkick. Von Bungeejumping über Fallschirmspringen, ließ ich so gut wie nichts aus.

Im Moment befand ich mich allerdings in einer sehr ungünstigen Lage, welche sich 'Familienurlaub in Österreich' schimpfte. Zwei Wochen, gefangen mit meinen Eltern, in einem Land das ich nicht kannte und das voll war, mit Menschen die dort ihren Winter genießen und Wintersport á la Skifahren und Snowboarden betreiben wollten.

Von Anfang an habe ich ihnen gesagt, das ich die Ferien gern zu Hause in Los Angeles verbringen möchte und sie ruhig ohne mich fliegen können. Immerhin hatte ich noch eine Menge für die Schule zu tun und sie wussten, das ich nichts anstellen würde, dennoch zwangen sie mich, mitzukommen. Sie meinten: Es wäre wichtig für uns als Familie, wieder einmal etwas zusammen zu unternehmen und nicht jeder für sich. Pustekuchen. Als ob die jährlichen Familienfeste an gemeinsamen Aktivitäten nicht ausreichen würden. Das machte mich rasend vor Wut.

Nun hing ich hier im Hotel in Wien und hatte keine Ahnung was ich mit mir anfangen sollte. Also ging ich an meinen Koffer und holte meine Schulsachen raus, die ich mitgenommen habe, um wenigstens ein bisschen zu lernen. Das letzte Halbjahr meines Abschlussjahres stand an und ich hab mich noch nie so sehr auf etwas gefreut. Wäre da nicht dieses eine Fach, welches mir Kopfschmerzen bereitet.

Das Einzige was zu lernen an stand, war Mathe. Wenn ich könnte würde ich Mathe aus meinem Stundenplan streichen und durch, keine Ahnung, eine weitere Fremdsprache ersetzen. Gerade brachte ich mir selber Rumänisch bei, was erstaunlicherweise sehr gut funktionierte.

Mathematik hingegen lag mir zu meinem Nachteil so gar nicht und wenn ich mich nicht verbessern würde, dann kann ich meinen Abschluss vergessen. Im Großen und Ganzen bin ich eine gute Schülerin mit durchgängig guten Noten, dennoch könnte mir dieses eine Fach das Genick brechen, da ich schon jetzt auf einer Fünf stehe. Und ich habe keine Hoffnung, das sich das im neuen Halbjahr bessern wird, eher verschlechtern. Mit einer Sechs im Zeugnis, darf ich entweder das Jahr noch mal wiederholen oder muss durch eine mündliche Prüfung mindestens drei Noten besser werden, was ich sowieso nicht schaffen werde. Ugh.

Gerade als ich mich meinen Matheaufgaben widmen wollte, betrat meine Mutter das Zimmer.

"Guten Morgen, Schatz. Dein Vater und ich wir haben eine Unterrichtsstunde für 14 Uhr gebucht. Bist du soweit fertig?", sagte sie freudestrahlend.

"Unterrichtsstunde? Für was? Und warum fragst du ob ich fertig bin? So als würdest du sagen wollen, das auch ich mich daran beteiligen soll." - worauf ich natürlich keinerlei Lust hatte.

"Das stimmt. Die Unterrichtsstunde ist für uns drei gebucht. Du kannst zwischen Skifahren und Snowboarden wählen. Man sagte uns, das der Lehrer ein junger, netter Mann und der Sohn der Hotelbetreiber sei. Klingt das nicht verlockend?"

"Nein, nicht wirklich. Weder das ich gezwungen werde Wintersport zu treiben, noch die Tatsache, das du mir unseren Lehrer schmackhaft machen möchtest."

"Also gut, keine Zwänge mehr und auch keine anderen Anspielungen oder dergleichen."

"Gut."

"Kannst du wenigstens diese eine Stunde mit uns wahrnehmen? Sie ist immerhin schon bezahlt.", sagte sie in einem Ton, bei dem man ihr nichts ablehnen konnte.

"Ok, wenn es denn unbedingt sein muss. Gib mir 15 Minuten.", stöhnte ich. Und da es schon bezahlt ist..

"In Ordnung. Wir treffen uns dann unten in der Lobby."

Und mit diesem Satz war sie aus meinem Zimmer verschwunden.

Ich fasse es einfach nicht. Mich einfach so für eine Unterrichtsstunde mit anzumelden. Wahnsinn. Aber das war ja zu erwarten. Ich werde ja nie gefragt. Schließlich wurde ich auch hierher geschleppt ohne meine Zustimmung. Also packte ich meine Unterlagen zusammen, verstaute sie ordentlich auf meinem Tisch und zog mir wetterfeste Klamotten an, um für dieses Winterchaos gewappnet zu sein. 15 Minuten später stand ich also in der Lobby und schaute mich nach meinen Eltern um. Da hörte ich hinter mir meinen Vater nach mir rufen. "Hey Lou, wir sind hier drüben."

Bei der Gruppe angekommen - ja, wir waren nicht nur zu dritt sondern bestimmt 10 Leute, was die Sache nicht besser machte - setzte ich mich erst einmal hin und wartete auf die Anweisungen des Lehrers, welcher noch nicht einmal dort war. Wir warteten bestimmt noch 20 Minuten bis er endlich seinen Weg zu uns gefunden hatte. Und ich musste zugeben, das meine Mutter ausnahmsweise Recht behalten hat. Er sah wirklich umwerfend aus. Normalerweise "verliebe" ich mich nicht so schnell, aber dieser Typ war anders. Es war sofort um mich geschehen. "Guten Morgen, allerseits!" rief er in die Runde und ließ seine Blick durch über heutigen Schüler schweifen. Als seine Augen auf meine trafen und er mich anlächelte, fürchtete ich auf der Stelle umzukippen. "Mein Name ist Sebastian Stan und ich werde heute ihr Lehrer sein."

Winterzauber (Sebastian Stan FF)Where stories live. Discover now