M i m o z a
- Sechs Jahre alt -
Zitternd legte ich meine Hände sanft um die Ohren meiner Schwester, während Babis Stimme wie ein drohender Sturm immer lauter wurde. »Ich bringe dich um!«, schrie er, und ein herzzerreißender Knall hallte durch die Luft. Liridona kniff ihre Augen zusammen, und ich zog sie näher an mich, versuchte, stark zu sein, selbst als die Angst wie ein kalter Schatten über uns fiel.
Wenn Babi so wütend wurde, war es besser, sich zu verstecken, auch wenn ich Mama helfen wollte. Doch die Angst war übermächtig, und der Drang, Liridona zu beschützen, war stärker.
»Du elende Schlampe!«, tönte seine wütende Stimme , gefolgt von dem schrillen Schrei unserer Mutter. Doch dieser Schrei war nicht der Ausdruck von Wut; er klang so, als wäre sie verletzt, so wie Liridona oder ich, wenn uns der Schmerz ergriff.
Und dann wurde es still. Liridonas große braunen Augen suchten nach den meinen, ihr Gesicht war mit Tränen überströmt, und ich konnte die Angst sehen, die sie quälte. »Keine Angst, Dona, Mimi ist da.« Ich drückte sie fester an mich und schwor mir, dass ich niemals zulassen würde, dass ihr etwas zustieß. Auch wenn ich klein war, ich würde sie immer beschützen.
Plötzlich schrak ich auf, als sich die Küchenschranktür öffnete. »Da seid ihr«, erklang die sanfte Stimme meiner Mutter. Ich blickte in ihr Gesicht und sah ihre aufplatzte Lippe sowie das blaue Auge, die trotz des Schmerzes immer noch leuchteten. »Mam...«
- Neun Jahre alt -
»Danke«, sprach ich leise und verkroch mich unter Gentianas Bettdecke. Hier war es immer ruhig, ein sicherer Hafen inmitten des tosenden Sturms, der unser Zuhause verwüstete. Wenn es laut war, dann nur, weil sie lachten, niemals aus Angst. »Immer doch«, erwiderte Gentiana und zog mich in eine schützende Umarmung.
Zu ihr konnte ich flüchten, wenn die Welt zu laut wurde. Wir waren Nachbarinnen und die besten Freunde, Gentiana war wie eine Schwester für mich. »Willst du Kekse?«, fragte sie, aber ich schüttelte den Kopf. Liridona hatte ich mitgebracht, doch sie spielte mit Marigona und den zwei jüngeren Schwestern von Gentiana.
Die Tür öffnete sich leise, als Gentianas Bruder eintrat. Er stellte wortlos einen Teller mit Keksen und zwei dampfende Tassen, vermutlich warme Schokolade, auf den Tisch, bevor er sich ohne ein Wort wieder zurückzog.
Jeder wusste, was bei uns zu Hause vor sich ging, dass Mama Babi nicht verlassen wollte ,oder konnte, was auch immer das bedeutete...
- Elf Jahre alt -
»Du bringst Mama!«, schrie ich panisch, während ich verzweifelt versuchte, meinen Vater von meiner Mutter wegzuziehen. Seine riesigen Hände umklammerten ihren Hals, und sie kämpfte, verzweifelt und panisch, um seine umklammernden Finger loszubekommen. »Babi, bitte! Je ka e myt mamin!«, wiederholte ich, doch er schubste mich wie ein unerwünschtes Spielzeug zur Seite. »Verpiss dich!«, giftete er, seine Wut ein eiskalter Windstoß. »Bevor du die nächste bist.«
Mir blieb nur noch eine Möglichkeit, eine Sache, die Mama gar nicht mochte, aber sie war meine letzte Hoffnung, denn er würde meine Mama umbringen. Mit einem Satz sprang ich auf und rannte aus dem Haus. »Edison!«, rief ich weinend und überquerte hastig die Straße, während ich immer lauter schrie: »Edi!« Noch bevor ich das Haus meiner besten Freundin erreichte, wurde die Tür abrupt aufgerissen.
