1.Kapitel (Jack)

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»Jack!«, rief jemand und ich drehte mich seufzend um. Diese nervige Stimme konnte nur einem gehören, diesem chaotischen Typen, der auf mich wirkte als hätte er eine Überdosis Koffein im Blut. Heute war Freitag. Mittlerweile war es so, dass jeder zweite Freitag unsere Tage waren – was hieß, das wir an diesem Tag etwas zusammen in einer Gruppe rumhingen. In dieser Gruppe war mein bester Freund Aaron, sein Freund Jason und dessen beiden Freunde aus dem Schachclub.

Ich hatte kein Problem damit, dass Aaron jetzt auf einmal schwul war. Im Gegenteil, irgendwie erklärte es für mich vieles, warum er nie eine Freundin hatte immer so desinteressiert wirkte... und selbst wenn er nicht ganz schwul war, man merkte einfach wie besonders Jason für ihn war und das er Hals über Kopf in ihn verliebt war. Jason war mir nicht unsympathisch, im Gegenteil, je öfter ich mit ihm sprach umso mehr merkte ich, das er tatsächlich auf eine eigene Art und Weise irgendwie ganz niedlich war, aber er hatte eindeutig seltsame Freunde.

Einer dieser Freunde war Sam, ein chaotischer Typ der sich verhielt wie ein Eichhörnchen auf Crack und manchmal ganz schön nervig war. Aber trotzdem störte es mich überraschenderweise nicht, dass er Freitags dabei war – er hatte auch irgendwie eine liebenswerte Art und erinnerte an einen Hund. Auch wenn ich Hunde nicht mochte.

Der zweite war Liam, ein seltsamer wortkarger Typ, den ich noch nie auch nur einen einzigen Satz sprechen gehört hatte. Er schrieb immer auf einen kleinen Block, den er überall hin mitschleppte und ich war mir immer noch nicht sicher, ob er stumm war oder einfach nur keine Lust hatte sich mit uns richtig zu unterhalten. Oft sah ich ihn mit Sam zusammen und es war klar dass dieser wahrscheinlich pausenlos auf ihn einredete während Liam eben einfach stumm daneben stand. So wie immer.

»Hallo Sam«, sagte ich und er grinste mich an. Sam hatte dunkelblonde Haare und braune Augen, war ein übertriebener Optimist und immer gut gelaunt. So gut gelaunt, das ich ihm an manchen Tagen am liebsten den Hals umdrehen würde, weil er mir auf die Nerven ging.

»Was machen wir heute?«, fragte er aufgeregt. Diesmal war ich damit dran zu entscheiden was wir machen sollten – Kino, shoppen (ja, Kerle tun das auch!), in eine Fast Food Kette essen gehen, Eislaufen, Bowlen... ich hatte von uns eigentlich die besten Ideen, die anderen kamen meist nur auf Dinge wie Schwimmhalle (logischerweise Aarons Vorschlag), Essen (von Jason), nichts sagen und die anderen entscheiden lassen (Liam) und natürlich begeistert sein bei allem was die anderen vorschlugen ganz egal was es war, aber selbst keine Ideen haben (Sam). Am Ende blieb es also wie schon so oft an mir hängen etwas zu überlegen was man machen könnte und möglichst etwas, was nicht jedes Mal viel Woche Geld kostete. Auch wenn keiner von uns sonderlich arm war, aber man kannte das ja, am Ende des Taschengeldes war dann immer noch so viel Monat übrig...

»Es ist Winter. Wir gehen Eislaufen. Heute ist irgendein Aktionstag, von 18-20 Uhr ist der Eintritt frei und der Verleih halber Preis«, meinte ich und Sam wippte begeistert auf und ab.

»Das klingt super.« Mir fiel auf, dass es das erste Mal war, dass Sam einmal pünktlich zum Treffpunkt erschienen war und nicht wie sonst immer fünf oder zehn Minuten zu spät kam. Er war sogar als erstes einmal da, konnte man sich das vorstellen? War er krank?

