Das Schiff sinkt sowieso

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Tatsächlich schaffte ich den Stopp in der Küche, ohne irgendwelche Zwischenfälle und kaum eine halbe Minute später saß ich zufrieden schmatzend mit einem Becher der Marke ‚Häagen Dazs' –mal ehrlich, wer denkt sich so einen dämlichen Namen aus?- der mit dem feinsten After Eight Eis gefüllt war, auf meinem Bett.
Das gefrorene Minze-Eis schmolz auf meiner Zunge und ich fühlte mich dem Paradies mal wieder so nahe. Vor lauter Glückseligkeit hatte ich vergessen, dass man eine Tür auch von außen öffnen konnte. In meinem Eisrausch versunken merkte ich erst, dass er mein Zimmer betreten hatte, als er sich auf mein Bett fallen ließ.

„Was machst du hier drin? Du verpasst den Film." Er musterte mein Gesicht mit diesem intensiven Blick, bei dem ich mir nie sicher war, ob er ein schönes Kunstwerk oder eine verlauste Kanalratte vor sich sah.

„Das Schiff geht unter, der Depp verreckt, die Tussi nicht und Sammy heult. Viel gibt's da nicht zu verpassen." Ich schenkte ihm einen genervten Blick und nahm einen weiteren Löffel Eis mit extra vielen Schokostücken.

„Na toll! Jetzt hast du mir das Ende verraten." Er seufzte theatralisch, grinste kurz darauf jedoch schon wieder sein verschmitztes Grinsen, bei dem ich ihn mir so gut als kleinen, frechen Jungen vorstellen konnte.
Ich verstand einfach nicht wie er ständig so gut gelaunt sein konnte. Das musste doch fürchterlich anstrengend sein.

Einen Moment blieb es still. Einen wunderschönen, viel zu kurzen Moment.

Dann fiel sein Blick auf meinen Eisbecher.
„Was hat es mit dir und deinem Eis auf sich?"

Ich zuckte die Schulter, schluckte die letzten Reste Eis herunter. „Wir lieben uns." Erwiderte ich trocken. Er zog seine dichten, schöngeschwungenen Augenbraun verwirrt zusammen. Gott, er musste unbedingt damit aufhören, das war scheiße sexy!
„Ich liebe es Eis zu essen und Eis liebt es, mich fett zu machen." Er musste lachen. Fuck, sein Lachen war noch sexier als seine Augenbraun-Moves. Ich musste auf andere Gedanken kommen, die nichts mit Löckchens Sexappeal zutun hatten...

Ich sollte demnächst mal wieder ins Fitnessstudio gehen! Und das nicht nur, weil mich die Fitnessleute seit meinem letzten Besuch vor rund zwei Monaten täglich mit diversen Mails überschütteten, sondern auch, weil ich mir einbildete, das sich langsam aber sicher die altbekannte Fettschicht ihren angestammten Platz auf meinen hart erkämpfen Bauchmuskelansätzen wieder zurück eroberte.

„Und was ist das für ne Sorte?" fragte er und mustert interessiert meinen Becher.

„After Eight."

Er verzog angewidert das Gesicht. „Ich hasste After Eight."

„Ich hätte dir sowieso nix abgegeben." Ich erwischte mich dabei, wie ich leicht schmunzeln musste. „Und vielleicht hält es dich ja davon ab wieder über mich herzufallen." Provozieren schob ich mir einen überladenen Löffel Eiscreme in den Mund.

„Das glaubst auch nur du." Er zwinkerte. Ich verschluckte mich an meinem Eis. Das Eis in meiner Luftröhre und der heftige Hustenanfall waren definitiv meiner Hastigkeit beim Essen von Eiscreme zuzuschreiben. Die Portion war einfach zu groß gewesen. Was sollte es auch anderes gewesen sein?

Löckchen jedoch interpretierte mein herum gehustet und meine daraus resultierenden knallroten Kopf irgendwie auf eine völlig andere Art und Weise. Sein Grinsen wurde breiter, während ich krampfhaft um mein Leben kämpfte. Das restliche Eis, das nicht gerade damit beschäftigt war mich umzubringen, spuckte ich wieder zurück in meinen Becher. Ich konnte gar nicht beschreiben, wie unglaublich sexy das ausgesehen haben musste. Fand wohl auch Löckchen, denn er bekam sich kaum noch ein vor Lachen. Von mir selber angeekelt stellte ich meinen Eisbecher immer noch wild hustend auf mein Nachtschränkchen.