»Qka ki, oj qika jeme?«, wollte Edison besorgt wissen und blickte mich mit ansteigender Panik an. »Babi bringt Mama um!«, schrie ich und sah, wie Edison sofort losrannte, gefolgt von Gentiana, die ebenfalls hinaus stürzte. »Mimi?«
Doch ich ignorierte den Ruf meiner besten Freundin; mein Herz gehörte nur meiner Mutter. Bevor ich losrennen konnte, hielt mich Gentianas Großmutter fest. »Jo qika jeme«, sprach sie beruhigend, aber ich wollte mich wehren. »Mam!«, brüllte ich so laut ich konnte. Ich wollte zu meiner Mama! »Mam!«
Es dauerte nicht lange, bis die ersten Sirenen durch die Nacht klangen. »Mam...«, weinte ich, und während Gentianas Großmutter mich umschlang, traute ich nicht zu hoffen. Das einzige Gute war, dass Liridona an diesem Tag nicht zu Hause war...
- Dreizehn Jahre alt -
Mama hatte überlebt. Wenn Edison nur eine Sekunde später gekommen wäre, hätte es für sie kein Entkommen gegeben.
Nach diesem unvorstellbaren Vorfall hatte sie den Mut und die Kraft gefunden, sich endlich zu trennen ,ein Schritt ins Licht nach Jahren der Dunkelheit.
Wir hatten seitdem ein ruhiges Leben, und Mama hatte die Freude wiederentdeckt. Ich beobachtete, wie sie lachte, zusammen mit meiner Großmutter, meiner Tante und Dona. Es war ein erfrischender Anblick, sie so sorgenfrei zu sehen. Ich hatte das Gefühl, sie vermisst zu haben.
Aus diesem Grund hatte ich mir geschworen, niemals einen Mann zu akzeptieren, der schlug wie Babi, der wütend und laut war.
Niemals.
- Neunzehn Jahre alt -
»Mfal«, sprach ich leise und begann, die Scherben aufzuheben. »Du verdammte Schlampe!«, schrie Egzon und griff mit fester Hand in mein Haar. Ich presste meine Augen zusammen, als ein Schrei aus meiner Kehle drang, während er mich verzweifelt durch die Küche zog. »Mfal!«, schrie ich. »Zoni, bitte!«, rief ich.
Er ließ von mir ab und sah mich an, als wäre ich ein Stück Dreck. Als wäre ich nichts Wertvolles. »Ich bringe dich um, hast du mich verstanden?«, murmelte er kalt. »Ich werde dich umbringen, Mimoza. Ich verspreche es dir, du dreckige Schlampe.«
So hatte ich mein eigenes Versprechen gebrochen, war in eine Situation geraten, die meine Mutter einst erlitten hatte...
Doch hier war ich mir sicher, dass es keinen Ausweg geben würde.
Er würde mich umbringen.
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Kleiner Einblick zu Mimi <3 ich hoffe es hat euch gefallen.
Mit der Geschichte geht es dann weiter, wenn ich Lorik und Gentiana beendet habe, was nicht mehr lange dauert <3
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Schicksalsschweigen
RomanceBand 4 𝐖𝐚𝐬 𝐠𝐞𝐬𝐜𝐡𝐢𝐞𝐡𝐭, 𝐰𝐞𝐧𝐧 𝐝𝐞𝐫 𝐒𝐜𝐡𝐰𝐚𝐠𝐞𝐫 𝐝𝐞𝐢𝐧𝐞𝐫 𝐛𝐞𝐬𝐭𝐞𝐧 𝐅𝐫𝐞𝐮𝐧𝐝𝐢𝐧 𝐢𝐧 𝐝𝐢𝐞 𝐑𝐨𝐥𝐥𝐞 𝐝𝐞𝐢𝐧𝐞𝐬 𝐅𝐚𝐤𝐞-𝐄𝐡𝐞𝐦𝐚𝐧𝐧𝐬 𝐬𝐜𝐡𝐥ü𝐩𝐟𝐭? Mimoza führt ein ruhiges, sorgenfreies Leben. Sie arbeitet i...
