unspoken words - negan

vii. urs und der kochlöffel

Es fühlt sich wie ein Gedicht an, das einzig und allein für mich geschrieben wurde. Diese Geschmacksexplosion kann ich nicht annähernd in Worte fassen. Deswegen genieße ich es einfach.

»Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt etwas so leckeres gegessen habe!«, stöhne ich leise, bevor ich mir wieder einen Löffel mit dem Eintopf in den Mund schiebe.

Früher war ich kein Fan von Eintöpfen. Wenn ich von der Schule kam, richtigen Hunger hatte und meine Mum einen einfachen Eintopf gemacht hat - damals war ich immer enttäuscht. Heute weiß ich, dass ich es mehr hätte schätzen müssen. Aber so ist es. Man schätzt etwas erst, wenn man es nicht mehr haben kann.

»Eines muss man Urs lassen, er kann mit dem Kochlöffel umgehen«, erwidert Luca und lacht.

Während ich mich zu den Anderen an den langen Esstisch gesetzt habe, ist Negan, wie ich es vermutet habe, in die Küche gegangen und kam dann mit zwei dampfenden Schüsseln Eintopf wieder. Eine hat er vor mir auf den Tisch gestellt, bevor er sich selbst neben D niedergelassen hat.

»Vor allem, wenn er dir eine überzieht«, erwidert D trocken. Ich kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Man verspürt die Verbundenheit der kleinen Gruppe sofort und unweigerlich frage ich mich, wie lange sie sich schon durch die Wildnis kämpfen.

Zum ersten Mal seit einer langen Zeit, kann ich wirklich abschalten. Vor allem, als mein Blick auf Aragorn fällt, der sich am Rand des Raumes niedergelassen hat. Von Simon hat er eine Decke und einen Knochen mit etwas Fleisch dran bekommen, an dem er jetzt zufrieden knabbert.

Luca sieht mich an, dann beginnt er zu reden und während er erzählt, glänzen seine blauen Augen voller Schelm: »Es ist schon ein paar Wochen her und doch werde ich diesen Tag niemals vergessen. Simon, D und ich waren mit dem Auto unterwegs, um ein paar Häuser zu plündern. Wir haben nicht wirklich dabei nachgedacht, uns bemerkbar zu machen, als wir ins Haus gekommen sind, in dem Urs alleine war und für uns gekocht hat - das war ein Fehler. Bevor wir uns auch nur ansatzweise bemerkbar machen konnten, kam Urs aus einer Ecke herausgesprungen und hat mich mit dem Kochlöffel vermöbelt. Wirklich! Dieser Mann braucht keine Waffe, um sich gegen die Beißer zu verteidigen!« Freundschaftlich klopft er Urs auf die Schulter, der bei der Erinnerung an diese Geschichte grinsen muss.

»Seit diesem Tag unterschätze ich unseren Koch niemals!«

»Man sollte keinen unterschätzen, der an diesem Tisch sitzt«, mischt Negan sich ein, der die letzten paar Minuten in Ruhe seinen Eintopf gegessen und uns lediglich stumm beobachtet hat.

»Natürlich nicht. Aus diesem Grund sind wir hier«, antwortet D und in seiner Stimme schwingt etwas mit, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zuordnen kann.

Während ich den Rest des Eintopf esse, hüllt sich der Raum in Schweigen und kaum habe ich die Schüssel ein Stück von mir weggeschoben, steht Negan auf. »Lucinda, es ist Zeit dir den Rest zu zeigen.« Seine Stimme ist seltsam kalt und distanziert.

»Es freut mich, euch kennengelernt zu haben«, sage ich leise zu den anderen und stehe sofort auf, um Negan aus dem Haus zu folgen. Aragorn blickt von seinem Knochen auf, schenkt ihm einen letzten sehnsüchtigen Blick und dann folgt er mir. Er würde mich niemals alleine irgendwo hingehen lassen.

»Das Haus ist der Mittelpunkt der Farm. Hier haben wir unsere Vorräte gelagert, sowie finden dort unsere Besprechungen statt. Urs, D und Simon haben oben ihre Zimmer, während die anderen in dem anderen Haus schlafen. Auch du«, erklärt er, während wir die Tür des Hauses hinter uns lassen. Draußen strahlt uns die Sonne an und einen kleinen Moment schließe ich meine Augen, genieße die Sonne, die meine Haut küsst.

»Rechts geht es zum zweiten Haus, links geht es zur Scheune«, spricht er weiter, ohne dass ich überhaupt darauf antworten geschweige denn eine Frage stellen kann.