»Hallo«, sagte eine Stimme neben mir und ich sah zu meinem besten Freund Aaron, der ein kleines Stück größer war als ich und ziemlich gut aussah. Diese Art von Typ, der von den Mädchen nur so angehimmelt wurde und nur schnippen musste und sofort wären mehrere in der Warteschlange die nur auf ihre Chance warten würden. Aber obwohl er so viele Mädchen haben konnte, hatte er nur Augen für seinen Freund Jason der, wie ich fast schon behaupten würde, so etwas wie seine erste große Liebe war. Es war nicht mit anzusehen, wie die beiden sich immer anschauten und man merkte wie sie sich zusammen reißen mussten, damit sie ihre Beziehung nicht allzu öffentlich austrugen.

»Ohne Jason?«, fragte ich, da die beiden sonst fast immer zusammen klebten. Zwar nicht so stark übertrieben, aber für meinen Geschmack etwas zu viel. Oder passierte das mit einem, wenn man verliebt war, man wurde anhänglich und verbrachte jede freie Minute mit einer Person? Das wurde doch langweilig... und ich hoffte dass ich nicht auch so eine Klette werden würde, oder das Mädchen keine Klette war. Das hatte ich schon einmal und das war super nervig.

»Jason kommt gleich. Wir kleben nicht die ganze Zeit zusammen, auch wenn du das denkst«, sagte Aaron, als hätte er meine Gedanken mal wieder erraten und ich verdrehte nur die Augen.

»Immer noch zu oft für meinen Geschmack. Wie lange seid ihr jetzt zusammen? Ein halbes Jahr?«

»Etwa«, sagte Aaron und schon sahen wir Jason gefolgt von Liam auf uns zu kommen.

Jason war ein gutes Stück kleiner als ich, mit braunen wuscheligen Haaren, einer Brille und einer recht ungewöhnlichen Augenfarbe, nicht so hell wie Karamell, aber auch kein wirkliches braun.

Liam hingegen war ungefähr einen Kopf größer als ich und damit der größte aus unserer Gruppe. Er hatte dunkle Haare und dunkle Augen, war sehr schweigsam und schaute einen trotzdem immer so wissend an, als würde ihm nichts entgehen. Und vermutlich war es auch so, er schien ein guter Beobachter zu sein.

»Könnt ihr überhaupt Eislaufen?«, fragte ich in die Runde und Aaron nickte. Natürlich konnte er das, wie oft waren wir schon Eislaufen gegangen? Sam und Liam nickten ebenfalls, während Jason mit der Schulter zuckte, was ich als „es geht schon irgendwie" wertete. Wir liefen Richtung Eishalle, während mich Sam die ganze Zeit von der Seite voll quatschte, Liam wie immer stumm daneben stand und Aaron und Jason ein Stück hinter uns liefen um sich ungestört zu unterhalten.

»Wir können auch mal wieder ins Kino gehen! Bald läuft ein total angesagter Film...« meinte Sam und begann mir so ziemlich alles was er wusste darüber zu erzählen, auch wenn es mich gar nicht wirklich interessierte. Die Eishalle war praktischerweise direkt nur eine Straße vom Kino entfernt und in einer der belebteren Gegenden der Stadt. Wie man sich denken konnte gab es einige Menschen die hier waren, immerhin gab es so ein Angebot nicht sehr oft und das nutzten viele natürlich aus.

»Ganz schön voll hier. Meinst du, es lohnt sich?«, fragte Aaron, obwohl er sich keine Sorgen darüber machen musste, da er gut genug Eislaufen konnte. Aber bei Jason? Wenn er ein Anfänger war und das nicht oft tat, dann waren zu viele Menschen tatsächlich etwas hinderlich.

»Ja, ich denke es wird gehen. Aber du solltest trotzdem auf ihn aufpassen«, meinte ich mit einem Blick auf Jason, welcher dankbar zu Aaron schaute, als dieser nickte. Wir stellten uns in die Schlange und ich seufzte auf, als ich sah wie viele tatsächlich dort waren. Ich hatte es lieber, wenn ich etwas mehr Platz beim Eislaufen hatte und nicht aufpassen musste, das einem irgendwer vor die Füße fuhr...

I really love you (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt