Kapitel 1

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Emma:

Der Klassenraum summte vor gedämpften Geräuschen, als die Schulklingel den Abschluss der Deutschstunde ankündigte. Mit dem Geräusch der Klingel begann die Mathestunde und ich schloss meinen Rucksack, bevor ich wie die anderen Schüler in den Flur trat. Ich vernahm das geräusch von eifrigen geplauder und das schließen von den Schließfächern, welche in dem Flur standen.

In ging in den Gang und die Sonnenstrahlen bildeten helle Muster auf dem Boden und an den Wänden.

Ich schloss die Tür des Klassenzimmers hinter mir und setzte mich auf meinen Platz im hinteren Teil des Raumes. Die Worte meines Mathelehrers verblassten, als meine Gedanken wieder die Kontrolle übernahmen.

Mein Blick schweife durch das Klassenzimmer und ich ließ mich von einem Eichhörnchen faszinieren, welches flink einen Baum hinauf kletterte.

Wie gerne wäre ich auch so frei, doch stattdessen musste ich mich hier durch den Unterricht quälen. Ein seufzen entwich mir und ich holte meine lieblings Ablenkung aus meinem Rucksack: Mein Zeichenblock.

Jedes Mal, wenn sich die Langeweile bemerkbar machte oder ich eine Ablenkung brauchte, kramte ich die mystischen Zeichnungen von Drachen und weiteren Kreaturen hervor. Der Block war sozusagen mein Zufluchtsort. Durch so manche langweilige und nie enden wollende Unterrichtsstunden hat mich dieser Block schon gebracht. Dank ihm konnte ich meine Gedanken immer festhalten und ich konnte sie in dem Chaos in meinem Kopf nie mehr verlieren. Bunte Farben verzierten meine Zeichnungen und ließen sie eine eigene Welt gründen.

Ich konnte nicht sagen, was es war oder warum, aber ich spürte eine große Faszination für die Fabelwesen und Geschichten des Mittelalters.

Ich vergaß, was um mich herum passierte, als ich den Block aufschlug.

Die Zeichnungen erwachten zum Leben und die Einhörner fingen an umher zu tanzen, die Drachen schlugen mit ihren Flügeln und Feen folgten dem leichten Wind in die untergehende Sonne.

<<Emma, kannst du bitte die Formel an die Tafel schreiben?>>
Die Stimme von Herr Meyer durchdrang meine Gedanken und brachte mich in die Realität zurück.

Kurz und kaum bemerkbar zuckte ich zusammen, fand aber schnell die Konzentration wieder und schrieb die pq- Formel an die Tafel am ende des Raumes. 'Zum glück muss ich keine von Herr Meyers schweren Aufgaben lösen, für die er bekannt ist', dachte ich mir, als ich zurück zu meinem Platz ging.

Die warme Sommersonne fiel durch das große Fenster neben mir, doch meine Aufmerksamkeit lag wieder auf den vertrauten Zeichnungen, welche das Papier vor mir bedeckten.

Auf einmal war da so ein Flackern, Ein Zucken, Ein kurzer Augenblick, im dem mein Herz aufgehört hatte zu schlagen. Ein Wimpernschlag, in dem die Zeit für einen kurzen Augenblick stehen geblieben war.

Anscheinend hatte nur ich es bemerkt, da alle anderen weiterarbeiten, als wäre nichts gewesen. Es kam mir seltsam vor, doch ich musste es mir nur eingebildet haben.

Nach der Schule warf ich den Rucksack in die Ecke meines Zimmers und ich schaffte es gerade noch in mein Bett, bevor ich einschlief. Ich nahm mir vor nur etwa eine halbe Stunde zu schlafen, doch daraus wurde nichts. Etwa 2 Stunden nachdem ich zu Hause angekommen war, wachte ich wieder auf.

Ich ging die Treppe des Hauses hinunter nach nur wenigen Stufen erreichte mich der Duft von frisch gekochtem essen. Ich trat in die Küche, der Raum aus dem der Geruch stammte.

<<Na, du bist endlich wach geworden, wie war die Schule>>, begrüßte mich meine Mutter.
Ich erzählte ihr von einem gewöhnlichen Schultag, bevor ich mich dem Essen widmete. Ich erfuhr, dass der Geruch, der sich im Haus ausbreitete Spagetti für unser Abendessen war. Mein Lieblingsgericht.

<<Kannst du mir bitte eben bei der Wäsche helfen?>>

Als ich das tat, worum mich meine Mutter gebeten hatte, setzte ich mich an meinen Schreibtisch in meinem kleinen, aber gemütlichen Zimmer und bearbeitete die Hausaufgaben, welche uns aufgegeben wurden.

Nach einer gefühlen Ewigkeit war ich mit den Aufgaben in Mathe und Deutsch fertig, und hätte somit endlich genug Zeit, um mich wieder meinen Zeichnungen zu widmen.

Ich öffnete eine schwarze Box, in welcher sich meine Buntstifte befanden. Durch das viele benutzen waren einige Stifte länger als andere. Doch nicht die Größe ist entscheidend, sondern die Fähigkeit, welche sich dahinter verbirgt. Die strahlenden Farben, welche auf dem Papier zu leuchten begannen.

Plötzlich war es wieder da- Das Gefühl als würde mein Herz einen Augenblick lang aufhören zu funktionieren und die Zeit stehen blieb. Das Blut gefror in meinen Adern und ich wagte es nicht zu atmen. Erneut war dieses merkwürdige Gefühl nach einem Bruchteil einer  Sekunde war es auch schon wieder vorbei.

Doch dieses mal war es anders, anders als in der Schule. Was genau andes war, konnte ich nicht sagen, aber eines wusste ich: Es ist definitiv keine Einbildung gewesen.

Flügel Der Zeit - LeseprobeWhere stories live. Discover now