Beginn einer wunderbaren Freundschaft (Kap. 3)

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Als ich an einem recht sonnigen Tag, es war der 13. August 1987, mein 36. Geburtstag, in den Gotthard Tunnel einfuhr, konnte ich nicht ahnen, was mich nach 16 km Fahrt auf der Alpensüdseite erwartete: Ein Schneechaos im August. Ich rutschte, schlitterte und schlich mit meinem neuen Mercedes einige Kilometer Richtung Tal und hoffte, dass diese Verkehrskatastrophe kein schlechtes Omen sei.

Artisten sind nun mal abergläubisch. Heute war auch ein ganz besonderer Tag, denn ich fuhr in den Zoo Al Maglio an der schweizerisch-italienischen Grenze, um dort ein drei Monate altes Pantherbaby zu kaufen.

Die Genehmigungen hatte ich in der Tasche und nichts konnte mich aufhalten, meinen Traum von einer Groß- Illusions-Show mit Raubkatzen zu verwirklichen.

»Haben Sie eigentlich Ahnung von Raubkatzen?« Diese Frage wurde mir sehr oft gestellt. Ich dachte mir, der Panther ist im Umgang mit dem Menschen genauso ungeübt wie ich im Umgang mit Raubkatzen, so ist keiner von uns im Nachteil.

Der Zoodirektor, Herr Roland Fehr, dem ich sehr viel zu verdanken habe und bei dem ich mich noch einmal bedanken möchte (leider nur posthum, da er bereits viel zu früh gestorben ist), brachte mir dann in einer Transportkiste mein Baby.

Baby war natürlich nicht sein Name, denn ich gab ihm schon vorher den imposanten Namen Zeus. Trotzdem ist er bis heute mein Baby, mein Kind geblieben, obwohl mit den Jahren noch eine Menge Artgenossen von Zeus zu uns kamen.

Wir kamen gut nach Hause, wo schon ein wunderschönes Gehege mit Klettermöglichkeiten, Kratzbäumen, Schlafkiste etc. bereit stand. Jetzt musste ich die Transportkiste im Gehege öffnen und zum ersten Mal in meinem Leben einem schwarzen Panther (wenn auch im Taschenformat) ohne schützendem Gitter gegenüber stehen.

Okay, es war ein Baby, aber die verhältnismäßig großen Pfoten hatten bereits rasierklingenscharfe Krallen, die einen Menschen ganz schön verletzen könnten. Es gibt nicht viele Augenblicke im Leben eines Menschen, den er nie vergessen wird, das war einer dieser Momente. Ganz langsam, vorsichtig schleichend, aber völlig unspektakulär kam er aus seiner Kiste, denn er interessierte sich mehr für seine neue Heimat als für mich.

Auf Anraten des Zoobesitzers ließ ich den Kleinen alleine, damit er sich in Ruhe eingewöhnen möge. Neugierig beobachtete ich ihn aus einiger Entfernung. Ein unvergleichlicher Stolz und auch ein Glücksgefühl überkamen mich, dass man tatsächlich bis in die Zehenspitzen fühlen konnte.

Das ich dachte, die Sache wäre für diesen Tag erledigt, führte ich darauf zurück, dass ich wirklich keine Ahnung von Raubkatzenbabys hatte. Um ca. ein Uhr nachts hörte ich erst ein sehr zaghaftes, dann aber immer eindringlicher und herzerweichender werdendes Maunzen aus dem Gehege. Der kleine Milchzahn-Macho ruft nach der Mama. Und war ich nicht auch seine Mama?

Raus aus dem Bett, rein in eine feste Lederjacke, runter zum Baby, rein ins Gehege. Eine Viertelstunde später lagen wir zusammengekauert eng umschlungen und schliefen auf hartem Boden, aber sehr glücklich unserem ersten gemeinsamen Morgen entgegen. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die man beim Zusehen unserer Show auch als Zuschauer fühlt.

Fortsetzung folgt ...


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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 10, 2015 ⏰

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