#2 Schlechte Nachricht

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,,Bitte Charly. Glaub mir, es war nur eine Wette. Ich hätte sie niemals geküsst. Ich-", fleht Chris. ,,Nein! Kann ja sein, dass es eine Wette war, aber dann lass dich doch einfach nicht auf solche Wetten ein! Man Chris, du hast mich betrogen!", schreie ich und drehe mich um. Wie gestern verschleiern mir auch jetzt Tränen die Sicht. ,,Warte!" ,,Lass mich in Ruhe!", schreie ich und bahne mir einen Weg durch die Schülermassen, die sich um uns versammelt haben. Ich werfe ihnen böse Blicke zu und sofort weichen sie zurück. Ella läuft neben mir her.
Schließlich kommen wir an der Mädchen-Toilette an. ,,Jetzt erzähl erst mal!", fordert sie mich auf, als ich mich einigermaßen beruhigt habe. ,,Auf der Party ... am Sonntag, bei Ryan. Weißt du noch?" Sie nickt und hält mir ein Taschentuch hin. Dankend nehme ich es an. ,,Irgendwann war Chris weg. Einfach weg. Und rate mal, wo ich ihn wieder gefunden hab' " Ella überlegt kurz, dann nimmt ihr Gesicht einen wütenden Ausdruck an. ,,Bei der Bitch, oder?" Ich nicke, Tränen rollen mir über's Gesicht. ,,Och Süße, du hast alles richtig gemacht. Chris ist ein Idiot!" Ich nicke wieder und rapple mich auf. Ella umarmt mich fest. Ich richte noch kurz meine Schminke und Ella öffnet die Tür zum Flur. Draußen erwarten uns schon einige Mädchen, manche kenne ich, manche nicht. Gina und Alice, meine anderen besten Freundinnen, schauen mich nur fragend an. Ella erklärt ihnen flüsternd die Situation und sie nicken beide. Dann umschließen sie mich und zusammen quetschen wir uns durch die erstaunten Mädchen. Ich blende das Stimmengewirr aus, doch plötzlich erreicht mich eine Frage. ,,Habt ihr euch getrennt?" Ich drehe mich abrupt um. Ein junges Mädchen, vielleicht 14 Jahre alt,  steht in mitten der schnatternden Menge und schaut mich aus ihren nussbraunen Augen erwartungsvoll an. ,,Wie heißt du?", frage ich sie. ,,Lucy.", antwortet sie entschieden. Irgendwie beeindruckt mich dieses Mädchen. ,,Woher weißt du das mit mir und Chris?" ,,Jeder redet hier davon. Ich hab' euch als Paar gemocht." Ich staune. Ich weiß, dass Chris und ich eins der schönsten Paare, laut einer inoffiziellen Umfrage, an dieser Schule waren. Aber das wir sogar bei Mädchen in den Unterstufen so beliebt waren, das wusste ich nicht. ,,Tja, weißt du... er hat eine andere geküsst. Kannst du es jetzt verstehen?" Sie nickt. Ich lächle. ,,Ich find's gut, dass du dich getrennt hast.", lächelt sie, dreht sich um und läuft davon. Erstaunt und verwirrt schaue ich ihr nach. ,,Okay..." Ella steht neben mir. Ich zucke mit den Schultern. Dann reißt uns die Klingel aus der Starre.

,,Bin wieder da!", rufe ich halbherzig durch's Haus. Nachdem ich meine Tasche in ein Eck meines Zimmers gepfeffert habe, stelle ich mich vor meinen Spiegel. Meine Eltern dürfen nichts von der Trennung merken. Noch nicht.
Langsam gehe ich wieder die Treppe hinunter. Ich entdecke meine Mum in der Küche. Vielleicht ist es doch besser, wenn ich ihr alles erzähle. ,,Mum ...", setzte ich an. ,,Was gibt's?" ,,Ich..." Jetzt muss es raus! ,,Ich übernachte demnächst bei Alice. Weiß aber noch nicht wann.", murmle ich. Sie schaut mich durchdringend an. Bevor mein Pokerface bricht, schaue ich auf den Boden. Dann wendet sich meine Mum wieder dem Essen zu.

,,Jacob! Felicitas! Charly! Kinder, kommt mal runter!", schreit meine Mum. ,,Mum, wir sind keine Kinder mehr!", stöhnt mein großer Bruder Jacob und läuft die Treppe runter. Ich schmunzle und laufe ihm hinter her. Auch meine kleine Schwester Fee trampelt über die Steintreppe. Erwartungsvoll setzen wir uns unseren Eltern gegenüber. OMG, trennen sie sich? Ist jemand gestorben? Ich rechne mit allem. Die beiden lächeln uns an. Ok, niemand ist gestorben. Zum Glück.
,,Nun, euer Vater, er...", beginnt meine Mum unsicher. Trennen sie sich? ,,Er wurde befördert! Jetzt muss er allerdings für seine Arbeit nach Europa. Deswegen werden wir umziehen. Nach Europa. Nach Deutschland. Beziehungsweise, nach Berlin. In fünf Tagen." Ich erstarre. Was hat sie gesagt? Unsicher schaue ich zu Jacob, der meine Mum ebenfalls schockiert anstarrt. ,,Im Ernst?" Meine Schwester hat sich am schnellsten wieder gefasst. Mein Dad nickt. Nein! Ich verlasse meine Freunde doch nicht! ,,Ich weiß, dass das alles ziemlich plötzlich kommt, aber wir mussten das Haus sofort kaufen." Ich stehe ganz langsam auf. Das Schluchzen meiner Schwester reißt mich aus der Starre. ,,Sagt mal, spinnt ihr?! Ihr könnt uns doch nicht erst fünf Tage vor dem Umzug sagen, was ihr vorhabt! Was ist mit uns? Vielleicht reicht uns das Haus?! Vielleicht wollen wir nicht weg?! Das kann ich euch sagen! Ich will hier nicht weg! Ich bleibe hier!", schreie ich und renne mit tränenverschleierter Sicht die Treppe hinauf zu meinem Zimmer. Schluchzend knalle ich die Tür zu und rutsche daran herab. Tausend Eindrücke und Erinnerungen, die guten wie die schlechten, prasseln auf mich ein. Was ist nur in meine Eltern gefahren? Dachten sie, wenn wir wüssten was passiert, machen wir weniger Drama?! Tja, falsch gedacht!
Nach ein paar Minuten höre ich meine Mum an der Tür. ,,Charly, jetzt reg dich doch nicht so auf! Bitte! Das Haus ist schön, soll ich dir Bilder zeigen?", fragt sie sanft. ,,Nein! Ich will das dämliche Haus nicht sehen!", schreie ich und schmeiße mich auf mein Bett.
Ich höre, wie sie seufzt und dann wieder nach unten geht. Fast eine Stunde darauf klopft es erneut. ,,Was?!", motze ich. Mein Bruder schaut herein. ,,Oh." Jacob ist blass, auch ihn bedrückt die Nachricht. ,,Komm mal her!", seufzt er und schließt mich in die Arme. ,,Man, ich will nicht weg!", schluchze ich los. Aber vielleicht tut es dir doch ganz gut. Kann mein Scheiß-Gehirn jetzt endlich mal die Klappe halten?! ,,Ich will auch nicht weg! Aber Mum und Dad haben das Haus jetzt gekauft. Und vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht da. Und ich verspreche dir, ich fahre dich in den Ferien hier her.", versucht er, mich zu trösten. Ich schniefe. ,,Aber... wir müssen auf eine neue Schule gehen! Wir müssen neue Freunde finden! Ich muss meinen Ruf aufarbeiten, Jacob! Weißt du, wie lange das gedauert hat?", schluchze ich aufgebracht. Er drückt mich noch einmal fest und steht dann auf. Ich schaue auf mein Handy: 19:44 Uhr. Du hast nicht ernsthaft 4 Stunden geflennt, oder?! Wütend auf mich selbst gehe ich ins Bad.
Nachdem ich mich geduscht und umgezogen habe, verkrieche ich mich an meinem Laptop. Wollen wir doch mal sehen, wen mein sauberer Freund da geküsst hat.
Nach einiger Zeit Suchen finde ich meine Antwort: Das wasserstoffblonde Mädchen mit vollen kirschroten Lippen und hellblauen Augen, gerade gezupften Augenbrauen und weichen Konturen von der Party.
Wirklich interessiert lese ich einen Steckbrief über sie.
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Name: Carina Winston
Alter: 17
Geburtsdatum: 19.07.1998
Hobbies: Cheerleading, Reiten, Shopping
Leistungsfächer: Deutsch, Physik, Mathe, Sport
Schulische Aktivitäten: Cheerleader- Mannschaft, Schülervertretung
Status: Verliebt
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Ich bebe vor Wut. Natürlich, alles war eine Wette. Und ganz zufällig ist sie dann auch noch spargeldürr, angehende Wissenschaftlerin und extrem hübsch.
Wütend klappe ich den Laptop zu und starre die Wand an. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. ,,Charly?" Erschrocken drehe ich mich um. Meine Mum steht in der Tür. ,,Willst du noch was essen?" Ich nicke schwach und stehe auf. Sie geht vor mir die Treppe hinunter, ich schaue ihr abwesend auf den Rücken. Plötzlich bleibt sie stehen. Gerade noch so kann ich mich abfangen. Meine Mum schaut mich lange an. ,,Ich weiß, dass es nicht leicht für euch ist. Aber vielleicht kannst du unsere Entscheidung mal verstehen. Und vielleicht bist du uns auch bald nicht mehr so böse.", sagt sie Ernst. ,,Ich verstehe euch. Aber ich werde noch brauchen, bis ich euch das verzeihen kann.", antworte ich und laufe an meiner Mum vorbei.

Nach dem grauenhaften Abendessen verziehe ich mich so schnell es geht in mein Zimmer. Grauenhaft deshalb, weil sich alle böse angestarrt haben.
Ich krieche unter die Decke. Werfe einen letzten Blick auf mein Handy. 23:56 Uhr. Egal, nach diesen ganzen schrecklichen 'Ereignissen' ist Schlaf das Allerbeste. Und schon nach ein paar Augenblicken falle ich in tiefen, traumlosen Schlaf.
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Hey
Na, wie geht's euch?
Wie findet ihr das Kapitel? Habt ihr weitere Vorschläge oder Kritik?
Schönen Tag und ganz viel Liebe,
eure Zauberfee:*

Laugh; life; love me, Badboy (pausiert)Where stories live. Discover now