love and other tortures

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"Es tut weh, dich zu lieben!"

Er nannte mich immer Spring. So will ich diese Geschichte beginnen. "Weil deine Haare aussehen wie Sonnenstrahlen und alles um dich herum aufblüht.", meinte er immer. Bei der Erinnerung musste ich lächeln. Sie machte mich glücklich, obwohl ich in diesem Raum ohne Fenster feststeckte.  Ich musste lächeln, hätte alles dafür gegeben, wieder dort zu sein, in seinen Armen. Doch dann traf es mich plötzlich wieder. Ganz andere Worte füllten meinen Kopf. Sie halten in meinen Ohren.

"Es tut weh, dich zu lieben! Ich habe dir vertraut..."

Immer und immer wieder. Der Schmerz kam zurück, schneidend scharf und schnell. Ich fragte mich, ob er wusste, was seine Worte bei mir angerichtet hatten. Einen Schaden, den nur er wieder reparieren könnte. Einen Schmerz, der nurch durch ihn gelindert werden könnte. Doch die Worte konnte er nicht zurücknehmen. Obwohl ich verstand, was er meinte, obwohl er recht hatte, tat es immer noch weh. So weh. Die Tränen stiegen in mir auf.

Ich weinte, weinte, weinte. Hoffte, dass der Schmerz irgendwann nachlassen würde. Dass ich es irgendwann vergessen würde, dass die Erinnerung verblassen würde. Ich konnte nicht anders als zu weinen. Ich wusste nicht mehr, wie lange ich schon hier war. Waren es 2 Minuten, 2 Stunden, 2 Tage?
Ich wusste es nicht. Wie ironisch es war, dass der Grund für meinen Schmerz die einzige Linderung wäre. Doch das Schlimmste war nicht der Ausdruck in seinen Augen oder der Schmerz in seiner Stimme, nicht einmal der Rest des Gesprächs. Das Schlimmste war, dass ich wusste, dass er recht hatte. Ich konnte nicht anders, als die Leute um mich herum zu verletzen, sie von mir zu stoßen. Ich war schuldig. Es war meine Schuld. Er hatte jedes Recht dazu, sauer zu sein. Er hatte recht.

Meine Kehle schnürte sich zusammen, ich konnte mich nicht ablenken. Meine Gefühle waren außer Kontrolle, so sehr, dass mein Körper mir nicht mehr gehorchte. Ich konnte nicht atmen, meine Faust ballte sich zusammen und ich schnappte nach Luft. Versuchte, zu atmen, so gut es ging. Einfach atmen, einfach atmen, doch das war leichter gesagt als getan. Ich konnte nicht. Konnte mich nicht ablenken, bekam keine Luft mehr. Die Tür öffnete sich. Ich atmete stoßartig ein, immer mehr Luft strömte in meine Lunge, doch es war mehr wie Hyperventilieren. Ich atmete nicht regelmäßig.

"Hey, schau mich an.", hörte ich eine sanfte Stimme zu mir durchdringen, ich hörte sie wie durch Watte. Die Stimme klang so sehr nach ihm, dass mein Herz sich zusammenzog. Aber es konnte nicht sein, oder? Dafür war es zu spät. Er würde nicht zurückkommen, nicht für mich, das Mädchen, das alle um sich herum verletzte. Das Gespräch war erst gestern gewesen, doch es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. In diesem Moment fühlte es sich so an, als wäre ich wieder dort. Vielleicht war es der Sauerstoffmangel, vielleicht war ich eingeschlafen, doch in diesem Moment durchlebte ich alles erneut.

Es hatte alles normal angefangen. Wir hatten uns getroffen, an unserem üblichen Platz. Es war schon dunkel gewesen und eine leichte Brise sorgte dafür, dass mir kalt wurde. Er hatte mir seine Jacke gegeben und geflüstert: "Ich will nicht, dass du dich erkältest" Seine Stimme hatte sanft geklungen und ich war glücklich gewesen, in seiner Nähe zu sein. Wir hatten geredet und zusammen gelacht. Ich fühlte mich wohl in seiner Nähe, es war, als würde der beste Teil von mir direkt vor mir sitzen. Mit einem Lächeln, in das ich mich immer wieder verlieben könnte. Ein Blick von ihm und alle meine Sorgen waren wie weggepustet. So war es auch jetzt noch. Nur dass es damals nicht wehgetan hatte, an ihn zu denken. Ich hatte bemerkt, dass etwas anders war, hatte es aber nicht einordnen können. Ich hatte angenommen, es hatte etwas mit seinen Problemen zu tun. Ich hatte ihn nicht darauf ansorechen wollen, aus Angst, es hätte ihn irgendwie verletzt. Kurz darauf hatte er eine Nachricht bekommen und etwas hatte sich in seinem Blick, in seinem Ton geändert. Er klang irgendwie... härter, so als hätte er etwas herausgefunden, das ihm nicht gefallen hatte. Als er mir gesagt hatte, dass er es nun wusste, war ich mir nicht sicher gewesen, was er damit genau meinte. Doch dann hatte er mich angesehen. Sein Blick hatte alles gezeigt, in seinen Augen lagen Trauer, Angst, Ärger, verletzes Vertrauen. Ich hatte ihm wehgetan. Weil er herausgefunden hatte, dass ich ihm nicht alles erzählt hatte. Dass ich eine Verräterin war. "Ich kann es nicht fassen, dass es... ", seine Stimme war gebrochen. "Dass es stimmt. Ich weiß, dass du dabei warst, als er es mir gesagt hat. Ich habe es ihm nicht geglaubt." Ich hatte ihm nicht in die Augen schauen können. "Ich... Ich hätte nicht gedacht, dass er es dir sagt. Ja, ich war da, an dem Tag, an dem du mit Luke geredet hast. Als er dir erzählt hat, dass ich eigentlich für die andere Seite arbeite. Es tut mir leid." Verrat hatte in seinen Augen aufgeblitzt. Wir standen auf verschiedenen Seiten, und in diesem Moment war es ihm auch klar geworden." Dann stimmt es? Es war alles nur gespielt, um an Infos zu kommen? ", hatte er gefragt. Verletzt. "Nein! Das hier war nicht geplant. Eigentlich sollte ich nur bei euch eingeschleust werden." Er hatte verächtlich gelacht, doch es hatte mehr wie ein Seufzen geklungen. "Was davon war echt? Wie soll ich dir jetzt nich vertrauen? Ich war so überzeugt, dass Luke lügt. Dass es nur ein Scherz war oder dass du es abstreiten würdest. Wir stehen auf zwei verschiedenen Seiten dieser Kämpfe, Ashley, verstehst du das? Und ich kann nicht verantworten, dass du meine Leute verletzt. Dass du mich weiter verletzt. Weißt du was? Ich hatte vor, dir heute zu sagen, dass ich dich liebe." Mein Herz hatte einen Schlag ausgesetzt. Ich wusste, dass ich ihn auch liebte. Nur war es zu spät. Noch vor zwei Jahren wäre das hier kein Problem gewesen. Damals, als die beiden Parteien noch nicht entschieden hatten,  gegeneinander zu kämpfen. Warum auch immer sie das getan hatten. Sehnsuchtsvoll blickte ich manchmal auf die Zeit vor den Kämpfen zurück. Als alles noch normal war. Als wir noch in die Schule gehen konnten, anstatt zu kämpfen. Diese Kämpfe waren so unnötig. Aber er hatte recht gehabt. "Es tut weh, dich zu lieben! Ich habe dir vertraut, und dann finde ich das heraus. Ich kann es einfach nicht glauben. Du weißt, dass ich dich nicht weiterhin frei rumlaufen lassen kann, oder? Ich bin einer der Verantwortlichen und damit dazu verpflichtet, dich festnehmen zu lassen." Der Schmerz in seiner Stimme hatte mir wehgetan. Ich hatte gewusst, dass er Recht hatte. Dass es gestimmt hatte, was er sagte. Trotzdem tat es weh, zu hören, wie er es aussprach."Ich liebe dich auch", hatte ich geflüstert. Wir hatten zwar nie definiert, was das zwischen uns war, aber es hatte sich immer wie eine Beziehung angefühlt. Ich wusste, dass ich Schuld war, dass ich falsch lag und dass er das Recht hatte, alles anzuzweifeln, das ich gesgat und getan hatte, aber das zwischen uns war immer echt gewesen. Ich hatte erst dann bemerkt, dass ich schluchzte.

Dann waren seine Leute gekommen. Ich erinnerte mich kaum noch daran, wie ich hierher in diese Zelle, diesen fensterlosen Raum gekommen war. Außer einem Bett und einer abgeschlossenen Tür mit Klappe fürs Essen gab es hier nichts. Nichts, mit dem ich mich ablenken hätte können. Also hatte ich nur hier gelegen und geweint, mich elend gefühlt und Schulgefühle gehabt. Ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, wie verletzt er ausgesehen hatte. Wie sehr ich ihn verletzt hatte. Und wie ich mich dadurch selbst verletzt hatte. Ich würde mich trotzdem nicht gegen den Auftrag entscheiden, weil ich ihn sonst nie kennengelernt hätte. Und weil ich wusste, dass die Zeit mit ihm den ganzen Schmerz hier wert war. Erst jetzt erinnerte ich mich wieder daran, dass jemand hier im Raum war und dass ich nicht allein war. Ich öffnete die Augen und erblickte ein mir bekanntes Gesicht. Ein Gesicht, dass ich unter Tausenden erkennen würde. Die wunderschönen Augen, in denen ein Licht glänzte, das jeden Raum erhellen konnte. "Hallo, Spring.", flüsterte er. Er saß hier, neben mir auf dem Boden. Doch es konnte nicht sein, oder? Er konnte es nicht sein. "Ruhig", meinte er, während ich ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. "Darren!" Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen und ich wich zurück. "Warum bist du hier?" Ich war immernoch verletzt und fühlte mich schuldig, doch gleichzeitig begannen die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder, wie wild mit ihren Flügeln zu flattern. Ich war versucht, meine Hand auszustrecken und sein Gesicht zu berühren, mich zu vergewissern, dass er wirklich hier war. Als hätte er meine Gedanken gelesen, strich er mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Ein verletzer Ausdruck huschte über sein Gesicht. "Geht es dir wieder besser? Ich glaube, du hattest eine Panikattacke"

Ich nickte. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, aus Angst, er würde verschwinden, sobald ich kurz wegschauen würde. "Ich liebe dich", flüsterte ich. Ich konnte nicht anders, als ihn zu lieben. Darren war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden. Mein Leben war dabei, auseinanderzubrechen, und er war einer der Menschen, an denen ich mich festhalten kann. In seinem Blick spiegelten sich Zuneigung, Misstrauen, Überraschung und Verwirrtheit. "Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann." Ich konnte meinen Blick noch immer nicht von ihm lösen. "Aber ich will dir eine zweite Chance geben.", fügte er hinzu. "Ich habe gemerkt, dass ich dich nicht loslassen kann. Du bist mir viel zu wichtig. Ich kann mich nicht von dir fernhalten, selbst wenn ich ich will. Mag sein, dass das hier ein Felher ist, aber ich will lernen, dir erneut zu vertrauen."

Eine Träne rann meine Wange hinab. Er wischte sie sanft von meinem Gesicht und ich starrte ihn ungläubig an. "Du willst mir eine zweite Chance geben? Aber wir sind auf zwei verschiedenen Seiten dieses Kampfes!" Wie wollte er das durchziehen? Er zuckte mit den Schultern. "Es ist mir egal, was die anderen sagen. Es ist mir egal, dass du auf der gegnerischen Seite stehst. Dieser Kampf ist sinnlos und ich werde mir nicht vorschreiben lassen, was ich zu tun habe." Ein Hoffnungsschimmer glomm in mir auf. Vielleicht hatten wir ja wirklich eine Chance." Also fliehen wir?", fragte ich ihn."Sie werden dir nichts fun, solange du bei mir bist. Wenn du auf unsere Seite wechseln würdest..." Ich unterbrach ihn: "Am liebsten würde ich auf gar keiner Seite stehen. Du hast recht, diese Kämpfe sind sinnlos und führen zu nichts" Mit diesen Worten griff ich nach seiner Hand. Er stand auf und zog mich hoch. Anstatt meine Hand loszulassen, hielt er sie fest. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich direkt wieder hingefallen, doch er gab mir die Kraft, die ich brauchte, um weiterzumachen. Sanft strich ich mit der anderen Hand über seine Wange. "Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Aber ohne diese Fehler hätte ich dich nie kennengelernt. Ich bin so froh, dass ich dich kenne" Er zog mich an sich und küsste mich. Der Kuss fühlte sich wie ein Versprechen, wie Hoffnung an. Wenn wir zusammen waren, war es egal, was um uns herum passierte. Solange wir einander hatten, war alles gut. Und das hier war alles, was ich brauchte.

                                                  

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