34. der richtige Riecher

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 Ich wünsche, ich hätte mich verhört, doch das habe ich nicht. »Ämm, wie meinst du das?«, frage ich, aber Anthony hat mich völlig durchschaut.

Ehe ich es realisiere, greift Anthony nach meiner Tasche und entreißt sie mir. Bevor ich protestieren kann, hat er die schwarzhaarige Perücke in der Hand.

Beim Anblick des Haarpuschels weiten sich seine Augen. »Ach du heilige Scheiße...« Er lässt meine Tasche fallen und schlägt sich eine Hand auf den Mund, um sein Lachen zu verstecken.

Sein Blick wandert von der Perücke zu mir und ich weiche seinem Blick aus. Eines der Worst-Case-Szenarios ist eingetreten und ich bin aufgeflogen. Anthony ist zwar mittlerweile ein guter Freund, aber ich bin mir trotzdem unsicher, ob er mein Geheimnis waren wird oder nicht.

Wir bleiben stehen und ich sehe mich um. Die stille Nacht wird nur vereinzelt durch vorbeifahrende Autos unterbrochen und niemand sonst ist unterwegs.

Erschöpft atme ich aus. »Na gut«, beginne ich mein Geständnis, »du hast ja recht... Aber ich kann das erklären.«

Anthony verschränkt die Arme vor der Brust und kneift die Augen zusammen. »Ich hätte das niemals von dir erwartet, Alison!«, zieht er mich mit Spott in der Stimme auf.

»Ich weiß, ich weiß...«, beginne ich und richte meinen Blick zu Boden. Scham durchfließt mich. »Es tut mir ja leid...«, sage ich reumütig.

»Es tut dir leid?« Fassungslosigkeit liegt in Anthonys Stimme. »Sag das nicht mir, sondern unserem guten Freund Chris, der gerade wegen dir schlecht gelaunt nach Hause geht«, prügeln seine Worte auf mich ein. Er amüsiert sich zwar an der Situation, doch sein Ton wird schärfer.

»Ich wollte es nie so weit kommen lassen. Ehrlich!«, beteuere ich mit gesengtem Blick.

Anthony will etwas sagen, doch stoppt nach ein paar Silben. Er atmet tief ein und aus und nimmt sich eine Pause, um alles auf sich wirken zu lassen. »Na gut. Jetzt fangen wir am Anfang an. Wann hat das alles begonnen?«

Und so beginne ich Anthony alles zu erzählen. Von Ness' Party, auf der ich zufällig auf Chris getroffen bin, bis zu den Nachhilfestunden, in denen sich Chris und Lilly angefreundet haben. Ich erkläre, wie die schüchterne Lilly durch eine Perücke das Selbstbewusstsein gefunden hat, um mit Chris zu sprechen und, dass alles aus dem Ruder gelaufen ist, als ich Chris nicht mehr widerstehen konnte.

Anthony lauscht meiner pausenlosen Erklärung wie ein neugieriges Schulkind und nickt vereinzelt zustimmend. Dennoch kann ich seine Körpersprache nicht deuten. So zurückhaltend kenne ich ihn nicht und dass er mich kein einziges Mal unterbrochen hat, um eine Zwischenfrage zu stellen, beunruhigt mich.

»...ich wollte es wirklich beenden, aber ich konnte es nicht«, schließe ich meinen Monolog und halte gespannt die Luft an. Mittlerweile sind wir vor Anthonys Block angekommen, doch um niemanden aufzuwecken, haben wir uns entschlossen, die Unterhaltung auf einer Bank neben dem Eingang zu führen.

»Ich verstehe«, gibt Anthony nachdenklich von sich und mir fällt ein Stein vom Herzen. »Du bist definitiv zu weit gegangen, aber so ist das nun mal, wenn man sich in den Gefühlen für eine andere Person verliert.«

Ich nicke. »Ich war... beziehungsweise bin einfach zu verknallt, um es zu beenden.« Erschöpft atme ich aus. »Ich will mich nicht zwischen Lillys Freundschaft und Alisons Romanze mit Chris entscheiden. Ich will beides.«

Anthony legt mir eine Hand an die Schulter. »Das kann so nicht weiter gehen...«, spricht er aus, was ich mir seit Monaten einrede. Dennoch hat sich nichts geändert und Alison stiftet weiterhin Unruhe.

Ich stimme ihn zu. »Du hast recht. Langsam muss ich mich entscheiden. Ich hätte mich in der Sekunde, als ich seine Nachhilfelehrerin wurde, für Lilly entscheiden müssen. Es gab so viele Zeitpunkte, an denen ich Alison hätte begraben können, doch tat es nie. Und ich habe Angst, dass diese Maskerade ewig weiter geht«, gestehe ich offen und ehrlich und versuche, mich nicht von meinen Gefühlen überwältigen zu lassen. Es tut gut, mit Anthony endlich ehrlich zu sein.

Me, my Lover and I ✔️Where stories live. Discover now