Everyday at midnight {I look up to the stars}

■7

Sie nach ihrem Namen fragen. Klingt doch ganz einfach.

»Hi, ich bin Elias und du bist?«
»Hey! Du stehst wohl auch auf von Maden zerfressene Bänke und stille Einsamkeit. Ich bin Elias und du?«
»Mein Name ist Elias. Ich komme aus der Zukunft, um ein Mädchen zu retten. Vielleicht bist du das ja. Bekomme ich deinen Namen?«

Seht ihr? Ganz easy.

Ich fahre wie jede Nacht zum Rand des Feldes, stelle meinen Motorroller ab und lasse den Helm hängen. Angst vor Dieben habe ich nicht. Niemand würde Schrott stehlen.
Sie sitzt schon dort. Wie lange wohl schon? Und wann geht sie nach Hause? Ist sie vielleicht tot? Ich war nie näher an ihr dran, vielleicht sitzt da eine Leiche und ich habe es nie bemerkt!

Vorsichtig nähere ich mich der Bank, warte einen Moment ab und setze mich neben sie. Geschafft. War doch gar nicht so schwer. In diesem Moment sehe ich, wie sie sich bewegt. Nur flüchtig, kaum zu bemerken. Sie mustert mich und sieht wieder zu den Bäumen hoch. Sie riecht nach Orangen, nicht nach Leiche.

Ich öffne den Mund, doch in diesem Moment steht sie auf. Es ist das erste Mal, dass sie das tut und ich kann sie nur mit offenem Mund hinterherstarren. Glaubt sie etwa, die Bank gehört ihr alleine? Ich hab das Hausrecht, ich war schon länger hier!

»Hey?«, rufe ich unüberlegt und springe von der Bank auf. »Das ist nicht deine Bank.«

»Deine auch nicht.«

Es ... spricht. Oh mein lieber Gott, es spricht! Ihre Stimme klingt rau und kratzig, trotz ihres zierlichen Körpers. Vielleicht ist sie in Wahrheit ein Kerl?

»Nein, aber ...« Scheiße. Was soll ich sagen?

Sie läuft noch immer davon, ich ihr hinterher. Wir müssen ein witziges Bild abgeben.

»Lern erstmal, dich ordentlich zu artikulieren. Oder hat deine Mami dir das nicht beigebracht?«

»Ich habe zwei Mütter!«, schreie ich. Ja. Genau. Mein unschlagbares Argument auf ihre Beleidigung ist, dass ich zwei Mütter habe. Glanzleistung, Elias. Hervorragend gelöst. Immerhin habe ich meine Bank und meine Bäume wieder für mich.