1. Thoughtfully

87 5 0
                                    

,,Ramona, jetzt bist du schon wieder so geknickt, genieße die letzten Tage doch!", nervte Zoè mich schon wieder.

,,Was soll ich denn machen, es bringt mir doch nichts mehr!"

Zoè nervt mich schon die ganze Zeit damit, dass ich meine letzten Tage genießen soll.
Aber was habe ich davon, wenn sie danach noch trauriger ist, mich zu verlieren, weil wir zuletzt noch so eine gute Verbindung hatten?
Ist es nicht besser auf Abstand zu gehen, damit der Abschied nicht mehr ganz so schwer ist?

,,Und ob das was bringt!" Zoè sah mich erwartungsvoll an. Als ob ich jetzt meine Meinung schlagartig änder?! Sie hat eine ganz andere Grundeinstellung als ich, weshalb wir uns sehr unterscheiden.

Aber nicht nur unsere Einstellung war eine andere, sondern auch unser komplettes Aussehen: Sie hat braune Haare, ich blonde, sie hat grüne Augen, ich blaue, sie hat dunkle Haut, ich helle und sie hat im Gegensatz zu mir keine Sommersprossen im Gesicht.

Doch es gibt einen Fakt der uns beide am meisten unterscheidet:
Sie lebt noch lange, ich nicht.

Zoè stand auf.

Sie ging in unsere WG- Küche unserer kleinen Studentenwohnung. Zusammen mit Zoè und zwei weiteren sehr guten Freundinnen und einem guten Freund wohne ich schon ca. 1 Jahr hier.

,,Zo, kannst du schon mal den Kaffee kochen, dann können wir gleich die anderen holen?", fragte ich Zoè, weil ich grade unseren Hausplan begutachtet habe und feststellte, dass sie heute mit Kaffee und Kuchen machen dran ist.

Wir haben einen ganz ordentlich geführten Haushalt, sodass niemand darauf kommen würde, dass hier 5 fast Erwachsene Personen wohnen würden.

,,Ja klar, bin schon dabei!"

Im Flur nahm ich laute Schritte war, die nur von Jack kommen konnten.

Als die Küchentür sich dann öffnete und Jack sich dankend auf den Stuhl fallen ließ, war mein Verdacht bestätigt. Jack war der Hahn im Korb und sorgte eigendlich immer für Stimmung.

Er sah zwar nicht schlecht aus, aber er war nicht meine Art von Typ.

Als Elena und Cara dann auch noch in die Küche kamen, waren wir komplett.

Am Tisch wurden entweder die Hauspläne der nächsten Wochen eingeteilt oder über das Studium, dass wir alle schon 4 Semester studierten, geredet, doch heute sprachen wir mal wieder über mich.

Ich hatte vor zwei Tagen die Bestätigung vom Doktor bekommen, Krebs zu haben. Und zwar Leukämie, auch genannt Blutkrebs. Es gab nur eine Chance den Krebs zu heilen und die besteht darin eine aufwendige Chemotherapie durchzustehen, wobei die Heilwahrscheinlich nur bei 25% liegt.

Andauernd stellte ich mir Fragen wie: Warum ich? Wieso kann ich mein Leben nicht leben, so wie es andere auch tuen?

Ich fand bis jetzt keine vernünftige Antwort darauf.

Vorher hatte ich nie mit dem Gedanken gekämpft, Krebs zu bekommen, doch das Blatt dreht sich schnell, zu schnell. Zuvor hatte ich auch nie gewusst was Leukämie ist.

Ok, ich muss zugeben, dass ich immer noch nicht viel weiß, aber ich muss auch nicht genau wissen was es ist, um es zu haben.

Die Zeit läuftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt