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~Kylian~

Wie versprochen nach 2 Stunden kam Adeline durch die große Tür in das Zimmer. Ein paar ihrer Haare schauten aus ihrem Zopf heraus. Ihre Kleidung war ganz zerknittert, so als sähe es aus, als hätte sie einen langen Tag gehabt. »Also wie geht's Ihnen«, wollte sie von meinem Bruder wissen, der nur etwas nickte. »Besser als vor ein paar Stunden«, seine Stimme war etwas zerkratzt. Als hätte Adeline dasselbe gedacht wie ich holte sie eine Flasche Wasser aus dem Schrank und reichte sie ihm. »Danke«, Ramon nahm einen großen Schluck und musste gleich darauf aber stark husten. Alarmierend setze ich mich auf.
»Langsam. Die Wunde ist noch frisch, deswegen müssen sie es langsam und ruhig angehen«, erklärte sie es uns. Ihre Stimme klang erschöpft und ich verfolgte ihre Bewegungen wie sie eine neue Infusion meinem Bruder gab. Mit zitternden Händen griff sie zu der Mappe, die in dem Kasten vor dem Bett befestigt war und trug etwas ein.

Ihre zierlich zitternden Hände umklammerten den Stift und sie versuchte wahrscheinlich es sich nicht anmerken zu lassen. Doch ich hatte es schon längst bemerkt. Ihre Lippen kräuselte sie etwas, was mir schon öfters aufgefallen ist, wenn sie überhaupt etwas zu viel nachdachte. Als hätte sie meinen Blick auf sich gemerkt, sahen ihre grünen Augen endlich in meine.
Der Blickkontakt hielt nicht lange an das sie die Mappe wieder wegsteckte und meinem Bruder noch eine Fernbedienung auf den Tisch neben ihn lag.
»Falls etwas sein sollte, einfach klingeln, dann kommt jemand«, erklärte sie ihm mit ihrer erschöpften Stimme. Nun widmete sie sich mir.
»Du darfst über Nacht leider nicht hierbleiben. Deswegen muss ich dich bitten zu gehen«, ihre Stimme war fast nur noch ein Flüstern.
Das konnte sie vergessen. Ich blieb bei meinem Bruder. Ich lasse ihn nicht alleine.
»Ist schon in Ordnung. Ich komme zurecht«, gab er zu und ich war zwar nicht zufrieden mit der Entscheidung aber dennoch respektierte ich sie.

Zum Abschied gab ich meinen Bruder noch einer brüderlichen Umarmung und anschließend folgte ich Adeline pflichtig nach draußen.
Sie schloss die Tür hinter uns und atmete tief aus.
»Ich habe jetzt Feierabend. Also Gute Nacht, Kylian«.
Die Art wie sie meinen Namen aussprach, löste etwas in mir aus. Ohne noch etwas Weiteres zu sagen, lief sie den Flur entlang. Ich starrte ihr noch ein bis zwei Minuten hinterher. Gute Nacht Adeline.

Als ich ein paar Stunden später zu Hause ankam, wurde ich direkt von meiner Schwester begrüßt, die mich panisch musterte. »Wo ist er? Geht es ihm gut?!«, wollte sie panisch wissen, ohne ihr eine Antwort zu geben, lief ich rüber in die Küche und schnappte mir ein Glas aus dem Schrank um es anschließend mit Wasser zu füllen.
»Kylian, antworte mir!«, erklang ihre strenge Stimme hinter mir. »Beruhig dich, er ist im Krankenhaus«, als sie das hörte wurde sie noch panischer. »Er ist bei ihr in guten Händen«, versuchte ich sie etwas zu beruhigen. Sie klappte ihren Mund wieder zu und musterte mich verwirrt. »Bei ihr in guten Händen?«,

Sie setze sich vor mir auf den Stuhl und sah mich neugierig an. »Wer ist sie denn?«, ihre Lippen verzogen sich zu einem verschmitzten Grinsen.
»Niemand, der dich etwas angehen sollte«, murmelte ich. »Ich werde es sowieso erfahren«, sagte sie selbstsicher. Wenn sie meint. Aber ich kannte meine Schwester, sie war unaufhaltsam in solchen Sachen.
Ich stellte das Glas in die Spülmaschine und verschwand nach oben. In meinem Zimmer zog ich mich aus und warf die dreckigen Klamotten in die Wäsche, um anschließend in die Dusche zu gehen.