„Ich entdecke ja ganz neue Seiten an dir, Cornelius. Wer hätte gedacht das der sarkastische Griesgram in Verlegenheit geraten kann?", lachte er, als ich mich einigermaßen beruhigt hatte.

„Fick dich.", Keuchte ich atemlos und demonstrierte ihm den unfassbaren Charme meines Mittelfingers.

„Zu zweit macht das aber viel mehr Spaß." Er grinste und zum ersten Mal entdeckte ich ein kleines Grübchen auf seiner rechten Wange, das sich unter seinen leichten Bartstoppeln versteckte. Irgendwie machte ihn das verdammt liebenswert.

„Chance vertan, Casanova." Er schob beleidigt seine Unterlippe vor, wie ein quengelndes Kleinkind. An meiner Meinung ließ sich jedoch nicht rütteln. Er hatte seine Chance gehabt, aber er hatte mich ja lieber stehen lassen. Noch so eine Aktion würde mein Stolz nicht mitmachen.

Löckchen wollte gerade etwas sagen, als ein verzweifelter Aufschrei Sammys durch die Wohnung hallte. Innerhalb weniger Sekunden stand ich alarmbereit im Rahmen meiner Zimmertür. Ein aufgebrachter Blondie stürmte an mir vorbei den Flur hinunter. Waren das Tränen in seinen Augen gewesen? Sammys Schluchzer erfüllten die ganze Wohnung und brannten sich tief in mein Herz.

Die Entscheidung die ich nun in weniger Sekundenbruchteilen treffen musste, war um vieles schwerer, als die vorherige über den Eis-Zwischenstopp. Blondie hinterher rennen und so lange auf ihn einprügeln, bis er ausspuckt was zum Teufel er mit meinem besten Freund angestellt hatte oder Sammy trösten. Ein weiterer bitterer Schluchzer war Entscheidung genug. Die Wohnungstür knallte in dem Moment ins Schloss, indem ich meinen kleinen, zitternden Flamingo in die Arme schloss.

„Psch... Alles wird gut, Sammy. Ich bin ja da. Ich pass auf dich auf. Bei mir bist du sicher. Alles wird wieder gut." Ich streichelte ihm sanft über den Rücken, seine Arme waren fest um meinen Hals geschlungen. Er weinte und schluchzte und schniefte. Es war Ewigkeiten her, dass ich ihn so aufgelöst erlebt hatte. Doch an das schreckliche Gefühl der Hilflosigkeit konnte ich mich noch zu gut erinnern.

Löckchen erschien im Türrahmen. „Ich denke ich sollte gehen." Ich nickte, den weinenden Sammy auf meinem Schoss fest an mich geklammert.

Wenige Augenblicke später wurde unsere Wohnungstür wieder geschlossen. Dieses Mal um einiges leiser.

Sammy und ich saßen eine kleine Ewigkeit so da, fest umschlungen auf unserem alten Sofa. Irgendwann wurde sein Weinen weniger und seine Schluchzer leiser und ich traute mich endlich zu fragen was mir schon die ganze Zeit auf der Seele brannte.

„Was ist passiert, Sammy Schatz? Wieso habt ihr euch gestritten? Hat er dir irgendwie wehgetan? Denn wenn ja wird er es büßen."

Er schüttelte den Kopf und schniefte.

„Ich... Ich hab alles kaputt gemacht!"

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Ich entschuldige mich bei Kennern falls mir Fehler unterlaufen sind, ich habe noch weniger Ahnung von Titanic l, als von irgendwelchen Eismarken und deren Qualität. (Danke an Google, meinen Freund und Helfer.)

Zudem muss ich hier festhalten, dass ich von keiner einzigen Eis Marke gesponsert werde. Dabei ist das Erstklassige Schleichwerbung!

Optimisten werden immer zuerst gefressen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt