Abwarten

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Wie lange Maria und Adam anschließend noch warteten, wussten sie nicht. Einmal hatte Adam noch auf die Uhr geschaut und zwar als Pia sich verabschiedet hatte, um Esther zu unterstützen und da hatte diese den frühen Nachmittag eingeläutet. Zwischenzeitlich lief alles, wie in einem schlechten Film ab. Medizinisches Personal, das hin und her lief, ständiges Nachfragen und Vertrösten; Adam hatte es langsam satt.

Im Augenwinkel konnte er jedoch aus dem Fenster allmählich die hinuntergehende Sonne sehen und auch der Zwischenbericht von Esther, dass die Ermittlungen nun offiziell gestartet worden waren, weil Henny mit der Beobachtung im Krankenhaus fertig war zeigten, dass inzwischen schon wieder einige Stunden vergangen waren.

„...danke Dir fürs Verständnis, Schatz, du bist wirklich der Beste. Ja natürlich, aber du könntest mir nun in den Ohren liegen, dass das Alles keine gute Idee war und das tust du nicht. Ja, klar Berufsrisiko aber trotzdem...egal. Gibst du Lilly bitte einen Gute-Nacht-Kuss von mir? Du bist der Beste! Ja, sollte alles gut kommen, richte ich ihm das aus. Ansonsten halte ich dich natürlich auf dem Laufenden. Ich liebe dich auch..."

Adam sah auf und beobachtete Maria dabei, wie diese mit einem Seufzen den Anruf beendete. Auch ihr waren die nervlichen Anstrengungen der letzten Stunden deutlich anzusehen.

„Ich kann dich auch informieren. Wenn du willst kannst du..."

„...nein", unterbrach Maria, Adam sofort, „Du meinst es lieb, versteh' ich auch so, keine Sorge, aber ich kann erst hier weg, wenn ich weiß, wie es Leo geht. Meine Lilly ist sehr weit für Ihr Alter und mein Mann ist wortgewandt, er kann ihr das so erklären, dass sie es begreift! ... und das sag' ich nicht nur, weil sie meine Tochter ist."

Auf Marias schnellen Nachtrag hin, musste Adam sogar leicht lächeln. „Natürlich nicht...", fügte er seiner Geste hinzu und lehnte sich an die Wand zurück. „Wenn die noch länger brauchen, werde ich langsam angepisst..."

„...langsam?", konnte sich Maria den Kommentar nicht verkneifen und Adam schnaubte kurz als Antwort, ließ es aber dennoch stehen, da er absolut keinen Bock auf Konfrontation hatte. Doch wie aufs Stichwort, betrat ein Arzt den Raum und die blaugrauen Augen des Mediziners, richteten sich sofort auf das Duo.

„Doktor Maria Schimke und Kriminalhauptkommissar Adam Schürk?", fragte er nach und die Angesprochenen standen sofort mit einem Nicken auf. „Sehr gut. Doktor Grass. Ich habe Hauptkommissar Hölzer notoperiert.", stellte der Arzt sich vor und gab Maria, sowie auch Adam die Hand.

„Und?", konnte Letzterer sich schluckend überwinden und der Arzt holte sichtbar Luft.

„Die Kugel war eben am Sternum ein- und am Rücken wieder ausgetreten. Wir befürchteten zunächst eine Schädigung der Wirbelsäule oder des Rückenmarkes, doch in dieser Beziehung hatte Herr Hölzer höllisches Glück. Allerdings hat die Kugel auch deutlich Spuren hinterlassen. Sie hat das Sternum angebrochen und durch den Abprall änderte sich die Flugbahn und hat die Lunge verletzt, wurde aber dadurch vom Herzen und der Wirbelsäule abgelenkt. Des Weiteren wurden wichtige Gefäße verletzt und es entstanden innere Blutungen. Der Zustand ist momentan kritisch, aber stabil. Er war bereits im Aufwachraum, ist aber noch sehr schwach und wir haben ihn auf die Intensivstation verlegt."

„Aber er lebt?", vergewisserte sich Maria und Doktor Grass nickte mit einem vorsichtigen Lächeln. „Er lebt."

Sichtbar atmeten Adam, sowie auch Maria, erleichtert durch und ein gewisser Teil der angestauten Last fiel ihnen von den Schultern. „Dürfen wir zu ihm?" Auf Adams Frage nickte Doktor Grass. „Sie sind die Notfallkontakte. Allerdings muss ich Sie ermahnen: Hauptkommissar Hölzer muss sich absolut schonen. Es ist alles momentan noch auf wackeligen Beinen und wir müssen nicht noch mehr riskieren."

„Natürlich.", stimmte Maria zu. „Sicher", bestätigte auch Adam, „wir sind als seine Freunde hier. Der Job ist hier absolut zweitrangig.", fügte er auch noch hinzu. „Sehr gut. Dann kommen Sie bitte mit!" Im Stechschritt lief Doktor Grass voraus und die Beiden folgten ihm. Er führte sie zum Aufzug, wo sie ein paar Stockwerke übersprangen und schließlich bei der Intensivstation ankamen. Zu guter Letzt, brachte er sie zu einer Türe, wo er stehen blieb.

„Wie gesagt, er war auch kurz im Aufwachraum und sogar kurz bei Bewusstsein, aber nicht ansprechbar. Die Operation war lange und anstrengend und natürlich wirkt die Narkose noch nach. Erwarten sie nicht zu viel!"

Maria und Adam nickten verstanden und bedankten sich anständig bei Doktor Grass, bevor dieser ihnen die Hand gab und die Türe öffnete. Langsam betraten Adam und Maria das Zimmer. Während Maria sofort ans Bett ging, blieb Adam stehen und zuckte kurz zusammen, als die Türe hinter ihm zugezogen wurde.

Leo lag rücklings auf dem Bett und war bis zur Hüfte zugedeckt. Das bekannte, gepunktete Krankenhemd war ihm lose angelegt worden. Leos Haut war aschfahl und die Lippen farblos und spröde. Das sonst immer gut gekämmte Haar, hing lose und zerzaust ins Gesicht. Die geschlossenen Augenlider waren gerötet.

Erschreckender als das körperliche Bild, waren die unzähligen Kabel und Schläuche, die Adam gar nicht richtig zuordnen konnte. Klar kannte er die Sauerstoffbrille und die Infusionen, aber alles andere war für ihn in diesem Moment nicht sortierbar.

„Verdammte Scheiße...", entwich es Adam leise und nur langsam, konnte er sich aus seiner Starre lösen. Erst das stetige, leichte auf und ab von Leons Brust, half ihm, sich zu befreien. Ein kleines Zeichen des Lebens.

Zögerlich, gesellte sich Adam zur freien Seite des Bettes und sah zu Maria, die bereits eine Hand Leos genommen hatte und mit ihrer eigenen, freien Hand dem Verwundeten über den Kopf strich. Selbst die gefasst wirkende Maria, hatte dimme Augen und die Lippen aufeinandergepresst.

„Das sollte ich sein der da..."

„...hör auf!", unterbrach Maria, Adam sofort und blickte ihn streng an, „Mit der Schiene ziehst du Leos Bemühungen in den Dreck und das willst du doch nicht, oder?" Adam schluckte schwer und spürte eine ungesunde Mischung aus Wut und Trotz in sich hochkommen, die er aber bewusst ignorierte da er insgeheim wusste, dass Maria recht hatte.

Tief durchatmend, legte Adam seine Hand auf Leos Schulter und strich mit dem Daumen sanft über die Haut.

„Wird ‚ne lange Nacht", dachte er laut und Maria nickte, während sie sich von Leo löste und einen der Stühle schnappte, die im Raum platziert waren. Unaufgefordert, stellte sie diesen hinter Adam und deutete gestisch darauf.

„Danke...", verstand Adam und setzte sich. Während er den Stuhl noch näher ans Bett rückte, nahm sich Maria ebenso einen und begab sich wieder zu ihrer Seite.

Dabei fiel ihr Adams besorgter Blick auf. Zum ersten Mal war die steinerne Maske deutlich gefallen und der blonde Kommissar kämpfte sichtlich mit der Fassung.

„Hey", riss Maria ihn aus den Gedanken und als Adam aufsah, erblickte er ihre Hand. „Wir kriegen das hin!", sagte sie sanft und wartete. Leicht beschämt, rieb sich Adam kurz die Augenlider, bevor er nach kurzem Zögern einschlug.

„Wir kriegen das hin", stimmte er zu und ohne es zu wollen, hatte er Marias Lächeln erwidert.

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⏰ Last updated: Mar 18 ⏰

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