Kapitel Drei

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Seine Hand ruhte auf der Armbrust. Zornig sah sie ihn an.
"Was soll das?" Zischte sie ihn zu.

"Schau, sie hat Rehkitz." Flüsterte er, nun sah auch sie die kleinen Köpfe im hohen Gras hervor lugen.
"Ja und?" Sie sah keinen Grund das Vorhaben abzubrechen. Sie musterte verständnislos die kleine Familie.

"Wenn du die Mutter schießt, bleiben die Beiden ganz alleine und sterben."
Er merkte wie schwer ihr fiel es nachzuvollziehen, weshalb er fort fuhr. "Dein Hund ist dir doch sicher sehr wichtig, nicht wahr? Stell dir vor er würde dir genommen. Wie würdest du dich fühlen?"

Sie sah zu ihrem Hund. Er blickte sie so eindringlich an, als hätte er jedes Wort verstanden und wartete nun auf ihre Antwort. Natürlich würde sie nicht wollen dass ihm was geschah. Sie musste an vorhin denken. Sie hätte ihn wegstoßen müssen, das hätte die Königin von ihr erwartet. Doch sie hatte sich nicht gegen Tarjo richten können.

Trotzdem zu dem Reh und den Kindern hatte sie kein Verhältnis.
"So ist es nun mal. Wir brauchen ein Herz und zwar schnell. Solltet Ihr eine bessere Idee haben bin ich gespannt diese zu hören." Auffordern sah sie ihn an.

Selbstverständlich hatte er weder eine besser, noch überhaupt irgendeine Idee. Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe herum. Sie musste sich vom Anblick seiner Lippen los reißen. Wieso schenkte sie ihm so viel Aufmerksamkeit?

Tarjo jaulte leise neben ihr auf und scharrte mit seiner Pfote nicht weit von ihr. Sie erkannte die Spur.
"Was wäre mit einem Wildschwein?"
Kurz leuchteten seine Augen auf, doch sofort sah er wieder betrübt aus.

Mayra kniff die Augen zusammen.
"Was gefällt euch jetzt schon wieder nicht?" Sie hatte von ihm mehr als genug.
"Du nimmst ihm sein Herz und dann? Was wird aus seinem Kadaver?"

Er musste einfach alles verkomplizieren! Sie wollte nicht mehr mit ihm diskutieren. Sie entfernte sich vorsichtig von der Rehfamilie und schloss sich dem schwarzen Hund an. Die Spuren waren nicht mehr sehr frisch.

Es würde etwas dauern bis sie das Tier fand. Zum Glück hatte es jedoch nicht geregnet. Schnell kam sie voran Tarjo unterstützte sie mit seiner Nase.

"Mayra, was hast du jetzt vor? Suchst du das Wildschwein?"
Wieso musste er ihr nachlaufen? Durch seine Fragerei würde er alles verjagen was sich im Wald auf hielt! Ihre Geduld neigte sich dem Ende zu. Sie drehte sich so schnell zu ihm um, dass er vor Schreck einige Schritte zurück wich.

"Seid endlich still oder bleibt hier bis ich fertig bin!"
"Na gut ich werde leise sein."
Dies bezweifelte sie stark, selbst wenn er den Mund hielt war er laut. Diesmal bemühte er sich zumindest leise zu sein.

Leider war ein Wildschwein nicht vergleichbar mit einem Reh. Während ein Reh bei den kleinsten Geräusch davon lief, steuerte das Schwein seinen Feind direkt an. Außerdem erreichten sie eine unglaubliche Geschwindigkeit. Sie musste nicht nur aufpassen nicht selbst erwischt zu werden, sie musste auch Damir im Auge behalten.

Unbewusst seufzte sie auf. Dieser Mann treibt sie in den Wahnsinn. Sie folgten etliche Minuten den Spuren. Bis Tarjo begann sich zu ducken. Mayra war augenblicklich alarmiert. Sie mussten dem Tier sehr nah sein.

Sie lauschte in den Wald und hörte ein leises Knistern. Aber es war viel zu nah! Das konnte nicht sein. Es war als würde es von hinter ihr kommen! Abrupt drehte sie sich rum.

Doch es war nur Damir der auf das Blattwerk getreten war. Er bemerkte ihren wütenden Blick und hob fragend eine Augenbrauen. Sie bedeutete ihm stehen zu bleiben. Sie konnte jetzt keinen Prinzen gebrauchen, der seiner Lautstärke nicht bewusst war.

