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Die Straßen von Schattenhain waren wie ausgestorben, als Leo und ich kurz vor Mitternacht das gemütliche „Schatten Grill" verließen. Die letzten Halloween-Feierlichkeiten neigten sich ihrem Ende zu und die meisten Bewohner hatten sich bereits in ihre warmen Häuser zurückgezogen. Der frostige Wind strich durch die leeren Gassen und das sanfte Knistern verwelkter Blätter begleitete uns auf dem Weg zu unseren Fahrrädern.

Unsere Atemwolken bildeten kleine Nebelschwaden in der klaren Nachtluft, während der Vollmond immer noch majestätisch über Schattenhain thronte.

Unsere Fahrräder hatten wir an einem Laternenpfahl angekettet, der nun bizarre Schatten auf den Asphalt warf.

Die Kälte kroch uns durch die Kleidung und die Stille wurde nur durch das leise Heulen des Windes durchbrochen. Es war, als ob die Geister der Halloween-Nacht ihre letzten Spuren in den verwaisten Straßen von Schattenhain hinterlassen hatten.

Genau in dem Moment, als wir unsere Fahrräder erreichten, begannen die St. Barbara Kirchenglocken zu läuten und hallten durch die leeren Straßen und verliehen der Halloween-Nacht einen letzten feierlichen, fast mystischen Abschluss.

Leo schaute mich an und fragte: »Soll ich dich noch ein Stück nach Hause begleiten?«

Ich lächelte und lehnte dankend ab, darauf hinweisend, dass es für ihn doch ein totaler Umweg wäre.

»Ich bin schließlich ein großer Junge«, zwinkerte ich ihm zu, während wir unsere Fahrräderschlösser öffneten.

»Was soll schon passieren? Wir leben hier in Schattenhain, der wahrscheinlich langweiligsten Stadt ganz Frankens«, sagte ich scherzhaft und winkte ab.

Schattenhain war ein verschlafenes Städtchen, das am Arkanasee lag und von einem dickten Wald umgeben war, der abends seine mystische und dennoch unheimliche Aura entfaltete. Hier passierte selten etwas Spannendes, und wenn doch, waren es meist Ereignisse wie der Ausbruch einer Kuh, die dann wie eine Schwerverbrecherin gesucht wurde.

Die letzte große Aufregung in Schattenhain war der tragische Unfalltod meiner Eltern im Sommer. Die Erinnerung daran lag wie ein Schatten über unserem Städtchen.

»Ich schreib dir, wenn ich daheim bin«, versicherte ich Leo. Wir schoben unsere Fahrräder ein Stück die Straße entlang, bevor wir aufstiegen und in entgegengesetzte Richtung davon radelten. Die Dunkelheit umhüllte mich, während ich in die Stille der Nacht eintauchte.

Die Temperaturen fiel und ein schneidender Wind peitschte mir ins Gesicht, als ich mein Fahrrad kurz vor einer menschenleeren Straßenkreuzung zum Stillstand brachte. Über mir türmten sich düstere Wolken am Himmel und der kalte Hauch des Winds wirbelte die herbstlichen Blätter wild durch die Luft. Ein tiefes Einatmen verschaffte mir kurzzeitig Linderung, doch als ich über meine Schulter blickte, nagte ein unerklärliches Unbehagen an meinen Nerven.

Ein diffuses Gefühl des Beobachtetwerdens zehrte an mir, als wäre ein unsichtbarer Blick von hinten auf mich gerichtet. Trotzdem bot die verwaiste Straße keinerlei Hinweise auf menschliche Anwesenheit. Ich versuchte die Unruhe in meinem Inneren zu ignorieren, indem ich mir einredete, dass meine Erschöpfung mir lediglich Streiche spielte. Mit einem Kopfschütteln versuchte ich, die düsteren Gedanken zu vertreiben und drückte fest auf die Pedale, um der drohenden Wolkenwand und einem möglichen Regen zuvorzukommen.

Der Weg führte mich durch eine spärlich beleuchtete Straße entlang der Schwabenau, die am Rande der Stadt lag. Hier war die Zivilisation dünn gesät und auf der gegenüberliegenden Seite erstreckte sich der undurchdringlicher Wald. Die meisten Menschen würden sich kaum vorstellen können, allein in der Dunkelheit hier entlangzugehen. Doch ich wählte diesen Weg als Abkürzung, auch wenn der dichte Wald und die undurchdringliche Dunkelheit das Unbehagen in mir zu verstärken schien.

Die Magnus Chroniken - Dämonisches ErwachenTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang