„Das ist echt...schön. Ähm, viel Spaß noch beim Feiern", presste sie gespielt wohlwollend hervor und wandte sich zum Gehen. So weit sollte es nicht kommen, denn ich hielt sie zurück. Ein wenig Wodka schwappte über den Rand ihres Bechers, als sie abrupt stehen blieb und mich aus ihren grünen Augen wütend ansah. Ich wusste nicht, was jetzt folgen würde. Aber gehen lassen konnte ich sie auch nicht.

„Warum hast du mich geküsst?"

Fuck. Ich hatte fest damit gerechnet, dass sie das Thema meiner Anwesenheit weiterverfolgen würde, weshalb diese Frage mich zugegebenermaßen aus dem Konzept brachte.

Ich musste Zeit schinden.

**

„Warum hast du den Kuss erwidert?", fragte er, überspielte dabei seine offensichtliche Nervosität mit einem Grinsen.

Gute Frage, Lee.

„Weil du mich geküsst hast. Eine Art Reflex."

Marcus nickte wissend, es war ihm aber anzusehen, dass er mir kein Wort abnahm. Zurecht.

„Und du bist hier um einen One-Night-Stand zu erwischen?"

Er versuchte vom eigentlichen Thema abzulenken. Und das ziemlich schlecht.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet."

Ich schüttete den Rest des fast vergessenen Wodkas in meinen mittlerweile leeren Becher und vervollständigte meinen Drink mit Eiswürfeln und Cranberrysaft.

Marcus hingegen schwieg.

„Schnapp ihn dir, Tiger!", rief mir eine sturzbetrunkene Cara über die Lautstärke der Musik zu, während sie sich an einen mir unbekannten Typen klammerte. Weiter hinten erblickte ich Emma, die mit einem Elftklässler knutschte. Ach du Scheiße.

Ich nickte Cara kurz zu, wandte mich dann aber wieder an den Kollegen meines Vaters.

„Also?"

„Ich könnte es nochmal tun."

„Was?" Ich zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Dich küssen", erklärte er nüchtern.

Oh.

„Ah." Zwar gab ich mich unbeeindruckt, doch meine Lippen erinnerten sich sehr wohl an die Berührung seines Mundes.

Verdammt.

Ich leerte meinen Becher in wenigen Zügen.

„Du bist verheiratet, Lee. Aber weißt du was? Wir machen jetzt ein Trinkspiel. Ich will mit eigenen Augen sehen, wie deine Fassade fällt und du aufhörst, so perfekt zu sein."

Ja, der Alkohol wirkte. Ich war eindeutig mutiger.

Zu meiner Überraschung willigte Marcus ein.

Mit einer Flasche Bourbon und zwei Shotgläsern bewaffnet setzten wir uns an den eher verlassenen Esstisch.

„Na dann, los geht's", murmelte ich zu mir selbst und füllte die Gläser.

***

Jess stellte stöhnend ihr Glas ab.

„Ich habe keine Lust mehr", meinte sie ernst, obwohl die auf dem Tisch stehende Flasche erst halb leer war.

„Hast du echt schon genug?" Ich grinste. Es war manchmal durchaus von Vorteil, viel Alkohol zu vertragen.

„Gott, fick dich. Ernsthaft. Du bist total scheiße."

Ich wollte empört erwidern, dass sie gefälligst nicht lügen solle, doch sie plapperte einfach unbekümmert weiter. Ich hörte ihr aufmerksam zu.

Break The RulesWhere stories live. Discover now