a cold night with a sweet surprise

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Heiligabend 1879

Fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Körper, während sie stur weiter durch die Straßen lief. Es mag dumm von ihr gewesen zu sein, mitten im Wintern ohne Jacke aus dem Haus zu rennen. Aber sie hatte es im Anwesen einfach nicht mehr ausgehalten. Dieser verdammte Moran brachte sie einfach immer wieder zur Weißglut und dieses Mal war es einfach zu viel gewesen.

Sie wünschte, Albert hätte sich mehr dafür eingesetzt, dass sie in London blieb. Dort war sie viel lieber als in Durham. In London fühlte sie sich wohler, dort verschwamm sie im Meer der Menschen und niemand schenkte ihr groß Beachtung. In Durham war das anders. Die Nähe zur Universität führte dazu, dass sie andauernd Studenten begegnete. Allesamt junge Männer, die sich für etwas Besseres hielten, nur weil sie reich geboren worden waren. Junge Männer, die bedauerlicherweise in ihrem Alter waren. Junge Männer, die wussten, dass sie im Anwesen der Moriartys lebte, vorgeblich als Cousine der drei Brüder und somit aus gutem Hause stammte. William hatte mit ihrem erlogenen Verwandtschaftsverhältnis dafür gesorgt, dass niemand Fragen stellte, warum eine alleinstehende junge Frau in einem Anwesen voller Männer hauste. Doch gleichzeitig hatte er damit dafür gesorgt, dass sie sich wie eine junge Dame aus der Oberklasse benehmen musste. Etwas, was ihr absolut zuwider war.

Auch in London lebte sie als Cousine getarnt auf dem anderen Anwesen der Moriartys. Doch Albert ließ es ihr durchgehen, wenn sie, als einfache Bürgerin verkleidet, durch die Straßen von London schlich. Er ließ es ihr durchgehen, wenn sie nachts im Untergrundnetzwerk von London Kontakte knüpfte. Kontakte, die für die Pläne der Moriarty-Familie durchaus nützlich waren.
Er ließ es ihr durchgehen, dass sie nicht die Adelstochter spielte, wenn sie nicht zwingend musste.
Außerdem konnte sie in London Moran auf Abstand halten und musste sich nicht mit ihren verwirrenden Gefühlen ihm gegenüber auseinandersetzen.

Doch blöderweise hatte sie bei ihrem letzten Auftrag für William nicht richtig aufgepasst. Es war ihr nur ein kleiner, wirklich minimaler Fehler unterlaufen, der aber für William groß genug war, sie mit nach Durham zu nehmen und fortan nicht an seinen Plänen zu beteiligen. Seitdem hockte sie in dem großen Herrenhaus, gemeinsam mit Moran, der, im Gegensatz zu den anderen, seit ihrer Ankunft nicht ein einziges Mal nach London gefahren war. Sie fühlte sich wie eine Gefangene, gefangen in einer Rolle, die sie hasste, gefangen mit dem Mann, der sie immer wieder so wütend machte und verletzte.

Bibbernd ließ sie sich an einer der Hauswände hinabgleiten. Ihre Füße hatten sie in eine abgelegene Nebenstraße getragen. Fernab von sämtlichen Pubs und Lokalen, wo sich vielleicht noch Menschen herumtreiben könnten, sollte zu so später Stunde und bei der eisigen Kälte überhaupt noch jemand draußen sein. Eine Laterne an einer Straßenecke spendete etwas Licht, doch war der Lichtkegel weit genug entfernt, dass sie sich in der völligen Dunkelheit verbergen konnte.

Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, die nicht aufhörten zu fließen. Lächerlich. Sie hatte ewig nicht geweint. Genau genommen hatte sie, seit sie sich den Moriarty Brüdern angeschlossen hatte, exakt einmal geweint. Und sie würde niemals den herabwürdigenden Blick von William vergessen, mit dem er sie bedacht hatte. Denn wenn es etwas gab, das dieser nicht ausstehen konnte, dann waren es Tränen und Rumgeheule. Es war in den ersten Wochen gewesen, nachdem William sie als Zwölfjährige auf der Straße fand. Danach hatte sie sich verändert und nie wieder Tränen gezeigt.

Bis jetzt... dachte sie wehmütig und rieb sich die kalten Oberarme. Acht Jahre habe ich durchgehalten...
Bis dieser dumme Moran es schaffte, sie völlig aus der Reserve zu locken und so zu verletzen, dass sie nicht anders konnte. Deswegen war sie auch weggelaufen, hinaus in die kalte Nacht. Sie hatte gewusst, sie würde die Tränen dieses Mal nicht aufhalten können, doch ihr Stolz hätte es nicht zugelassen, vor allen anderen die Fassung zu verlieren. Wieder auf dem Anwesen musste sie sich die Blöße nicht geben. Sie würde einfach erzählen, dass sie so wütend gewesen war, dass sie es mit Moran nicht länger im Haus ausgehalten hatte. Bond würde es verstehen und Fred hielt sich ohnehin aus solchen Dingen raus. Dass sie geweint hatte, müsste nie jemand erfahren. Vor allem nicht William.

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⏰ Last updated: Dec 17, 2023 ⏰

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