5 ~ Der Meister

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Ich könnte eigentlich all meine Gefühle nun präsentieren, da er wusste, was passiert ist und er verstehen würde, dass es nicht mehr so leicht war, seine Gefühle zu unterdrücken.

Doch so tief wollte ich nicht fallen.
Ich versuchte ausdruckslos zu bleiben, wobei ich nicht wusste, ob mir das gelang.

Ein Unterschied zu damals. Davor wusste ich noch, wie ich wirkte.

"Liliana, verstell dich nicht. Deine brav zurückgehaltenen Emotionen spielen nun die elementaren Rollen bei dir. Es würde genau so wie von deinem zehnten Geburtstag an wieder Jahre dauern, bis du deine Gefühle vollständig versteckt hättest.
Wir bräuchten Zeit. Zeit, die wir nicht haben. Wir bilden keine Oceans aus, damit wir sie erst in ein paar Jahren einsetzen konnten. Doch es wäre zu gefährlich, wenn nicht. Du wärst uns nur ein Klotz am Bein mit deinen von Gefühlen gesteuerten Taten."

Die Angst überkam mich wie mit einem Schlag. Was meinte er? Was wollte er mit mir tun?

Das durfte alles nicht passieren. Ich hatte jahrelang auf diesen Tag gewartet und nun das. Es konnte nicht so ausgehen. Doch ich konnte es ihnen nicht verübeln, wenn sie mich beseitigen wollten. Immerhin störte ich nur.

Die Angst vermischte sich in einem gefährlichen Zusammenspiel mit plötzlich aufkeimender Trauer.

Meinem Vorbild Lia nachhandeln. Meinen Auftrag absolvieren. Meine Mutter stolz machen.

Das würde nicht mehr funktionieren.

Ich spürte ein Kratzen in den Augen. Doch bevor ich realisieren konnte, was dies war, lief schon eine feuchte Substanz in Form eines kuppelförmigen und an einer Stelle spitzen Etwas' meine Wange hinunter. Eine Träne.

Ich weinte. Seit 7 Jahren hatte ich nicht mehr geweint.

Ich war gerade einmal 11, als ich herausfand, dass Weinen nichts Notwendiges war, als ich mich am Knie verletzte.

"Olivia, nein! Was hast du gemacht?", fragte mich meine Mutter.

"Ich habe mich an dem Zaun gestoßen, als ich losgerannt war. Halb so wild.", versuchte ich sie zu beruhigen.

Ich blutete stark und es tät höllisch weh. Zumindest glaubte ich das. Doch sah ich von dem Moment an nie wieder mehr, die Wichtigkeit darin zu weinen. Manche bezeichneten es als Gefühlsentlass, doch so etwas durfte doch bei uns gar nicht passieren. Wir durften unsere Gefühle nicht so weit nach vorne kommen lassen, um sie heraus zu spülen. Noch dazu würden sie sowieso wiederkommen.

Bei mir ging das alles ganz schnell. Mit 10 wurde ich in das Generationsgeheimnis, welches die Existenz der Sekte und dessen Notwendigkeit der Zurückhaltung der Gefühle beinhaltete, eingeweiht und ein Jahr später hatte ich meine Kontrolle schon so weit, dass ich nicht mehr auf diese lächerliche Art und Weise der Emotionspräsentation zurückgreifen musste.

Ich war schon immer sehr schnell beim Erlernen von Allem.

Einmal meinte mein Großonkel zu mir, dass meine Einweihung auch schon mit 15 hätte sein können, weil ich schon bereit war. Vielleicht hätte es damals keine Komplikationen gegeben.

Vielleicht.

Vielleicht würde es diesmal auch nicht lange dauern, meine Gefühle zu verstecken.

~ Seventies ~ Eine Sekte, die keine Gnade kennt Onde as histórias ganham vida. Descobre agora