Kap. 1 - Hanna -

22 5 3
                                    


Fürchterliche Hitze durchströmte ihren Körper und tausend Arme griffen nach ihr, zerrten sie mal nach links, mal nach rechts.

Aufwachen!" Dachte sie. „Du mußt aufwachen!"

Als beißender Rauch in ihre Lunge quoll, schlug Hanna die Augen auf und sah - daß sie brannte. Lichterloh!

Einen Moment wankte sie, um zu realisieren, was mit ihr geschah. Dann riß sie sich von den Stricken los, die sie nur noch halbwegs am Pfahl des Scheiterhaufens hielten und rannte sie wie von Sinnen. Ihr ganzer Körper war ein einziger Schmerz. Sie schrie um Hilfe, doch alle Menschen um sie herum wichen mit angsterweiterten Augen vor ihr zurück. „Die Hex' ist frei!" schrie jemand, Tumult brach aus. Die Neugierigen unter den Schaulustigen drängten nach vorn, während andere erschreckt versuchten, sich durch die Masse zu zurückzuzwängen. Hanna bemerkte von all dem nichts. Die Flammen umgaben ihren Kopf, und fraßen sich knisternd durch ihre dichten, langen rotbraunen Haare, brannten leckend ihre Haut in Fetzen. Alles war Feuer! Sie konnte es riechen, sie schmeckte es, sie atmete es. Und schon von weitem mußte sie einer lebenden Fackel gleichen.

Der beißende Qualm stach in ihre Augen und ihre Kräfte schwanden. Sie würde sterben. Das war ihr bewußt. Ihre Stimme versagte bereits, als sie vor sich den großen Mann in seinem dunklen Umhang sah. Er stand als Einziger wie angewurzelt da und blickte auf sie herab.

Hilf mir", flehten ihre Augen ihn an.

Und er - öffnete seine Arme, umschloß sie und alles wurde schwarz ...



TraumscherbenWhere stories live. Discover now