Flashback Dezember 1943

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Die Bomben fielen immer noch in regelmäßigen Abständen.

Doch sie waren in weiter Entfernung. Schlimmer waren die Scharfschützen, die sich überall verschanzt haben konnten und auf alles schossen, was sich bewegte.

Die Häuser um mich herum standen teilweise nur noch zur Hälfte. Es roch verbrannt und überall stieg Rauch auf.

Ich zitterte in meinem Versteck, weniger vor Kälte eher gelähmt vor Furcht. Trotzdem schaffte ich es, mich hoch zu ziehen und durch einen Spalt zu linsen. Ich suchte mit den Augen den kleinen Hof ab und starrte auf jeden Schuttberg, immer mit der Angst Vertrautes zu entdecken. Einen Handschuh oder ein Bein, das ich kannte.

Dann sah ich sie.

Zwei kleine Kinder rannten auf mich zu.

Oh Gott, waren es meine?

Der kleine Junge zählte vielleicht fünf Jahre, das Mädchen war älter. Ich schätzte sie auf ungefähr Sechs oder eher auf Sieben. Sie waren beide dick eingepackt und hielten sich beim Laufen an den Händen.

Panik stieg in mir hoch. Warum haben sie ihre Deckung verlassen?

Ich wollte ihnen entgegen laufen, sie in meine Arme schließen, aber ich konnte mich nicht rühren. Ich rief irgendetwas und ihre Augen leuchteten, als sie mich hörten. Der Junge strahlte mich an.

Dann fielen Schüsse und sie stürzten der Länge nach hin.

Mein Mund war offen und ich schrie, aber heraus kam kein Ton. Ich bekam keine Luft und glaubte jeden Moment zerrissen zu werden. Star vor Entsetzen starrte ich auf die zwei kleinen Körper, die im Schnee lagen. Sie rührten sich nicht. Es war, als hätte man mich einfach in der Mitte durchgeschnitten, ich konnte meine Augen nicht von ihnen abwenden und schrie immer noch tonlos. Alles in mir schrie.

Dann starb ich ein weiteres Mal.

Der Morgen katapultierte mich aus der Tiefe der Schwärze zurück in die Realität.

Es war zu schnell.

Das Blut rauschte mir noch in den Ohren und mein Herzschlag stolperte vor sich hin, als käme er mit dem Klopfen nicht hinterher. Vor Schreck riß ich die Augen auf und wurde vom gleißenden Sonnenlicht geblendet. Tränenerstickt, den Hall meiner Schreie noch in den Ohren, blinzelte ich in das fröhliche Blau des Himmels, das mir verschmitzt zuzwinkerte, als würde es mir einen wunderschönen guten Morgen wünschen.




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⏰ Last updated: Dec 23, 2015 ⏰

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TraumscherbenWhere stories live. Discover now