1. Kapitel

22.4K 291 17
                                    

„Kendra, was würdest du denken, wenn ich einen Freund hätte?", vernahm ich ganz dumpf die Stimme meiner Mutter, ohne die Worte zu verstehen oder den Sinn dahinter.

„Huh?", murmelte ich also tief in Gedanken versunken, dumm vor mich hingrinsend an den Kuss mit Tate denkend.

„Kendra! Hör mir doch mal zu! Wo bist du denn schon wieder mit deinen Gedanken?", meinte meine Mum mit gespielter Entrüstung und schlug mir leicht gegen die Schulter.

„Was? Tut mir Leid."

„Also? Wenn du mir schon nicht deine Aufmerksamkeit schenkst, wüsste ich dann doch ganz gerne wo die sich gerade so rumtreibt", forderte sie mich auf und ich wusste, es gäbe kein Entrinnen und keine Möglichkeit mich vor der Antwort zudrücken. Wenn sie erstmal den Braten gerochen hatte, dann wollte sie ihn auch essen.

„Ach nur so ein Kerl den ich heute morgen getroffen habe", meinte ich und versuchte die Begegnung mit Tate so gut es ging herunterzuspielen.

„NUR so ein Kerl? Erzähl mir alles!"

„Muuum. Es ist nur eine Begegnung gewesen. Also, was wolltest du nun von mir wissen?", erwiderte ich und verdrehte dabei die Augen.

Sie wollte meinen Köder nicht annehmen, dass konnte ich mehr als deutlich in ihren Augen erkennen, aber warum auch immer schien es ihr dieses Mal wichtiger herauszufinden was ich dachte, als mich über etwas auszuquetschen, dass gar nicht wirklich da war.

„Ich würde gerne wissen, was du davon halten würdest, wenn ich einen Freund hätte."

Einen Moment hielt ich erst einmal gar nichts davon. Ich war dermaßen überrascht von dieser Frage, dass ich überhaupt nicht wusste, was ich sagen oder denken sollte. Dann kam es langsam in meinem Hirn an, dass meine Mutter wirklich darüber nachdachte einen Freund zu haben, eine Beziehung mit jemand anderem als mir oder ihren Freundinnen.

„Wow. Mum, das ist toll!"

„Wirklich?", fragte sie unsicher.

„Ja, na klar!", rief ich erfreut aus, begeistert darüber, dass sie endlich, ENDLICH aus ihrem Schneckenhaus gekrochen kommen wollte.

„Es ist ja bloß ein Gedanken, aber ich dachte vielleicht ... naja du weißt schon", murmelte sie in ihren Milchkaffee.

„Du weißt gar nicht wie lange ich schon darauf warte, dass du mich das fragst. Ich dachte ich wäre alt und grau, bevor es passiert."

Empört schubste sie mich leicht.

„Also ich hatte nicht vor eine Altersheim Romanze anzufangen. Vielen dank auch für dein Vertrauen."

„Warum denn nicht? Angeblich sollen die alten Leutchen ja richtig viel Spaß haben auf ihren letzten Metern", kicherte ich.

„Also ich würde mein Glück dann doch ganz gerne versuchen, solange ich noch meine eigenen Zähne im Mund habe."

„Wenn du meinst", neckte ich weiter und trank einen Schluck von meinem eigenen Kaffee.

„Ja, meine ich. Sag mal ..."

„Jaaaa?"

„Was hältst du davon, wenn ich mich auf so einer Singelbörse anmelden würde?"

„Wirklich? Ich weiß ja nicht. Ich glaube da treiben sich viel zu viele zwielichtige Gestalten herum für eine so unschuldige Frau wie dich", sagte ich wahrheitsgemäß und dachte an das was Tate mir erzählt hatte, über die bisherigen Dates mit seinen Internetbekanntschaften.

„Dann hilfst du mir eben. Ich wüsste ohnehin nicht was ich da schreiben sollte und du studierst das immerhin", schlug sie vor.

„Na für irgendetwas muss es ja gut sein, was? Okay, ich mache mit, aber nur unter einer Bedingung."

Tiefes VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt