2. Familienkonferenz

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"Das ist ein ziemlich großer Wunsch", sagte Papa und Mama nickte zustimmend.

"Du hast doch schon ein Computerspiel", sagte Mama und Papa nickte und ergänzte: "An meinen Laptop kannst du manchmal auch."

"Das kann man nicht vergleichen." Julian holte die Broschüre zurück, blätterte hastig und zeigte eine Seite vor. "Hier könnt ihr sehen, was man alles an die Playstation anschließen kann. Es ist das neueste Modell, mit Internet und allem Drum und Dran."

"Ich weiß nicht. Die Dinger sind teuer", sagte Mama. "So viel können wir dieses Jahr nicht ausgeben."

"Es ist mein allereinzigster Wunsch."

Julian spürte, dass er mit Betteln und enttäuschter Mine auf verlorenem Posten stand. Die Argumente, die ihm jetzt fehlten, standen bestimmt alle in dem Heftchen. Er hätte es sich vorher anschauen sollen.

"Ihr müsst euch das alles heute Abend in Ruhe durchlesen." Julian fing sofort selbst damit an, doch bereits die ersten Zeilen erwiesen sich als Elternlektüre gänzlich ungeeignet. Viel zu technisch.

"Meinetwegen können dann im nächsten Jahr die Geschenke ausfallen. Zu Weihnachten und zum Geburtstag gleich mit."

Die Eltern begannen wieder zu essen.

"Leg mal weg. Ich glaube, das wird nichts", sagte Papa mit vollem Mund.

Julian ließ den Kopf sinken. "War ja klar. Wenn ich mir schon einmal was wünsche."

"Nun schmolle nicht. Was hast du denn morgen vor?" Diesen Versuch der Mutter, einfach das Thema zu wechseln, wollte Julian ihr nicht durchgehen lassen und er ignorierte ihre Frage. Das Schweigen am Tisch dauerte eine Weile. Dann nahm Papa den Gesprächsfaden wieder auf, doch leider setzte er zu einem seiner Vorträge an.

"Nicht jeder Wunsch geht gleich in Erfüllung. Das musst du lernen. Mama und mir geht es nicht anders. Wenn wir ein neues Auto wollen, sogar dringend brauchen, müssen wir arbeiten und sparen und lange warten, bis das Geld dafür reicht. Klar, das macht Mühe, man muss sich anstrengen und man braucht eine Menge Geduld."

Wirklich neu und vor allem hilfreich klang das für Julian nicht.

"Sich etwas anzuschaffen, das vorher verdient wurde, gibt ein ganz anderes Gefühl. Die Dinge bekommen einen höheren Wert, man weiß sie viel mehr zu schätzen als ein Geschenk. Du bist schon alt genug, um das einmal zu erleben."

Ein kategorisches Nein hörte sich anders an. Julian witterte eine Chance und dachte nach.

"Mach ihm keine falschen Hoffnungen", warf Mama ein. "So groß ist er nun auch noch nicht."

"Aber ja. Er krächzt doch bereits, als habe der Stimmbruch angefangen."

"Noch lange nicht. Er ist einfach ein wenig heiser. Stimmt's Julian?"

Um Mamas Kleiner zu sein gab es andere Gelegenheiten. Natürlich war er alt genug, nur waren seine Einkunftsquellen äußerst überschaubar.

"Ihr könntet mein Taschengeld erhöhen."

Papa lachte. "Das wäre zu einfach. Geld verdienen geht anders."

Julians Gesicht wurde zu einem großen Fragezeichen.

"Deine Arbeit ist die Schule. Wie wäre es, wenn wir Zensuren vergüten? Bei einer Eins gibt es fünf, bei einer Zwei zwei und bei einer Drei einen Euro. Was haltet ihr davon?"

Die Mutter war skeptisch, Julian überschlug, was ihm dieser Vorschlag einbringen könnte. Fünf, vier und drei Euro wäre eine Staffelung, die ihm besser gefiele, zumal er in Klassenarbeiten meist Dreier bekam. Der Vater ließ sich auf keine Verhandlungen ein. Es habe schon seinen Grund, Leistung nenne man das. Er müsse sich schon etwas mehr anstrengen als bisher.

"Das dauert doch hundert Jahre, bis ich das Geld zusammenhabe."

"Nun leg erst einmal los. Bis Weihnachten ist es noch eine Weile, vielleicht wird es bis zu deinem Geburtstag im Frühjahr dauern. Wir werden sehen. Oma und Opa stecken dir doch auch immer mal wieder etwas zu, wenn du sie besuchst."

Einen Versuch war es wert. Julian wollte sich ab sofort kräftig ins Zeug legen. Schließlich fachte Mama das Fünkchen Hoffnung zu einer Flamme an, in deren Licht die ersehnte Playstation in greifbarer Nähe erstrahlte: "Und wenn am Ende etwas fehlt, geben wir es dazu."

Julian und der ausgefallene WunschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt