Vier

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Es war das Klingeln meines Handys, welches mich aus dem Schlaf riss. Halb liegend, halb aufgestützt griff ich danach. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, als ich abhob. »Ja?«

»Einen wunderschönen guten Morgen!«, trällerte mir Levins Stimme entgegen.

Ich gab ein lautes Stöhnen von mir und ließ meinen Kopf zurück auf das Kissen fallen.

»Also, hast du es dir überlegt? Ich hab schon eine Idee, was wir heute machen könnten. Okay, eigentlich habe ich ganz viele Ideen, aber irgendwo müssen wir ja anfangen«, fuhr Levin ungehindert fort.

Ich hörte ihm schweigend zu. Meine Güte, wie ambitioniert konnte man sein? Als ich das letzte Mal so enthusiastisch klang, war ich acht Jahre alt gewesen und habe darauf gewartet, meine Weihnachtsgeschenke öffnen zu dürfen.

»Hallo? Bist du noch dran?«

»Ja«, antwortete ich und gähnte.

»Müde, hm?«

»Ein wenig.«

»Schlecht geschlafen?«

Kurz schoss es mir durch den Kopf, wie er reagieren würde, wenn ich ihm von meinem Traum erzählen würde.

»Nein, war schon in Ordnung«, entgegnete ich schließlich.

»Das ist gut. Also, was meinst du?«

»Levin, du hast mich gerade aufgeweckt. Selbst wenn ich zustimmen wollte, hättest du es jetzt vermasselt.«

»Zea, es ist zwölf.«

»Wie bitte?!«

Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett, verhedderte mich dabei in meiner Bettdecke und fiel mit einem lauten Knall auf den Boden. Ich gab einen jaulenden Ton von mir und rieb mir meine schmerzende Nase. Danach blickte ich mich nach meinem Handy um, das bei dem Sturz in die andere Ecke meines Zimmers geschleudert wurde. Langsam robbte ich dort hin, stellte erleichtert fest, dass das Display nicht zerbrochen war und hielt es mir dann ans Ohr.

»... Hallo? Zea, alles in Ordnung? Haaallo?«, ertönte gleich darauf wieder Levins Stimme.

»Ich lebe noch«, seufzte ich, »hab bloß den Boden geküsst.«

Levin lachte lauthals los. »Ist das ein Hobby von dir? Aber gut, dann will ich euch nicht dabei stören. Treib es nicht zu weit, ich hol dich um vier ab.«

»Ich hab nicht ...«, setzte ich an, wurde dann aber vom Tuten meines Handys unterbrochen. Levin hatte es wirklich nicht mit ordentlichen Verabschiedungen.

Nun rappelte ich mich endlich auf und warf einen Blick auf die Uhr. Tatsächlich war es schon zwölf. Aber ich würde mich sicherlich nicht über die Extraportion Schlaf beschweren.

Nachdem ich mich im Badezimmer gewaschen hatte, machte ich mich auf die Suche nach meiner Mutter und Maya. Schließlich fand ich sie auf dem Ehebett meiner Eltern, wo sie gemeinsam mit Bauklötzen spielten.

»Morgen Ma, morgen Kleine«, gähnte ich mehr, als dass ich es sagte.

»Guten Morgen mein Schatz. Genug geschlafen?« Ma lachte und klopfte neben sich auf das Bett. »Komm, setz dich.« Ich ging zu ihr und ließ mich aufs Bett sinken.

»Levin schaut um vier vorbei«, versuchte ich so beiläufig wie möglich zu erwähnen. Doch natürlich sah mich meine Mutter sofort aufmerksam an. Gestern hatte sie enttäuscht erkennen müssen, dass ich tatsächlich nicht allzu viel über diesen Jungen erzählen konnte.

»Ihr wollt aber nicht weg, oder?«, fragte sie nach.

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Wieso?«

Die Stille der Unendlichkeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt