"Komm schon.", raunte ich und zog Caleb förmlich hinter mir her, während ich die Zuggleise überquerte.

Bei der ganzen Action hatte ich Tris irgendwie völlig aus den Augen verloren. Sie war stehen geblieben, hatte sich umgedreht und feuerte ihre übrige Munition auf die Ferox-Verräter, welche sich im Schutz der Bäume versteckten, aber trotzdem versuchten, auf uns zu schießen. Ich hörte grob, wie Tris etwas schrie. Ihre genauen Worte konnte ich aufgrund des immer lauter werdenden Zuges allerdings nicht wirklich verstehen. Zumindest glaubte ich zu ahnen, was sie wollte. Sie ließ ihre Waffe fallen und rannte auf Caleb und mich zu, während ich meine Waffe entsicherte und ziellos meine Munition abfeuerte. Der Zug näherte sich bedrohlich schnell und kurz hegte ich Zweifel an Tris, die sich jedoch schnell wieder legten. Sie war stark und schnell - natürlich würde sie es schaffen. Ich kniff meine Augen zusammen, als Tris zum Sprung ansetzte; der Zug war so nah, zu nah. Wie feige bist du? Ich öffnete meine Augen nach diesem Blitzgedanken sofort und konnte beruhigt dabei zusehen, wie Tris auf unserer Seite der Gleise landete. Zu dritt rannten wir entlang des Zuges und versuchten dabei nicht an Tempo zu verlieren, um irgendwo aufspringen zu können. Tris fand schließlich eine geeignete Tür und schaffte es mit einem Satz zu der Tür zu gelangen und sie ein Stück aufzudrücken. Sie suchte mit einem Fuß und einer Hand Halt und streckte den anderen Arm ihrem Bruder entgegen. Mühselig schaffte Caleb es, die Hand seiner Schwester zu greifen und ließ sich dann von ihr in den Zug hieven. Tris nickte mir kurz zu und verschwand aus der Tür, damit ich den beiden Geschwistern folgen konnte. Ich schaffte es, mit einem Arm Halt an der Fassade des Zuges zu finden und nutze diesen, um mich ebenfalls in den Zug zu schwingen.

Völlig außer Atem standen Tris und ich uns nun im Zug gegenüber.

"Ihr habt echt Sinn für einen dramatischen Auftritt, Leute.", sagte ein Junge, der hinter einem Fass hervorkam.

Auf einmal füllte sich der gesamte Zug mit Menschen. Alle waren in unserem Alter, dafür aber vollkommen unterschiedlich gekleidet.

"Fraktionslose.", flüsterte ich zu Tris.

"Amite - aber ihr steht da wie Ferox.", sagte ein Fraktionsloser, worauf ich knapp an meinem Körper hinunter schaute.

Es stimmte - ich war gekleidet wie eine Amite: ein rotes T-Shirt, eine rote Hose und braune Schuhe.

"Keine Ahnung, was der da für einer ist.", sagte der Fraktionslose und deutete derweil auf Caleb.

Ich konnte nicht anders, als Caleb daraufhin anzustarren. Sie mussten uns mitfahren lassen, sonst waren wir geliefert.

"Hör zu, wir müssen nur in die Stadt, das ist alles.", sagte ich.

Der Fraktionslose strich sich über die kurzen Stoppelhaare auf seinem Kopf. Er setzte ein hämisches Grinsen auf und musterte die Fracht, die bei unserer Ankunft demoliert worden war.

"Na sowas Blödes, der Zug ist schon voll. Und euretwegen wurde unsere Fracht beschädigt.", sagte der Fraktionslose und deutete auf die Fässer, aus denen eine dunkelrote Flüssigkeit tropfte.

Ich blickte auf die Säcke mit Korn, aus denen ebenfalls etwas entwich, das aussah wie Reis oder Hafer.

"Das sind doch Stoffballen von den Altruan - und ihr seid Fraktionslose, richtig?", stotterte Caleb - sein Körper zitterte vor Angst.

Er würde noch alles ruinieren - aber wahrscheinlich war es das ohnehin schon. Ich hatte einen Trumpf, den ich jedoch nicht ausspielen wollte. Nur im Notfall, dachte ich.

SHATTERED REALITY - Insurgent (FF)Where stories live. Discover now