Kapitel 2 ~ Saal voller Spiegel

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"Hier kannst du dich noch von deiner Mutter oder so verabschieden."
Die blonde Frau macht eine ausladende Geste, als wolle sie mir einen prächtigen Palast und nicht den kleinen, dunklen Raum hinter der Bühne zeigen.

"Du wirst dann von jemandem auf die Bühne gebracht." Sie öffnet die Tür und wir treten auf eine kleine Bühne mit einem Rednerpult, die sich in einen großen Saal befinden. Er ist festlich geschmückt und in der Mitte hängt ein riesen großer Kronleuchter von der Decke.

Der Saal hat eine hohe Decke und auf beiden Seiten hohe Rundbögen Fenster. Die Wände sind in einem warmen Beige gestrichen, welches perfekt zu den Weinroten Stühlen passt. Sie stehen in einen Halbkreis, der in der Mitte geteilt ist vor der Bühne. Es sind mindestens 300 Stühle.
Der Boden und die Bühne samt Pult sind aus dunklem Mahagoni.
Alles sieht sehr edel und sehr teuer aus.

"Wow." Mehr als das Wort bekomme ich heute wohl nicht über die Lippen.

"Da du die Nummer 12 bist, wirst du auch als zwölftes verkauft. Du setzt dich nach deinem Verkauf dann zu den Mädchen, die vor dir verkauft wurden da hin." Sie deutet auf eine Bank neben der Bühne, auf der wir stehen.

"Nach der Auktion wirst du zu einem Raum gebracht, in dem dir ein Mikrochip unter die Haut gesetzt. Es tut nicht weh. Er wird dir eingespritzt. Wie bei einem," sie macht eine Pause um das richtige Wort zu finden. "Hündchen." Sagt sie dann mit einem selbstgefälligen Grinsen.

Sie vergleicht mich mit einem Hund. Denke ich und verziehe wütend das Gesicht. Die Frau bemerkt meine Wut nicht und geht weiter zwischen den Stühlen durch. Ich trotte ihr hinterher. Wie ein Hündchen. Ich seufze.

"Nachdem du den Chip bekommen hast, wirst du zu deinem Käufer gebracht. Der entscheidet dann, ob ihr noch hier bleibt oder nach Hause fahrt."

° ° ° °

"Wenn du da rein gehst, vergiss nicht, was ich dir gerade gesagt habe."

"Ich soll gerade stehen, lächeln und den Blick gesenkt halten. Schon ok Mom." Ich verdrehe die Augen.
Meine Mutter legt mir eine Hand auf die Schulter.

"Du musst einen guten Eindruck hinterlassen Be. Sonst kommst du bei irgendeinem alten Mann unter."
Ich hasse diesen Namen.
Be.
Meine Mom nennt mich immer so. Ich habe keinen richtigen Namen. Ich habe eine Nummer.
12b. So heiße ich.

"Und was wäre so schlimm daran?" frage ich genervt.

"Willst du lieber einem alten Mann beim duschen helfen oder bei einer wohlhabenden Familie das Geschirr spülen?" sie hebt eine blonde Braue.

Meine Mom sieht ganz anders aus als ich. Während sie blonde Haare und hellblaue Augen hat, sind meine Haare dunkelbraun und meine Augen fast schwarz.
Meine Mutter hat eine große Nase, kleine Augen und eine rundliche Figur.
Ich bin groß, schlank, habe große Augen und eine kleine Stupsnase.
Aber die Frau ist ja auch nicht wirklich meine Mutter. Sie hat mich nur geboren.

Ich seufze.
"Ist ja gut."

Meine Mom lächelt und zieht mich vorsichtig in die Arme.
Ich lächele und schmiege sich an sie, ganz vorsichtig um mein Make Up nicht zu ruinieren.

"Ich hab dich lieb Be." Flüstert meine Mom.

"Ich dich auch Mom."

Jemand räuspert sich und meine Mom gibt mich widerwillig frei.

Ich lächele noch einmal und drehe mich dann zu einem hoch gewachsenen, schwarzhaarigen Mann um.

Er sieht sehr streng aus, aber als er mich an lächelt, fällt ein Teil meiner Anspannung ab und ich straffe die Schultern.

"Nummer 12b. Du bist dran." Sagt er mit einer tiefen, rauen Stimme.

Ich atme noch einmal tief durch, blicke noch einmal über die Schulter zu meiner Mom, die mir eine Kusshand zuwirft und dann gehe ich mit dem Mann auf die Bühne.

Ich sehe mich in dem Saal um. Er ist voller Menschen. Mehr, als ich je zuvor gesehen habe.

An dem Rednerpult steht eine große Frau in einem weinroten Kleid. Ihre schwarzen Haare fallen ihr in weichen Wellen über die Schulter.

"Nächstes Objekt, Nummer 12b. Startgebot sind 10$."

10$. So viel bin ich wert.
Ich stelle sich gerade hin, lächele und halte den Blick gesenkt.

"1000." Es ist eine Frauenstimme.

"3000." Sagt ein Mann.

Mein Gehirn blendet die Zahlen aus und ich konzentriere mich auf einen Punkt auf dem sonst makellosen Boden.

"Zum ersten, zum zweiten-" die Frau wird von einer jungen Männerstimme unterbrochen.

"4500."
Ich hebe den Blick und sehe den Mann, der ein Schild mit der Nummer 39 hoch hält an. Seine Augen sind eisblau und es ist, als blicken sie mir direkt in die Seele.

"4500 Dollar. Zum ersten, zum zweiten, zum dritten, verkauft für eine 4500 Dollar an den Herrn mit der Nummer 39."
Applaus ertönt und ich gehe zu der Bank, an dem 11 andere Mädchen sitzen. Bis auf die Farbe ihrer Kleider sehen sie aus, wie sie.

Es ist, als sitze ich in einem Saal voller Spiegel.

Das ProjektWhere stories live. Discover now