An eine gedankliche Person

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Vermissen ist echt das schlimmste auf der Welt. Und am allerschlimmsten ist es, wenn die Person, die du so sehr vermisst, direkt neben dir steht, mit dir spricht, als wär alles so wie immer und du gar nicht weißt, warum du die Zeit davor, in der alles irgendwie anders und besser war, überhaupt vermisst.
Ja, ich weiß, das hört sich echt dämlich an, dass ich selbst nicht einmal weiß, was los ist - insbesondere mit mir. Vielleicht komm ich damit nicht klar, dass wir uns in so kurzer Zeit so verändert haben, dass wir uns am Ende selbst gar nicht mehr richtig wiedererkennen. Oder wir uns so fremd geworden sind, dass ich nicht mehr weiß, ob ich wirklich noch sicher sagen kann, dass ich dich ziemlich gut kenne. Klar, wir haben uns gegenseitig versprochen, immer füreinander da zu sein und vielleicht seh ich alles auch viel zu verklemmt und interpretier in alle möglichen Verhalten viel zu viel rein und mache mir um alles Mögliche viel zu viele Gedanken, aber ich weiß mittlerweile echt nicht mehr, was genau denn jetzt unser Problem ist und warum das grad alles so komisch läuft. Ich weiß, dass du das oft so nicht siehst und auch gar nicht mitbekommst bzw. mit Absicht machst, aber irgendwie hast du dein Verhalten mir gegenüber auch ziemlich geändert. Weißt du, ich komm mit diesen Stimmungsschwankungen nicht klar. Wahrscheinlich hab ich selber die größten, und bin eh das größte Problem an allem überhaupt. Und wahrscheinlich weißt du auch wieder nicht, was ich damit meine. Wie auch. Du hast mir immer gesagt, dass alles in Ordnung sei. Aber ich glaube das nicht, sonst wär das alles nicht so komisch und wechselhaft. Vielleicht interessiert es dich ja auch gar nicht, das muss es ja eigentlich auch nicht, dieses ganze Schlamassel ist eigentlich nur mein Problem mit dem ich alleine fertig werden muss. Und trotzdem bist du ein Großteil davon und trotzdem krieg ich es nicht gebacken das in den Griff zu bekommen, wahrscheinlich genau deswegen. Und dann bin ich auch so unglaublich sauer auf dich, weil du nicht verstehst, was ich dir schon so oft versucht hab zu sagen und du meine ganzen Zweifel und Sorgen abschwichtigst und so tust, als wär alles wie früher. Ich weiß, ich bin naiv, empfindlich und mache mir zu viele Gedanken, viel zu viele. Und am Ende mache ich alles nur noch schlimmer und Probleme wo keine sind. Das schlimme ist, ich brauche dich, weil du mir eigentlich ziemlich wichtig bist, aber irgendwann hab ich auch keine Lust mehr, ständig allen möglichen Leuten hinterherzurennen, auch wenn diese mir sagen, wie unglaublich wichtig ich ihnen bin. Weil ich Angst hab, sie zu nerven und auf keinen Fall verlieren möchte und da gehörst du dazu. Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit, weißt du. Und ich möchte keine Ersatzfreundin sein, nicht schon wieder und immer nur dann gut genug sein, wenn du einen jemanden brauchst, der dir zuhört und mit dem du dich dann vor allen anderen identifizieren kannst, wie mit so einem Aushängeschild. Doch so läuft das nicht und ich weiß nicht, warum du so anders bist, wenn wir alleine sind, im Gegensatz dazu, wenn andere dabei sind. Ich versteh das wirklich nicht, wie so vieles andere auch nicht und das macht mich auch irgendwie traurig, das alles jetzt so ist wie es ist. Und wütend. Aber irgendwie vermisse ich dich auch. Sogar ziemlich oft.
Und ich weiß, du wirst das hier niemals lesen. Ich bin so unglaublich feige. Zu feige, um dir das alles ins Gesicht zu sagen. Zu feige, um dir einen neuen Brief zu schreiben - irgendwann nutzt sich auch diese Methode aus. Und selbst wenn ich dir das alles sagen würde, würde am Ende die Hälfte von alledem fehlen, was ich mir im Vorfeld so schön zurecht gelegt hatte. Vielleicht liegt das auch ein kleines bisschen an dir, dass ich alle meine Worte vergesse, vielleicht aber auch nicht. Ich hatte es noch nie wirklich mit Reden.

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