Endlich gehorchte er einmal. Dann knurrte Tarjo und Damirs Augen wurden groß. Eigentlich hatte Mayra vorgehabt sich umzudrehen, doch mit einem Aufschrei warf sich der Prinz auf sie und riss sie zu Boden. Sein Körper lag schwer auf ihr und schnürte ihr die Luft ab.

Aus den Augenwinkeln nahm sie einen sehr großen Schatten wahr. Mit aller Kraft drückte sie Damir von sich herunter und rollte sich ab. Sie hatte es schon befürchtet, der Prinz hatte einen riesigen Eber angelockt. Sie griff nach ihrer Armbrust.

Ertastete jedoch nur Leere. Hektisch sah sie sich um. Natürlich! Sie hatte das Gerät in der Hand gehalten und der plötzliche Stoß der Prinzen hatte dazu geführt dass die Armbrust aus der Hand fiel. Ein weiteres Mal lief der Eber auf sie zu. Geschickt sprang sie zur Seite.

Ihre Armbrust war nun in greifbarer Nähe. Sie schoss, doch das Tier zuckte nicht einmal zusammen! Er war fiel zu groß und direkt vor ihm hatte sie nicht die Zeit auf einen wunden Punkt zu zielen. Mit einem Grunzen stürzte er sich auf sie. Sie hörte noch Damirs Stimme und Tarjos Gebell.

Geistesgegenwärtig hatte sie ihr Messer gezogen. Tief rammte sie es ihm ins Fleisch. Die Königin hatte Recht behalten, die Klinge zerbrach nicht und schnitt ohne auf Widerstand zu stoßen. Dennoch dauerte es bis der riesige Körper erschlafte.

"Mayra geht es dir gut?"
Was für eine dämlich Frage! Wie sollte es jemandem gehen auf dem ein Wildschwein lag?
"Hört auf Fragen zustellen und holt ihn von mir runter!" Schrie sie so gut es ging. Ihr ging langsam der Atem aus. Mühselig stemmte sie sich gegen den Körper.

Nun half auch der Prinz und in wenigen Sekunden war sie frei.
"Oh Gott hatte ich mich erschrocken als er auf dir landete!" Sein Blick war leicht angeekelt. Sie sah an sich herab. Ganz toll, sie war von Oben bis Unten mit Blut beschmiert! Zumindest würde es nun glaubwürdiger aussehen wenn sie zum Schloss zurück kam.

Sie holte einen Beutel hervor und platzierte diesen neben sich. Die dunkle Klinge hatte nicht einen Kratzer und war noch immer genauso scharf. Sie machte sich ans Werk, während sie sprach.
"Hättet Ihr gewartet und wärt mir nicht nachgelaufen dann wäre ich jetzt auch nicht voller Blut."

"Aber alleine ist so was nicht zu schaffen." Erwiderte er. Mürrisch schnaubte sie.
"Was habt Ihr denn bitte getan? Ihr habt mich höchstens zu Boden geworfen und uns noch mehr in Gefahr gebracht."

Nun stahl sich ein breites, unverschämtes Grinsen auf sein Gesicht. "Ich würde dich jeder Zeit wieder mit dem größten Vergnügen zu Boden befördern."

Sie beachtete seine Worte gar nicht. Kaum hatte sie das Innere offen gelegt, drehte der Prinz sich um und er sollte König werden!
Das Herz befrachtete sie in den Beutel. Diesen verschnürte sie fest und hängte ihn an ihren Gürtel.

"Im Morgengrauen gehe ich zurück zum Schloss. Ihr werdet mit meinem Hund im Wald bleiben."
Sie machte sich daran den leblosen Körper mitzunehmen. Verdutzt sah er ihr zu.

"Hast du vor den zu tragen?"
"Ihr habt selbst gewollt, dass er nicht verkommt. Nun werdet ihr morgen einen ganzen Tag darauf aufpassen."

Er war alles nur nicht erfreut darüber mit dem Eber alleine zu bleiben. Als ob er eine Wahl hätte! Mayra traf es um ein weiteres Schlimmer. Sie musste sich morgen ihrer Herrin stellen und ihr ein falsches Herz unterjubeln.

Vor der Morgendämmerung verließ sie das Versteck, in dem der Prinz fest schlief. Sie brachte möglichst viel Abstand zwischen sich und dem Ort, bevor sie den Raben der Königin rief.
Dafür hatte ihr die Königin eine Stein mit Macht gegeben, diese konnte das Tier spüren und machte sich dann auf den Weg.

Genau wie jetzt.

Das Herz der JägerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt