Von Hochzeitstagen und zuckersüßen Geschenken

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Jan beeilte sich nach Hause zu kommen. Heute war ihr sechster Hochzeitstag und er hatte sich nicht freinehmen können, weil heute Aufzeichnung war. Deswegen hatte er schon ein schlechtes Gewissen, aber das Schlimmste war, dass er etwas sehr wichtiges vergessen hatte. 

Jan wusste zwar, dass das absolut kitschig war, aber Olli mochte diese Tradition. Jan hatte einmal recherchiert, welche Hochzeitstage welche Bedeutung haben und war auf ehrlich gesagt echt schöne Traditionen gestoßen. Der erste Hochzeitstag war zum Beispiel die Papierne Hochzeit. Das leere, leicht zu zerreißende Papier stand dabei für die Unbeschriebenheit der Ehe aber auch dafür, dass sie noch nicht so gefestigt war und reißen konnte, was jedoch nicht passiert war. Jan hatte Olli zu diesem Hochzeitstag eine Papierrose gebastelt, die in Ollis Berliner Studio auf dem Fensterbrett stand. Olli konnte nämlich auch kitschig sein, wenn er wollte. Er sagte, wenn er die Rose sah fühlte er sich nicht allein und als ob Jan bei ihm in Berlin wäre. Dieser hatte die Rose allerdings nicht allein gemacht sondern hatte dabei tatkräftige Unterstützung von Ollis Tochter, die voll auf dem Origami-Trip war und außerdem voll auf übertrieben romantische Gesten stand, bekommen.

Zum dritten Hochzeitstag, der ledernen Hochzeit, hatte Olli ein Lederarmband bekommen, in das das Datum ihrer Hochzeit geschrieben war. Zum fünften Hochzeitstag, der hölzernen Hochzeit, folgte dann ein Türschild für ihre Berliner Wohnung mit ihren Nachnamen und dieses Jahr wäre eigentlich etwas süßes dran gewesen, da es die zuckerne Hochzeit war, welche für die süßen Seite der Ehe stand.
Gott! Jan war so kitschig geworden. Aber Olli mochte es und Jan tat alles um Olli glücklich zu machen.
Das Problem war nur, dass Jan noch kein Geschenk besorgt hatte. Er hatte an etwas wie Zuckerwatte oder ein Lebkuchenherz gedacht, aber es war gerade kein Stadtfest oder Rummel in Köln, er wollte schnell nach Hause zu seinem Mann und es regnete in Strömen. Zuckerwatte fiel also sowieso wortwörtlich ins Wasser.

Er beschloss, dass es jetzt echt keinen Sinn mehr hatte und rannte zu seinem Auto um wenigstens nicht noch zu spät zu kommen.

~*~

Als Jan die Wohnungstür aufschloss kam Juri schwanzwedelnd auf ihn zu und sprang an ihm hoch. Jan hätte das bei keinem anderen Hund ertragen, da diese Tiere für ihn echt angsteinflößend waren, aber diesem Hund vertraute er. Er kraulte ihm das weiche Fell zwischen den Ohren.
„Na mein großer."
„Meinst du mich?" Jan erschrak und Juri stellte sich wieder auf alle vier Pfoten. Olli hatte sich lässig in den Türrahmen gelehnt und lächelte. Er trug ein dunkelblaues Hemd und sah wirklich verboten gut aus.
„So viel größer bist du gar nicht." Jan war zuerst versucht Olli die Zunge herausstrecken, aber dann besann er sich auf die Romantik des heutigen Tages und überbrückte die restlichen Meter zwischen ihnen, um seinen Ehemann endlich zu küssen.
„Hallo", sagte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern als sie sich voneinander lösten.
„Hallo" Olli lächelte. „Bist du sehr nass geworden? Du kannst dich vor dem Essen gerne noch duschen, wenn du möchtest."
„Nein, alles gut. ... Ich hab'dich vermisst."
„Ich dich auch." Wieder zog Olli ihn an sich und legte seine Hände sacht auf Jans Taille. „Kommst du? Das Essen ist fertig."
„Olli warte." Jan machte sich los und schaute leicht betreten zur Seite.
„Was ist denn los? Ist was passiert?"
„Nein. ... Naja eigentlich schon. Erinnerst du dich noch an dein Geschenk vom letzten Jahr?"
„Ja klar erinnere ich mich dran. Ich sehe es jeden Tag, wenn ich nach Hause komme. Naja also nach Berlin. Zu Hause ist gerade hier. Was ist damit?"
„Damit ist nichts, es ist nur... Es tut mir leid. Dieses Jahr ist die Zuckerhochzeit und ich wollte dir irgendetwas total kitschiges mit möglichst viel Zucker kaufen. Eine Zuckerwatte oder ein Lebkuchenherz oder so, aber es ist kein Rummel in der Stadt und Zuckerwatte kann man nicht einpacken und dann hat es auch noch geregnet."
Olli begann leicht zu lachen. „Jannilein, das ist doch nicht schlimm. Allein der Zustand, dass du hier stehst und deswegen so niedlich niedergeschlagen bist und denkst dir müsse irgendetwas leidtun ist doch schon süß genug."
„Wirklich?" Jan sah auf und schaute immer noch wie ein getretener Hund.
„Ja wirklich. Du bist süßer als jede Zuckerwatte und jetzt komm, das Essen wird sonst kalt." Jan wurde etwas rot, aber schmiegte sich noch einmal kurz an seinen Mann, bevor sie in Richtung Esszimmer gingen.

Das Abendessen wurde tatsächlich doch noch ziemlich süß, da Ollis Tochter zusammen mit seiner Oma einen Schokoladenkuchen für sie gebacken hatte, der nur so von Zucker strotzte.

~*~

„Jan?"
„Hmmm."
„Du musst mir nichts schenken. Mit dir verheiratet zu sein ist das schönste Geschenk."
„Ach Olli. Wir müssen dringend aufhören so kitschig zu sein."
„Du magst das doch Böhmermann."
„Ja, das tue ich wohl.", seufzte Jan und kuschelte sich in der Dunkelheit der Nacht noch näher an seinen nackten Ehemann der eine wunderbare Körperwärme ausstrahlte. Ollis Lippen streiften leicht seine Stirn und dann fielen ihnen endgültig die Augen zu.

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⏰ Last updated: Mar 05 ⏰

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Spotifys ZuckermäuseWhere stories live. Discover now