01 - Flucht

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Ihre Füße trommelten auf den Waldboden. Den eigenen schnellen Atem in den Ohren, rannte sie durch die Dunkelheit. Wolken verdeckten den Himmel und das erste Frühlingslaub schluckte jegliches Restlicht. Sie war praktisch blind. Äste schlugen ihr ins Gesicht und hinterließen blutige Striemen. Trotzdem verringerte sie ihre Geschwindigkeit nicht, denn die Alternative wäre für sie viel schlimmer.
Ihre Lunge brannte. Sie rannte schon zu lange. Doch die Bedrohung folgte ihr auf den Fersen. Irgendwo hinter ihr bellte ein Hund. Ein Bluthund des Königs.
Nie hätte sie gedacht, dass sie den König von Palwia mal so verärgern würde, dass sie von seinen Bluthunden verfolgt fliehen musste. Und wenn sie eines über die Bluthunde wusste, dann dass sie immer ihre Beute fingen. Immer.
Dennoch rannte sie. Verstecken hatte keinen Sinn. Ihre einzige Hoffnung war die Grenze. Außerhalb der Reichsgrenze von Palwia besaßen ihre Verfolger keine Macht. Sie hatte keine große Hoffnung. Aber sie gab noch nie einfach so auf.
Also zwang sie sich dazu, weiterzurennen.

Das aufgeregte Hecheln eines der Bluthunde ließ ihre Nackenhaare zu Berge stehen. Sie waren zu nah. Sie würde es nicht schaffen.
Panisch warf sie einen Blick zurück, wo Laternenschein zwischen den Baumstämmen hindurch zuckte.
Sie hatten sie beinahe eingeholt.
Wo war nur dieser verfluchte Grenzstein?!

Wenn ihre Sicht nicht von ihrer Panik eingeschränkt wäre und wenn die Wolken den Mond nicht verdeckt hätte, dann hätte sie vielleicht den von Efeu bewachsenen Stein bemerkt. Doch in dieser Situation wirkte er wie jeder andere Busch und so lief sue einfach daran vorbei. Ihre Verfolger allerdings auch.

Die Panik und die Anstrengung zogen an ihren Kraftreserven. Ein Krampf zwang sie dazu, ihr Tempo zu verlangsamen. Doch sie humpelte weiter.
Selbst als sie unerwarteter Weise aus dem Wald heraus und auf eine einigermaßen befestigte Straße stolperte, humpelte sie weiter. Sie wusste nicht mehr, wo sie war. Sie wusste nicht, warum hier plötzlich eine Straße verlief. Sie hörte ncjts mehr, außer ihren rasenden Puls. Sie fühlte nichts mehr, außer das Brennen ihrer Lunge.
Ihre Schritte verlangsamten sich ohne ihre Erlaubnis. Doch ihre Kräfte waren am Ende. Es ging nicht mehr weiter. Kein weiterer Schritt war mwhr möglich. Die Bluthunde würden gewinnen. So wie immer.

Sie kam zum Stehen. Erst einige Momente spöter bemerkte sie, dass vor ihr eine Person auf die Straße getreten war. Sie war hoch gewachsen und ein Umhang wehte hinter ihr.
Da brach der Mond durch die Wolken und tauchte die Burg hinter der Gestalt in ein gespenstiges Licht.
Darkmoor.
Sie hatte es bis Darkmoor geschafft.
Doch sie spürte keine Erleichterung. Der Herr von Darkmoor war bekannt für seine Grausamkeit, die die des Königs von Palwin bei Weitem übertraf.
Sie hatte nicht einmal genug Energie, um über ihre Situation ein ergebenes Lachen auszustoßen, wie sie es wohl sonst getan hätte.

Sie öffnete gerade den Mund, um etwas zu der Person zu sagen, als eine Ruck in ihrer Körpermitte sie nach vorn stieß.
Ein merkwürdig nasses Geräusch bohrte sich in ihr Hirn.
Verwirrt sah sie an sich herunter. Ihr müder Verstand begriff nicht, warum dort eine Schwertspitze aus ihrem Bauch ragte. Nichtmal den Schmerz nahm sie noch wahr.
Sie schmeckte Blut.
Ihre Sicht schwand.
Mit dem letzten Atemzug schlossen sich ihre Augen. Bunte Lichter tanzten dahinter.

Dann wurde alles schwarz.

Darkmoon LadyWhere stories live. Discover now