Kapitel 45 - Das ist Kämpfen

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Falrey schauderte. Er war sich sicher, dass er sich nicht einmal vorstellen konnte, was Jaz unter alles verstand.

„Du kannst mit fast jedem Körperteil schlagen", fuhr Jaz fort. „Hände, Füsse, Knie, Ellbogen, Schultern, Kopf. Was wichtig ist, ist dass der Schlag aus dem Körper kommt. Und dass er stabil ist. Und du musst schlagen wollen." Er sah Falrey scharf an. „Reaktionstraining. Aber du verteidigst nicht nur, du schlägst zurück. Klar?"

Falrey nickte und Jaz griff an.

Fünf Zeiten später war Falrey grün und blau und sein Mund staubtrocken vor Durst, denn sie hatten keine Pause gemacht und Niramuns Sonne war genau so unerbittlich wie Jaz Schläge. Er selber hatte kein einziges Mal getroffen, trotz zahlreicher versuche, und das war ziemlich deprimierend, aber Jaz war einfach zu schnell.

Falrey kletterte die Leiter hinunter in die wohltuende Kühle des Hauses. Er trat zuerst in das Zimmer im oberen Stock, wusste jedoch nicht, was er dort eigentlich wollte und ging hinunter in die Küche. Er nahm einen Becher vom Sims und griff nach dem Krug, um sich Wasser einzuschenken, aber der Krug war leer, genau wie die beiden Wassereimer in der Ecke. Falrey seufzte, stellte den Becher auf den Tisch und ging mit den Eimern nach draussen, um sie am Brunnen zu füllen.

Die Strasse lag bereits im Schatten der umliegenden Häuser, aber noch war es nicht Abend und viele Leute gingen umher. Pajar, der Geschirrmacher, verhandelte mit einer Kundin, während seine Frau Leva einem Kleinkind hinterhereilte, das die Strasse hinunter davontapste, Misty sass auf seinem Stuhl und sprach mit einem anderen Mann.

Am Brunnen traf er auf Afri, die sich mit einem Mädchen unterhielt, das Falrey von irgendwo bekannt vorkam. Auf den zweiten Blick erkannte er sie als das Mädchen vom Badehaus, Eiruns Tochter. Er nickte den beiden zu und stellte die Eimer auf das Gitter über dem Brunnentrog. Afri nickte zurück und das Mädchen warf ihm einen schnellen Blick zu, dann sprachen sie weiter.

Falrey hörte ihnen nicht zu, sondern füllte die Eimer am Pumphahn bis zum Rand und machte sich damit auf den Rückweg. Der Mann war weitergegangen und Misty sass allein da und rauchte sein Pfeifchen. „Hey Falrey", rief er, als er ihn erblickte. „Wie geht's?"

„War schon besser", antwortete Falrey, stellte die Wassereimer ab und streckte seine schmerzenden Glieder.

„Wieso?", fragte Misty.

„Ah, nur einige blaue Flecken", meinte Falrey und schöpfte sich mit der Hand einen Schluck Wasser aus dem Eimer.

Misty runzelte die Stirn. „Behandelt er dich immer noch so schlecht?"

„Wer?"

„Jaz."

Falrey richtete sich wieder auf. „Ahso. Gewissermassen ja, aber ich glaube ich bin selber schuld."

„Wieso?", fragte Misty.

Falrey konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen bei den nächsten Worten. „Ich hab ihn darum gebeten."

Mistys Augenbrauen schnellten in die Höhe. „Wie muss ich das jetzt verstehen?"

„Naja, ich..." Falrey zögerte, denn er wusste nicht genau, wie viel er sagen durfte. „Jaz ist ziemlich gut im Kämpfen. Ich hab ihn gefragt, ob er mir das beibringt. Und er hat nicht gerade die sanftesten Lehrmethoden."

Misty nickte. „Das ist also der Grund für die merkwürdigen Geschichten, die neuerdings kursieren."

„Was für Geschichten?", fragte Falrey stirnrunzelnd.

„Oh, es spricht sich herum in der Nachbarschaft, dass auf meinem Dach merkwürdige Dinge vor sich gehen. So zwei komische Typen, die sich gegenseitig anschreien und verprügeln."

Niramun I - NachtschattenWhere stories live. Discover now