Seong Gi-hun:
„Gi-hun!" Ich drehte mich um. In-ho kam mir auf dem Flur entgegen, etwas außer Atem, als wäre er gerade durch die halbe Schule gehetzt. In der Hand hielt er ein zerknittertes Mathebuch, sein Rucksack hing schief auf einer Schulter. „Hab dich gesucht", sagte er. „Hast du kurz Zeit?" „Klar, was gibt's?" Er zögerte. Kaute auf seiner Unterlippe, was bei ihm selten war. In-ho war sonst immer der mit der direkten Art, mit dem frechen Grinsen und der schnellen Zunge. Aber jetzt... war er irgendwie anders. „Ich... war vorhin in der Bibliothek", begann er langsam. „Wollte eigentlich lernen. Aber dann hab ich zufällig was mitbekommen." Ich runzelte die Stirn. „Okay?" Er sah mich an. Ein bisschen zu ernst. „Sang-woo hat Ali gefragt, ob er mit ihm am Valentinstag was unternehmen will." Stille. Ich starrte ihn an. Dann lachte ich leise. „Was? Nein, das hast du falsch verstanden." „Ich hab's gehört, Gi-hun." Ich schüttelte den Kopf. „Er ist mein Freund. Natürlich verbringt er Valentinstag mit mir. Warum sollte er—" „Er hat ihn gefragt. Ich schwöre es dir", unterbrach In-ho ruhig. „Ali hat zuerst gezögert. Aber dann hat er ja gesagt." Mir wurde plötzlich kalt. So ein komisches Kribbeln, das sich in der Magengegend ausbreitete. „Vielleicht... war's nur freundschaftlich gemeint", murmelte ich. „Oder ein Missverständnis." In-ho sah mich lange an. Dann nickte er langsam. „Kann sein." Er sagte es, als würde er mir den Gefallen tun, daran zu glauben. Als würde er mir die Lüge lassen, weil er wusste, dass ich sie gerade brauchte. „Jedenfalls...", fuhr er fort, „dachte ich... vielleicht hast du Lust, mit mir was zu machen? Also... wenn dein Plan mit Sang-woo doch nicht klappt." Ich lächelte, gequält. „Das ist lieb, aber ich glaub, das wird nicht nötig sein." Er zuckte nur mit den Schultern. „Sag Bescheid, falls du's dir anders überlegst." Ich nickte und sah ihm nach, wie er langsam den Gang hinunterging. Etwas in mir nagte. Kratzte. Eine leise Stimme, die fragte: Was, wenn er recht hat? Was, wenn Sang-woo wirklich— Ich schüttelte den Kopf. Blödsinn. Sang-woo war mein Freund. Valentinstag war unser Tag. Ich hatte keinen Grund, ihm nicht zu vertrauen... oder?
Am Valentinstag:
Ich hatte mir extra Mühe gegeben. Ich hatte mich schick gemacht, das Hemd ausgesucht, von dem ich wusste, dass Sang-woo es mochte, meine Haare ordentlich gestylt. Es war Valentinstag, und ich hatte mich wirklich darauf gefreut. Endlich war es soweit, und ich hatte das Gefühl, dass es mein Abend werden würde. Dass Sang-woo mich nach all den Spannungen und Missverständnissen, die zwischen uns waren, endlich sehen würde, wie ich wirklich war. Ich hatte die ganze Zeit darauf hingearbeitet. Aber als die Stunden vergingen, und ich immer noch alleine in meinem Zimmer wartete, begann die Unruhe in mir zu wachsen. Ich hatte keine Nachricht von ihm bekommen, keine Nachricht, dass er verspätet war oder sich noch auf den Weg machte. Immer wieder hatte ich aufs Handy geschaut. Aber nichts. Meine Mutter bemerkte es irgendwann auch. „Wann kommt Sang-woo?", fragte sie aus der Küche, und ich versuchte, den Schmerz in meiner Stimme zu verbergen. „Er... er wird schon bald hier sein", sagte ich, obwohl ich mir selbst nicht sicher war. Als die Zeit immer weiter verstrich, wurde ich nervöser. Mein Magen zog sich zusammen, und eine Welle von Angst stieg in mir auf. Irgendetwas stimmte nicht. Schließlich nahm ich mein Handy und wählte seine Nummer. Mein Herz klopfte schneller, als das Gesprächsignal erklang. „Sang-woo?", fragte ich, als er abnahm. „Wann bist du da?" Ich hörte, wie er den Hörer leicht von seinem Ohr wegzog, und für einen Moment kam es mir vor, als wäre er in einem anderen Raum, weit weg von mir. „Ach, Gi-hun...", sagte er dann mit dieser ruhigen Stimme, die ich so gut kannte. „Es tut mir leid, aber ich... bin gerade mit Ali unterwegs." Der