18. Zeitbombe

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Ich kann die ganze Nacht nicht schlafen. Irgendwie habe ich erwartet, dass mich ein Treffen mit Chris als Lilly in die Realität zurückbefördert. Das hat auch funktioniert. Immerhin konnte ich so mit eigenen Augen sehen, wie sehr ich Chris verletzt habe.

Ich sitze allein in meinem Zimmer und starre auf mein Handy. Die unbeantwortete Nachricht von Chris leuchtet hell auf dem Display auf.

Ich habe erst am Nachmittag Unterricht, weshalb ich noch im Bett liege, allerdings weiß ich noch nicht, ob ich überhaupt gehen werde. Meine Schuldgefühle schlagen mir auf den Magen.

Ich habe ihn zwar nie verletzten wollen, doch habe ich dennoch in Kauf genommen. Jetzt bereue ich es. Ich frage mich, wie ich so dumm sein konnte, zu denken, dass das eine gute Idee war.

Zudem bin ich verwirrt über meine Gefühle. Selbst als Lilly habe ich mich so wohl in seiner Nähe gefühlt. Nicht die Perücke sorgt für Alisons Selbstbewusstsein, sondern Chris. Selbst die schüchterne Lilly fühlt sich in seiner Anwesenheit sicher und kann aus sich herauskommen.

Es ist unglaublich, was er in mir auslöst und wie er mir unwissentlich klar macht, dass ich sehr wohl frech, laut und selbstbewusst sein kann. Und wie danke ich es ihm? Indem ich ihm das Herz breche...

Nein, so geht das nicht. Ich muss ihn wenigstens dabei helfen, Alison zu vergessen. Im Moment ist er ein Haufen Elend, weil er nicht weiß, was in Alison gefahren ist. Er gibt sich die Schuld und sucht nach einer Erklärung. Ich bin die Einzige, die ihm diese geben kann.

Schnell überfliegen meine Augen unseren Chat, bevor ich ihn blockiert habe.

Ich: Hey Chris, ich bin wirklich froh dich kennengelernt zu haben, aber ich kann mich nicht mehr mit dir treffen. Ich hoffe du nimmt mir das nicht übel, aber ich kann das nicht mehr. Mach's gut. Ich wünsch dir nur das Beste.

Chris: Alison, ich versteh das nicht... Können wir das bitte persönlich besprechen?

Zögernd, aber überzeugt, das Richtige zu tun, entblocke ich ihn. Ich versuche, meinen Kopf freizumachen und locker zu bleiben, doch verkrampfen meine Finger bereits nach ein paar Worten.

Ich: Sorry, dass ich dich warten gelassen habe. Es ist nur so, dass ich einfach noch nicht bereit bin, einen anderen Menschen in mein Leben zu lassen. Ich muss zuerst rausfinden, wer ich wirklich bin, bevor wir weiter gehen können. Bitte akzeptiere meine Entscheidung. Es ist für uns beide besser so.

Ich schicke die Nachricht ab, ohne sie erneut durchzulesen. Hoffentlich hat sich die Sache damit erledigt. Chris ist einige Sekunden später online und tippt bereits. Keine Minute später bekomme ich seine Antwort.

Chris: Es tut mir leid. Ich habe nicht gewusst, dass dir das alles zu schnell geht. Ich hab dich wirklich gern. Können wir uns treffen und darüber reden? Natürlich kannst du bei deiner Entscheidung bleiben, aber ich will dich wenigstens noch ein letztes Mal sehen.

Meine Augen beginnen sich mit Tränen zu füllen, als ich Chris' Nachricht lese. Er muss sich für nichts entschuldigen. Immerhin trage ich die volle Schuld für alles, was in den letzten Wochen passiert ist.

Okay, es gefällt mir nicht, aber es muss sein. Zeit die Zähne zusammen zu beißen und Chris als Alison gegenüberzutreten.

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Bloß nicht durchdrehen, Lilly! Die Perücke sitzt. Du sagst ihm einfach, dass aus euch nichts werden kann. Kleinigkeit.

Ich gehe zu den Tribünen, wo Chris und ich ausgemacht haben, uns am Nachmittag zu treffen.

»Hey«, sagt er und ich antworte knapp. Ich sehe an seiner Körperhaltung, dass er mich gerne zur Begrüßung umarmen würde, aber zum Glück lässt er davon ab.

Me, my Lover and I ✔️Where stories live. Discover now