|4. Kapitel|

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Als ich unsanft auf dem Boden ankam, eilte mir Tris sogleich zur Hilfe, damit ich mich schnell aufrichten konnte. Caleb hatte sich gegen eine Hauswand gedrückt und achtete darauf, ob uns jemand bemerkte.

"Da hat sich aber jemand Zeit gelassen.", flüsterte Tris, als sie mir eine Waffe gab, die sie soeben einem Ferox-Verräter abgenommen hatte.

Ich lächelte sie an und nickte dann Caleb zu, um ihm zu zeigen, dass wir unseren Weg nun fortsetzen mussten. Aufgrund der Ausdauer, die Tris und ich uns in der Initiation antrainiert hatten, war es für uns kein Problem, einen schnellen Spurt über das Amite-Gelände zu machen. Meine Lungen brannten, nachdem ich mit gefühlt 100km/h einen kleinen Berg hinaufspurtete. Wir mussten am Kuppelsaal der Amite vorbei, dessen Fassade vollständig aus Glas bestand. Mittlerweile hatte sich die komplette Fraktion der Amite dort versammelt. Im Rennen konnte ich auch noch Ferox-Verräter erkennen. Einer von ihnen hatte uns offenbar wahrgenommen, denn er zielte nun auf Caleb, welcher bei weitem nicht mit Tris und mir mithalten konnte. Dann geschah etwas, das ich mir niemals hätte erdenken können. Marcus Eaton -der Mann, den ich aus tiefstem Herzen hasste- stellte sich mit erhobenen Händen vor den Ferox-Verräter, der jetzt mit dem Abdrücken zögerte. Doch letztendlich entschloss er sich dazu, Marcus mit seiner Waffe niederzuschlagen und drückte dann doch den Abzug. Der erste Schuss war lediglich der Beginn für die unzähligen anderen, die jetzt folgten. Nahezu jeder Ferox-Verräter drückte den Abzug vier bis sechs Mal in Folge. Die Kugeln rissen das Glas des Kuppelsaals ein - richteten allerdings keinen weiteren Schaden an. Niemand aus unserer kleinen Gruppe war verletzt worden. Ich hatte nur das Gefühl, dass Caleb sterben würde, wenn er noch weiter rennen musste. Doch wenn er zurückblieb, dann würde man ihn gefangen nehmen - man konnte sich denken, warum er sich lieber die Seele aus dem Leib rannte, anstatt eingesperrt zu werden. Mittlerweile hatten wir das Amite-Gelände verlassen und rannten nun über ein paar frisch angelegte Felder. Hinter uns hörte ich die Motoren der Trucks, die ihre Geschwindigkeit scheinbar immer weiter erhöhten. Ich wagte es nicht, mich umzudrehen - wahrscheinlich weil ich Angst davor hatte, Eric zu sehen. Vor uns offenbarte sich endlich der Wald, der für die Trucks unzugänglich war. Durch den kleinen Vorsprung den wir hatten, ergab sich vielleicht doch noch eine Chance. Tris erhöhte ihr Tempo, als der Wald in ihr Blickfeld geriet. Ich machte es ihr nach, ohne dabei an Caleb zu denken, der wahrscheinlich weiter zurück lag, als mir lieb war. Schnell näherten wir uns dem Wald. Mit jedem einzelnen Schritt, den ich machte, wurde die Hoffnung in mir größer, es zu schaffen. Adrenalin rauschte durch meinen Körper und mein Puls schlug so schnell wie ein Presslufthammer. Tris, Caleb und ich erreichten den Wald und rannten hinein. Überall lagen Äste herum, über die ich zu stolpern drohte. Doch mit viel Schwung schaffte ich es über einen dicken Ast zu springen und mein Tempo zu halten. Ich wusste, dass uns irgendjemand dicht auf den Fersen war, den wir so schnell wie möglich abwehren sollten. Allerdings hatten wir zum Schießen keine Zeit, zumal wir noch in der Unterzahl waren. Wir hatten keinen Schutz, nur Waffen, die wir nicht einsetzten konnten. Es wäre zumindest dumm, sie jetzt einzusetzen. In unmittelbarer Nähe hatte ich kurz ein mir bekanntes Geräusch vernommen; es klang so wir das Quietschen von Metall auf Metall - so wie ein Zug.

"Hört ihr das?", fragte ich Caleb und Tris, während ich mein Tempo erneut erhöhte.

"Was?", fragte Caleb erschöpft.

"Der Zug.", antwortete Tris.

Wenn die Zuggleise in der Nähe waren, bedeutete das, dass wir dem Ende des Waldes immer näher kamen. Endlich legte auch Caleb mal einen Zahn zu und rückte fast bis zu Tris und mir auf. Meine Lungen fingen langsam an zu brennen und umso glücklicher war ich, als wir aus dem Wald rannten und eine Wiese erreichten. Das hohe Gras verdeckte meine Sicht soweit, dass ich die Gleise nicht gesehen hätte, wenn ich nicht wüsste, dass sie dort wären. Aber ich wusste es und etwas sagte mir, dass die anderen es auch wussten. Eine unbebaute große Wiese bot immerhin Platz für Zuggleise, welche wir schon wahrgenommen hatten. Aber die Wiese bedeutete auch, dass wir nun ein leichteres Zeil für die Ferox-Verräter waren. Sie hatten freies Schussfeld, aber wir hatten keinen Schutz. Eric war unter ihnen und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Er würde auf Tris und Caleb schießen...ja, würde er. Aber würde er auch auf mich schießen? Obwohl er mich gerade noch laufen gelassen hatte. War ich Feind oder Freund? Oder mehr? Ich griff Caleb unter dem Arm, damit er jetzt bloß nicht ins Schwächeln kam. Caleb blickte kurz verwirrt, doch für Fragen blieb ihm keine Zeit. Gut so, denn besonders lange würde ich sein Gerede wahrscheinlich nicht aushalten können. Der Zug war bereits in Sichtweite und ich plante, auf die andere Seite der Gleise zu gelangen, um den Zug als Schutz benutzen zu können.

SHATTERED REALITY - Insurgent (FF)Where stories live. Discover now