Schmerz, der plötzlich in meiner Brust schoss, war unerträglich. Ich versuchte, die Tränen zu unterdrücken, aber sie drohten, sich ihren Weg nach draußen zu bahnen. „Mit Ali?" Wiederholte ich, meine Stimme zitterte. Ich konnte nicht glauben, was ich hörte. „Was... was soll das heißen?" „Hast du was dagegen?" fragte Sang-woo dann, seine Stimme jetzt fest, fast unnachgiebig. Kein Zögern, kein Anzeichen von Unsicherheit. Er sprach, als wäre alles völlig normal. Als wäre es selbstverständlich, dass er mit Ali statt mit mir unterwegs war. „Es ist nichts..." „Nein, alles gut", sagte ich schnell, bevor er noch mehr von meiner Enttäuschung hörte. „Viel Spaß euch beiden." Ich konnte es nicht länger zurückhalten. Es war, als ob die Worte aus mir herauspressten. „Viel Spaß", murmelte ich nochmal, ehe ich das Gespräch abrupt beendete. Das Telefonat war vorbei, und mit ihm auch das letzte bisschen Hoffnung, das ich noch in mir getragen hatte. Ich stand da, das Handy in meiner Hand, die Tränen liefen mir einfach nur so über die Wangen. Ich versuchte, mich zusammenzureißen, aber es war unmöglich. Ich sank auf mein Bett und ließ den Schmerz zu, der mich überwältigte. Der Valentinstag war zerstört. Der Abend, der so viel Hoffnung in mir geweckt hatte, war nun nichts weiter als eine leere, schmerzvolle Erinnerung. Ich hatte mich so sehr bemüht, so viel erwartet. Aber was war jetzt? Als ich schließlich versuchte, meine Gedanken zu ordnen, kam mir etwas in den Kopf. Etwas, das mich noch weiter verletzte. Was, wenn Sang-woo einfach nicht mehr mit mir zusammen sein wollte? Was, wenn alles nur ein Missverständnis war? Ein Fehler? Ich wischte die Tränen ab und versuchte, mich zu beruhigen, als ich plötzlich Schritte hörte. Meine Mutter hatte die Tür geöffnet, schaute mich mit Sorge an. Doch ich konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Stattdessen nickte ich nur und sagte, dass alles in Ordnung sei. „Alles gut, Mama", flüsterte ich. Aber tief in mir wusste ich, dass nichts mehr gut war.
Ich weiß nicht mehr genau, wann ich aufgehört habe zu zählen. Die Stunden. Die Tage. Alles verschwamm irgendwie. Mein Zimmer war dunkel, die Vorhänge halb zugezogen. Licht fiel nur gedämpft hinein, gerade so viel, dass ich den Rand meines Bettes erkennen konnte. Das leere Glas auf meinem Nachttisch. Die Flasche Wasser, die halb leer war. Daneben eine Packung Snacks, ungeöffnet. Ich hatte keinen Hunger. Ich hatte... gar nichts. Ich lag einfach nur da. Eingekuschelt in meine Decke, obwohl mir weder kalt noch warm war. Ich hörte das Geräusch des Fernsehers aus dem Wohnzimmer, das gedämpfte Klirren von Geschirr, wenn meine Mutter aß. Sie klopfte oft. Jeden Morgen. „Gi-hun? Alles okay? Ich hab Frühstück gemacht..." oder „Willst du wirklich nichts essen?" Anfangs antwortete ich noch. Dann irgendwann nicht mehr. Ich konnte einfach nicht. In meinem Kopf wiederholte sich dieses Gespräch mit Sang-woo immer und immer wieder. Sein fester Ton. Die Selbstverständlichkeit in seiner Stimme. Als wäre ich... egal. Er war mit Ali unterwegs gewesen. Am Valentinstag. Und ich hatte wie ein Idiot gewartet. Mit Hemd, mit Hoffnung, mit klopfendem Herzen. Und am Ende... hatte ich nur noch mich selbst. Ich drehte mich auf die andere Seite und zog die Decke bis über mein Gesicht. Es war stickig darunter, aber irgendwie sicher. Wenigstens hier konnte ich so tun, als gäbe es da draußen niemanden. Keine Schule. Keine Menschen. Kein Sang-woo. Ich wollte einfach nicht mehr raus.
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sangihun oder inhun/ sangwoo x gi hun oder In-ho x gi-hun
Fanfictioneine neue ff von mir. sang woo und gi hun sind befreundet und gehen in dieselbe schule. dort lernen sie In-ho kennen und gi-hun freundet sich schnell mit ihm an. was gi-hun nicht weiß ist das in-ho von anfang an in ihn verliebt ist. problem ist aber...