Das Wasser stellte ich direkt auf die kälteste Stufe und ließ es über meinem Kopf laufen. Minuten lang stand ich nur so da und dachte an sie. Wieso versteckt sie sich? Was ist ihr passiert, dass ich das Gefühl habe sie würde jedes Mal eine Panikattacke bekommen?
Wer hat ihr das angetan?
Ihre zitternden Hände aus dem Krankenhaus.
Ihre trockenen und rissigen Lippen.
Verdammt, wieso geht sie mir nicht aus dem Kopf.
Ich konnte ihren Bruder zwar nicht wirklich leiden, aber sie schon. Sie hatte etwas an sich, was mich anzog.
Wie, als ob uns etwas verbinden würde ...

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~Adeline~

Ich hörte sie, die Stimmen in meinen Kopf. Wie jede Nacht, aber sie wurden zur Gewohnheit. Nur heute waren sie lauter und aufdringlicher. Mein Kopf war unter Wasser und ich zählte die Sekunde, die mir noch blieben, bis mein Gehirn Alarm schlug und ich keine Luft mehr bekam. Es wurde eng in meiner Brust, ich ließ es noch so ein paar Sekunden geschehen, bis ich abrupt aus dem Wasser kam. Meine Atmung war schnell. Was normal ist, nach so langen unter Wasser sein. Ich schaute auf die Uhr. 4 Minuten und 30 Sekunden war ich unter Wasser. 30 Sekunden länger als beim letzten Mal. Meine Hände fuhren über mein Gesicht und die Sicht wurde klarer. Ich befand mich im Badezimmer und saß nun steif in der mittlerweile kalten Wanne. Mein Griff ging zu dem Handtuch, was am Rand hing. Ich stieg aus der Wanne und wickelte es um mich. Der Spiegel war immer noch von dem vorherigen heißen Wasser beschlagen.

Meine Handfläche rieb über das feuchte Glas und ich erblickte mein Spiegelbild. Meine Augen waren leicht rot gefärbt. Ich lief zum Fenster, schaltete es auf kipp und trocknete mich anschließend ab.
Die Narbe an meinen Oberschenkeln hatte sich wieder etwas entzündet. Ich griff zur Schublade, machte sie auf und holte die Salbe raus, um sie mir auf die Narbe zu schmieren. Das kühle Gefühl auf meiner Haut beruhigte mich etwas. Wieso, wieso musste er mir das antun? Wieso hat er uns einfach so verlassen? Seinetwegen bin ich jetzt so wie ich bin. Er hatte mich gebrochen. Tränen stiegen mir in meine Augen und ich versuchte sie so gut es geht wegzublinzeln.
Meine Haare kämmte ich etwas durch und versuchte sie nicht gleich auszureißen.

Als plötzlich aber die Tür aufging, zuckte ich zusammen. Als Ryan in der Tür stand, beruhigte ich mich etwas. »Kannst du nicht anklopfen?«, ohne ihm einen Blick zu würde kämmte ich meine Haare weiter.
»Adeline ...«, seine Stimme war nur ein Hauchen.
Augenblicklich fuhr mein Blick zu ihm »Was ist los?«, die Panik in mir wuchs. Seine Hand fuhr von seinem Bauch und ich erblickte einen großen blutigen Fleck.
»Oh mein Gott«, ich lief auf ihn zu und stütze ihn etwas, um ihn auf dem Rand der Wanne zu setzten.
»Was ist passiert?«, wollte ich nun wissen.
Ich riss die unterste Schublade es Schrankes auf und holte Verbandsmaterial raus.
»Der neue Freund von Delia«, sagte er vor Schmerzen.
Verdammt. Er musste ein Messer benutzt haben so groß wie die Wunde war.

»Ich habe dir gesagt, das du dich von ihr fernhalten sollst«, ich desinfizierte die Wunde und er zuckte etwas zusammen. Anschließend wischte ich das restliche Blut ab und band ihn anschließend einen Verband um. »Ich weiß, kleine Schwester«, als ich sah, dass er dennoch darunter litt, nahm ich ihn in den Arm.
»Wieso muss es immer uns treffen?«, flüsterte er.

Glaub mir, das wüsste ich auch gerne ...

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