Mein Handy schalte ich danach aus, glühe vor Wut und Trauer und Hass und ich will alles um mich zerstören, einfach weil ich dieser blöden Kuh auch noch geantwortet habe und sie mich herum kommandiert, als seie ich ein Hund. Und die Tatsache, dass mein Vater im Haus hockt und sich seinen Kopf zutrinkt oder vollraucht macht mich noch viel wütender und trauriger und hasserfüllter. Ich möchte die Gegend sprengen und alle Häuser in den Boden reißen. Selbst Kitty, diese blöde Katze von unserer Single-Nachbarin Frau Bernstein, die ihren Mann aus dem Haus gejagt hat, da er ihre teuren Vasen zerbrochen hat, möchte ich verscheuchen, als sie wieder aus dem Gebüsch hervor kommt und sich bei mir mit ihren großen Augen und einem Schnurren einschleimen will. Sie hat versucht einen Vogel zu killen, oder hat es schon längst getan. Blöde Mörder-Katze. Geh weg.
Sie faucht mich noch an, als ich aufstehe und zur Haustür gehe. Ich fluche innerlich. Verflixtes Vieh.

Meine fleischigen Finger, ja fleischig, fischen den Hausschlüssel aus meiner Schultasche. Ich schaue auf den bunten Anhänger daran. Ein Schild, auf dem Hope/Love/Truth steht, und ich mir jedes Mal, wenn ich diesen Anhänger sehe, nur denke, wie verzweifelt der Erschaffer dieses kleinen Kunststückes gewesen sein muss, um drei englische Wörter auf ein Stück Blech zu schreiben, die in einem anscheinend positive Schwingungen erwecken sollen. Bei mir erwecken sie jedoch bloße Gleichgültigkeit und noch immer den Hass auf mein Leben, den ich aktuell verspüre.

Mit meinem Fuß trete ich beinahe die knarzende Tür ein, nachdem ich sie aufgeschlossen habe, und ich bei dem Anblick des Hauses einen halben Nervenzusammenbruch bekomme. Überall liegen Sachen verstreut herum, zerbrochene Vasen liegen auf dem Boden -was mich dezent an Frau Bernstein erinnert-, und CD's, sowie auch Schallplatten, haben ebenfalls ihren Platz in zerbrochener Ausstattung auf dem Boden gefunden.

»Was zur Hölle?«, sage ich leise zu mir selber; wage es einige Schritte vorwärts zu machen und erstarre aus Angst, als ich etwas an meinen Beinen spüre.

Kitty's schwarze Gestalt hechtet um meine Beine und sucht wahrscheinlich nach Zuneigung, die ich ihr aber nicht geben will, da ich sie nicht mag. Sie ist bloß ein Tier auf dieser Welt, dem meine Liebe im Grunde nichts wert ist, da sie von ihrem Frauchen überfüttert wird mit Katzenfutter und Leckerchen. Ein schrilles Miauen, das sich beinahe wie ein Schrei anhört, kommt aus dem kleinen etwas an meiner Fußregion. Es hört sich in etwa wie ein Hilferuf an, der wohl sagen soll:
»Hilfe Mama Bernstein, mach mir die Haustür auf und gib mir endlich mein Futter, damit ich nicht mehr bei diesem doofen Lockenkopf herumschleimen muss, um Aufmerksamkeit zu bekommen.«

Ich rolle meine Augen, trete mit meinen wackeligen Beinen einen Schritt vor den anderen. Im Haus ist es kälter als draußen, so hab ich das Gefühl. Es fühlt sich an wie Minusgrade am Nordpol, die mich erfrieren lassen wollen. Draußen ist es Herbst, also ist es im Haus so ziemlich Winter. Auf den Treppen liegen Bücher verstreut, darunter auch gefallene Seelen. Ich frage mich mehr, wo Pamela diesen Batzen versteckt hatte, als was hier passiert ist, aber dennoch rufe ich:
»Dad? Dad, wo bist du?« aber bekomme keine Antwort.

Nur Stille, die mich so lange anschweigt, bis ich draußen ein Fahrzeug höre, das stehen bleibt. Ich stehe mitten im großen Flur, auf den weißen Fliesen, in denen Kitty und ich uns selber wiederspiegeln, und sehe hinaus zu dem Bus, aus dem gerade Lucy steigt, und ihr blondes Haar aus einem Zopf löst. Erst jetzt fällt mir auf, dass mein Witz mit dem Bus vorhin garnicht mal so schlecht war.

Sie hält direkt inne, als sie mich im Haus stehen sieht. Der ganze Trümmer neben mir. Ich weiß was sie denkt, ihre Lippen öffnen sich. Sie glaubt, ich seie an allem schuld. Ich habe dies gemacht. Ich seie die Übeltäterin, dabei sieht es für mich eher nach einem Einbruch aus, von dem jedoch Einbruchsspuren an Türen oder Fenstern fehlen. Ein durchdachter Einbruch, der mir auch irgendwie Angst macht.

Selected | Apecrime [COMPLETED]Where stories live. Discover now